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DISPLAY ADVERTISING

Digitale Werbeunterbrechung

Jens von Rauchhaupt, 17. Dezember 2009

Der Axel Springer Verlag hat also den Anfang gemacht und die ersten umfassenden Gehversuche im Bereich Paid Content gestartet. Dazu verzichtet man vorerst auf Werbeerlöse in den kostenpflichtigen Bereichen des Hamburger Abendblatts und der Berliner Morgenpost. Premiuminhalte glänzen bekanntlich mit längeren Sessionzeiten, in denen die Besucher in den Content eintauchen. Wäre es also nicht eher an der Zeit gewesen, zunächst einmal an Unterbrecherwerbung zu denken als die Werbung zu unterbrechen?

Der Countdown wird durch Mouse Over ausgelöst

Achtung: Jetzt kommt eine Werbung
Technik, die begeistert: Vorangegangene Woche präsentierte Tomorrow Focus Sales ein neues Werbeformat namens Countdown AD. Dabei handelt es sich um ein Rectangle-Standardwerbemittel, das nach einem 3-sekündigen Countdown mithilfe eines Mouseover-Effekts einen HD Video Stream auslöst, der sich großflächig über den Content des Werbeträgers legt. Eine unbeabsichtigte Werbemittel-Aktivierung, die viele User als störend empfinden, soll damit ausgeschlossen sein. Kommt der Besucher zufällig mit der Mouse auf das Video, kann er während des eingeblendeten Countdowns und auch später die Werbung jederzeit verlassen. Bandbreiten-Checks ermöglichen zusätzlich die Schaltung unterschiedlicher Versionen, um die optimale Auflösung und Länge des Videos auch bei geringen Bandbreiten zu gewährleisten.

Christian Altemeier, Flashtalking

Wie TV, nur eben besser

Verantwortlich für diesen „Werbeunterbrecher mit Ansage“ ist der britische Rich-Media-Spezialist Flashtalking, der unlängst in Köln seine deutsche Niederlassung eröffnet hat.
Christian Altemeier, Director Business Development bei Flashtalking, verspricht sich zukünftig viel von der großflächigen Bildschirmwerbung mit Aufforderung zur Interaktion. „Ich glaube, dass gerade hier ein großes Potenzial und zugleich eine Chance für das kommende Jahr bestehen. Im aktuellen Jahr lag der Fokus aufgrund der wirtschaftlichen Krise sicherlich vielfach auf performanceorientierten Themen. Zudem gehen viele Kunden nach wie vor davon aus, dass großflächige Bewegtbildwerbung mit hohen technischen Zusatzkosten und erheblichem technischem Aufwand verbunden sind – dies ist de facto aber nicht der Fall. Gerade vor dem Hintergrund der kontinuierlich wachsenden Bedeutung des Webs– vor allem im Vergleich zum TV – wird sich in diesem Bereich im kommenden Jahr viel tun: Die Kombination aus großflächigen Bewegtbildformaten, der Interaktivität mit der Zielgruppe im Werbemittel sowie die Nutzung moderner Targeting- und Adserver-Technologien werden ein großes Thema im kommenden Jahr sein.“

Mario Senftleben, Eyeblaster

Technische Ausreden für solche großflächigen Werbeunterbrecher gibt es auf Vermarkterseite jedenfalls keine, wie uns Mario Senftleben, Head of Account Management des Rich-Media-Spezialisten Eyeblaster, bestätigt. „Die Bandbreite ist mittlerweile kaum mehr eine Hürde, denn Adserver können selektiv nach Bandbreite Werbemittel ausliefern. Eine der größten Hürden ist sicherlich, dass Vermarkter bislang die vielfältigen Möglichkeiten der Entire Displays noch nicht erkannt haben. Viele Vermarkter bieten eben immer noch Standardformate an.“

Kommt es eigentlich auf die Größe an?

