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MOBILE

Wie Advertiser Aufmerksamkeit und Markenerinnerung auf Mobile schaffen

Anton Priebe, 23. März 2022
Bild: Raychan – Unsplash

Smartphones und Tablets sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ergo spielen Mobilgeräte auch in der Werbung eine zentrale Rolle als Kontaktpunkt. Doch der Platz auf den kleinen Bildschirmen ist begrenzt und die Werbeflächen sind entsprechend klein. Für Brandingkampagnen sind das keine einfachen Voraussetzungen. Wie verschaffen sich Advertiser also mobil möglichst viel Aufmerksamkeit und bleiben mit ihrer Marke in Erinnerung? ADZINE hat nachgefragt.

Die Bedeutung von Mobile für Branding

Bild: Masterplan Media Stephan Schöneberg, Masterplan

“Grundsätzlich bietet Mobile eines der stärksten Reichweitenpotenziale im gattungsübergreifenden Mediamix, insofern ist die Auseinandersetzung mit Mobile in so gut wie jeder Kampagne eine Pflicht”, sagt Stephan Schöneberg, Director Activation Planning bei der Mediaagentur Masterplan. Die Aufmerksamkeitsspannen im mobilen Umfeld sind allerdings kurz, “Branding-Kampagnen für Mobile stellen insofern hohe Anforderungen: a) an die Media, die Platzierungen und Formate identifizieren muss, welche Aufmerksamkeit und Verweildauer gewährleisten, und b) an die Kreation, die den Nutzer vom ersten Augenblick an in ihren Bann ziehen muss”, meint Schöneberg. Mobile eigne sich daher vor allem als komplementäre Maßnahme zu Branding-Kampagnen auf dem Big Screen als Kontaktverdichter und Reminder. “Erstens ist für diese Funktion weniger Verweildauer notwendig und zweitens stärkt der Multi-Device-Kontakt nachweislich die Werbeerinnerung”, so Schöneberg.

Auch Agenturkollege Johannes Trüdinger, Unit Director Digital Media Consulting der Mediaplus Group, betont die enorme Bedeutung von Mobile bei der Etablierung von Marken in den Köpfen der Verbraucher. “Die Customer Journey der User streckt sich über sämtliche digitalen Kanäle – und Mobile ist so etwas wie der Knotenpunkt unserer User. Denn egal, ob mit Instagram, Tiktok, Twitch oder News-Seiten zuhause auf der Couch, unterwegs mit Podcast beim Spazierengehen oder einer schnellen Recherche auf Google – der Griff zum Smartphone ist integraler Bestandteil unseres Alltags.” Die Entscheidung, wie mobile Werbung in die Customer Journey eingebunden werden soll, hänge aber stark von den jeweiligen Zielen und den Zielgruppen ab. Heute ist sogar “Mobile Only” denkbar, denn manche Personen sind inzwischen ausschließlich über Mobilgeräte zu erreichen.

Aufmerksamkeit als Währung

Bild: Ogury Charlotte Diemer, Ogury

Damit Werbeanzeigen ihrem Auftrag des Brandings gerecht werden können, müssen sie vor allem die Aufmerksamkeit des Betrachters für sich gewinnen. “Aufmerksamkeit ist die Voraussetzung für jede sinnvolle Wirkung. Wenn Menschen einer Werbung keine Aufmerksamkeit widmen, erinnern sie sich auch nicht an die Marke”, erklärt Charlotte Diemer, Global Head of Insights bei Ogury. Das Adtech-Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit Lumen Research eine Eye-Tracking-Studie veröffentlicht, welche den Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeit und Markenerinnerung verdeutlicht. Sie beweist, dass die Wahrscheinlichkeit für höhere Werbeerinnerung inkrementell mit der Betrachtungsdauer der Anzeigen ansteigt.

Ogury unterstreicht dabei die Rolle der Werbeformate, also der “Hüllen” der Kreationen. “Creatives sind zweifellos wichtig, aber sie müssen erst einmal eine Chance haben, gesehen zu werden”, meint Diemer. “Damit eine Anzeige Aufmerksamkeit erregt, muss sie in einem Format gezeigt werden, das sichtbar auf dem Bildschirm abgespielt wird und das User Engagement fördert.”

Mediaplaner Stephan Schöneberg verfolgt je nach Format verschiedene Ansätze, damit Werbeanzeigen im Gedächtnis bleiben. “Hier sollten wir zwischen statischen oder leicht animierten, interaktiven und Video-Formaten unterscheiden. In der ersten Kategorie gelten aus unserer Sicht gleich zwei Plattitüden: ‘size matters’ und ‘less is more’”. Denn über kleine Anzeigenformate wird seiner Erfahrung nach schnell hinweggescrollt und außerdem sollten die Marketer die kurze Aufmerksamkeitsspanne auf Mobile berücksichtigen, in der die Kernbotschaften vermittelt werden muss. Eine Reduktion auf das Wesentliche sei also essenziell. “Interaktive Formate, die sich die Funktionalitäten wie Standortdaten, Neigung oder ähnliches des Handys zunutze machen, können durch ihren ‘Entdeckungscharakter’ ebenfalls zu einer hohen Werbeerinnerung beitragen.” Bei Bewegtbild komme es insbesondere darauf an, schon die ersten Augenblicke der Ad zu nutzen, “um den Swipe-Daumen aufzuhalten”.