Auffällig großflächig sind in letzter Zeit Bewegtbildkampagnen, die sich wie ein Layer Ad über den Inhalt legen. Darin sieht Altemeier die Zukunft der Werbemittel „Das Potenzial von großflächigen Bewegtbildanzeigen – speziell im Hinblick auf die crossmediale Verlängerung von TV-Kampagnen im Web – ist bislang noch völlig unterschätzt und unterrepräsentiert. Oft stelle ich fest, dass nach wie vor davon ausgegangen wird, dass die Schaltung großflächiger Videospots mit erheblichen Kosten und technischem Zusatzaufwand verbunden ist – das Gegenteil ist dabei der Fall. Durch die Nutzung entsprechender Technologien, wie der von Flashtalking, ist diese Art der Werbung in erstklassiger Qualität problemlos umsetzbar, und zwar ohne dass die Mediabudgets dadurch überbeansprucht werden. Großflächige Bewegtbildspots, die sich beispielsweise immer optimal an die Browsergröße des Users anpassen, eignen sich ideal für ein einzigartiges Branding-Erlebnis im Web.“

Für Senftleben von Eyeblaster bleibt die Kreation wichtiger als die Größe des Werbemittels: „Ob die Pixelgröße tatsächlich für den Erfolg einer Kampagne entscheidend ist, hängt maßgeblich mit der kreativen Idee zusammen. In unserer kürzlich erschienen Benchmark-Studie haben wir uns mit dieser Frage beschäftigt und herausgefunden, dass es viel wichtiger ist, welche Formate zum Einsatz kommen, zum Beispiel Rich Media, Video oder interaktive Elemente. Größere Banner rufen nicht unbedingt ein besseres Engagement der User hervor.“

Eine ähnliche Ansicht vertritt Patrick Edlefsen, Country Manager von FOX Networks Deutschland, in Bezug auf Videowerbung: „Technologisch ist der Weg schon geebnet, um auch großflächige Videoformate einzusetzen. Darüber hinaus nimmt natürlich auch die Qualität der Videos zu, zum einen die Auflösung und zum anderen aber auch die Inhalte. Die Fläche, die zur Verfügung steht, sollte man hier aber auch kreativ nutzen, somit nicht einfach nur ein bildschirmfüllendes Video einsetzen. Das Video-Ad entfaltet sein Potenzial erst, wenn es von starken Marken-kommunikationsmaßnahmen und kreativen Interaktionsmöglichkeiten begleitet wird.“

Patrick Edlefsen, FOX Networks

Pop-under-Werbemittel eine Alternative?

FOX Networks ist ein Tochterunternehmen von Murdochs News Corporation und bündelt für Branding- und Performance-Produkte ein umfangreiches Premium-Video-Portfolio und ein Standardwerbeformate-Netzwerk. Dabei arbeitet das Unternehmen auch mit sogenannten Pop-under-Werbemitteln   eine sinnvolle Alternative zur Unterbrecherwerbung? „Die User-Experience sollte bei allen Formaten immer im Vordergrund stehen und diese hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der Zeitpunkt, zu dem Werbung angezeigt wird, ist ein entscheidender Faktor, eine Werbung erfolgreich zu machen oder diese floppen zu lassen. Beispielsweise erlaubt ein Pop-under dem User, im Gegensatz zu allen anderen Produkten, sich zuerst ungestört mit dem Website-Content zu beschäftigen und präsentiert sich erst dann wenn der User schon im „richtigen Mindset“ ist“, sagt Edlefsen, der in den „vermeintlich hohen Kosten der Full-Page Ads“, fehlende Erfahrungswerte in der Werbewirksamkeitsforschung und mangelnde Akzeptanz auf Vermarkterseite als die größten Hindernisse für den Erfolg von Unterbrechungswerbung sieht.