Zwei Sekunden Aufmerksamkeit reichen nicht aus

Der Mobile-Spezialist Ogury designt seine Formate, um möglichst hohe Aufmerksamkeit zu erreichen und konnte anhand der Studienergebnisse mit Lumen veranschaulichen, warum das nötig ist. “Die Mehrheit der Outstream- und Mobile-Display-Formate wird weniger als zwei Sekunden lang betrachtet. Die Studie zeigt jedoch, dass sich 60 Prozent der Nutzer bei einer Aufmerksamkeit von weniger als zwei Sekunden nicht an die Marke erinnern können!”, so Charlotte Diemer. “Das heißt, wenn wir die Markenerinnerung optimieren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen eine Anzeige länger betrachten.”

Für dieselben Creatives konnten die speziell designten Video-Formate im Experiment deutlich mehr Aufmerksamkeit pro 1.000 Impressionen erzeugen. Im Schnitt kommen sie auf knapp fünf Sekunden Betrachtungszeit, teilweise sogar auf zehn. Mobile Outstream-Werbung wurden damit um das 2,5-Fache und Mobile-Display sogar um das 5-Fache übertroffen. Diemer möchte mit der Studie jedoch nicht unbedingt nur den Erfolg der eigenen Formate beweisen. “Die eigentliche Frage lautet: ‘Sind sich die Marken der schlechten Leistung vieler mobiler Outstream- und mobiler Display-Formate bewusst? Wissen sie immer, wofür sie gerade bezahlen?’ Wir glauben leider, dass die Antwort nein lautet”, ist die Mobile-Expertin überzeugt.

Fully On-Screen Rate für Optimierung auf Aufmerksamkeit

Eine Kennzahl, die Mediaeinkäufer insbesondere im Rahmen von Brandingkampagnen im Auge behalten, ist die Viewability. Die Definition vom Media Rating Council in Zusammenarbeit mit dem Interactive Advertising Bureau besagt, dass 50 Prozent der Pixel einer Ad eine Sekunde lang auf dem Bildschirm zu sehen sein müssen. In Bezug auf Videowerbung wird die Spanne auf zwei Sekunden ausgeweitet.

Ogury pocht hingegen auf die “Fully On-Screen Rate”. Sie misst, ob 100 Prozent der Werbepixel vollständig auf dem Bildschirm zu sehen sind. Dabei empfiehlt das Adtech-Unternehmen, Videoanzeigen erst dann als sichtbar zu bewerten, wenn mindestens die Hälfte der Abspieldauer verstrichen ist. Diese Einstellung sollte über die gängigen Third-Party-Messdienstleister wie beispielsweise Doubleverify, Integral Ad Science oder Moat flächendeckend vorzunehmen sein.

“Wir sind der Meinung, dass Marken mehr von Media verlangen sollten”, propagiert Charlotte Diemer. “Viewability war ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber in Zukunft wird das nicht mehr ausreichen – Aufmerksamkeit wird ein immer wichtigeres Thema. Da sich der Markt noch nicht auf eine Methode zur Messung der Aufmerksamkeit geeinigt hat, sind wir der Meinung, dass die Fully On-Screen Rate ein besserer KPI zur Optimierung ist, um die Aufmerksamkeit zu steigern, als die Viewability allein.”

Probieren geht über Studieren

Bild: Mediaplus Johannes Trüdinger, Mediaplus

Unabhängig von den Formaten gibt Johannes Trüdinger von Mediaplus Advertisern noch einen weiteren Tipp an die Hand: “Das Wichtigste bei der Gestaltung der Mobile Ads ist die kanalgerechte Adaption. Dass eine klassische One-to-many-Kommunikation schon lange nicht mehr funktioniert, dürfte den meisten bekannt sein. Aber gerade im Mobile-Sektor sollte aufgrund der Vielfalt an Möglichkeiten zwingend darauf geachtet werden, dass die ‘Spielregeln’ des jeweiligen Kanals eingehalten werden.” Je nach Umfeld und Zielsetzung der mobilen Anzeige funktionieren demnach manchmal schrille, laute Ads mit Bewegtbild besser, bei anderen sind statische Ads erfolgreicher, bei wieder anderen spielen gewisse Soundmerkmale oder Songs eine starke Rolle. “Wer Mut hat, viel zu testen, wird hier langfristig den für sich besten Weg finden”, ist sich Trüdinger sicher.

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