Dumme Unterbrecher – smarte Unterbrechung

Aber wer mag schon unterbrochen werden bei dem, was er da tut, selbst wenn der Konsum damit kostenlos bliebe? Online-Werbeunterbrecher wie die vor dem Inhalt zeitlich platzierten „Prestitials“ oder zwischen den Inhalten geschalteten „Interstitials“ gibt es ja denkbar lange, kommen aber selten zum Einsatz. Oftmals scheitert es nicht an der Performance, sondern auch an der Akzeptanz in den Redaktionen, die bekanntlich im Premiumsegment ein Wörtchen mitzureden haben. „Im Wesentlichen setzen wir diese Werbemöglichkeiten im Rahmen von Homepageevents ein. Da hier Werbung massiv in den Content eingreift, müssen derartige Umsetzungen redaktionell auf unseren Premiumwebangeboten vertretbar sein“, erläutert Paul Mudter, Geschäftsleiter Interactive vom RTL Mediengruppen-Vermarkter IP Deutschland. Diese Vorsicht ist aus Publisher-/Vermarktersicht verständlich, denn: „Die hohe Kunst der Userbindung ist es, dessen Aufmerksamkeit vom Inhalt zur Werbebotschaft zu lenken und dann gute Ergebnisse bei der Verweildauer zu erzielen“, sagt Amit Rahav, Vizepräsident Marketing, Eyeblaster. „Wenn ein Nutzer beim Seitenaufbau auf den gewünschten Inhalt warten muss, lenkt alles, was dazwischenkommt, von seiner Aufmerksamkeit ab, sodass er nur noch den Close Button sucht.“ Und der Klick auf diesen Button bedeutet auch das Ende einer Besuchersession beim Premiumanbieter.

Amit Rahav, Eyeblaster USA

Amis machen es vor

„Unterbrecherwerbeformen sind wie andere Standardformate eher für die einseitige Werbeansprache und nicht für den Dialog bzw. das Engagement mit der Zielgruppe ausgelegt“, meint Rahav, ohne dabei jede Form der Unterbrecherwerbung verdammen zu wollen. „Es gibt sehr wohl einen smarten Weg der Werbeunterbrechung, indem man ein schnell ladendes Unterbrecherwerbebanner einbaut und dies mit einem kleineren Werbebanner auf der darauffolgenden Contentseite verknüpft.“ Genau diese Vorgehensweise ist immer häufiger bei der Onlineausgabe der New York Times zu beobachten. Klickt der User auf eine interessante Headline, wird ihm ein fast bildschirmfüllendes Werbemittel aufgespielt, das innerhalb von etwa 5 Sekunden selbstständig wieder verschwindet. Ein Standard-Rectangle-Werbebanner mit gleichem Motiv soll auf der unmittelbar folgenden Contentseite für die nötige Werbeerinnerung sorgen.

Ab durch die Mitte

Im Bewegtbildbereich könnte sich das Mid-Roll als Unterbrecherwerbeform durchsetzen, meint Paul Mudter. „Der Pre-Roll hat sich bereits als ´Klassiker´ unter den Video-Ads etabliert und macht bei uns derzeit an die 85 Prozent aller Schaltungen aus. Von daher glauben wir, dass sich der Mid-Roll im nächsten Jahr durchsetzen wird. Waren die Werbekunden bis dato eher zurückhaltend bei Unterbrecherwerbung, hat sich inzwischen ein Umdenken bemerkbar gemacht. Dies liegt nicht zuletzt an der vermehrten Marktforschung im Bereich Videowerbung, um Erkenntnisse über Nutzungsmotive, Nutzungsverhalten und Werbewirkung zu bekommen. Jüngst haben wir mit der Agentur Xenion gemeinsam die Wirkung von Mid-Rolls untersucht und festgestellt, dass Mid-Rolls die gleichen Leistungswerte aufweisen wie Pre-Rolls, selbst wenn mehrere Spots in einem Unterbrecher enthalten sind.“

Fazit

Wir wollen Sie nicht mit irgendwelchen Trends langweilen, aber eines ist sicher: 2010 wird im Online-Marketing so oder so, das Jahr der Unterbrechungen.

Über den Autor/die Autorin:

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