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VIDEO - Mario Neumann, Goldbach, im Interview

Ende des CTV-Wachstums noch nicht in Sicht

Jens T. Hake, Analyst, 24. April 2024
Bild: Mostafa Meraji - Unsplash

Der Konsum von Bewegtbild hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und zunehmend ins Digitale verschoben. Connected TVs (CTV) sind mittlerweile in der deutschen Bevölkerung breit vertreten und die Verbraucher:innen verbringen immer mehr Zeit mit dem Streaming von Bewegtbildinhalten. Eine neue Studie der technologieorientierten Vermarkterin Goldbach Germany kann aufzeigen, dass die Deutschen auch mehr Werbung im CTV-Umfeld wahrnehmen. ADZINE nahm dies zum Anlass, um mit Mario Neumann von Goldbach über die Ergebnisse der Untersuchung sowie aktuelle Entwicklungen im CTV-Bereich zu sprechen.

Bild: Goldbach Germany Mario Neumann, Goldbach Germany

ADZINE: Hallo Mario! Ihr habt die “Advanced TV-Studie” bereits zum siebten Mal erhoben. Wie hat sich die Bewegtbildnutzung generell in den vergangenen sieben Jahren entwickelt? Was konnten wir bei der CTV-Nutzung in den letzten Jahren beobachten?

Mario Neumann: Die zunehmende Verbreitung von internetfähigen Fernsehgeräten hat zu einem boomenden Markt für On-Demand-Plattformen und Streaming-Diensten geführt. Immer mehr Menschen bevorzugen es, Inhalte digital nach Bedarf anzusehen, anstatt sich an feste Sendezeiten zu halten. Dieser Trend spiegelt sich in einem rasanten Anstieg der Bekanntheit (72 Prozent) und der Nutzung (56 Prozent) von Connected TV im DACH-Raum wider. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit dem Anstieg werbefinanzierter Inhalte und der Werbeausgaben auf CTV-Plattformen, da Werbetreibende das Potenzial von CTV als effektive Werbeplattform erkennen und zunehmend in Werbung auf diesen Kanälen investieren.

ADZINE: Welche Anforderungen werden dabei heute an Bewegtbild-Werbung im Großformat gestellt?

Neumann: Die zentrale Anforderung ist die zielgerichtete Ausrichtung der Werbung. Diese wird verstärkt durch die Nutzung von Daten ermöglicht: Daten können im CTV auf Geräte- oder Haushaltsebene gesammelt werden, sowie basierend auf dem Verhalten der Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Messbarkeit und Attribution von Werbung im CTV ähnelt somit der Online-Systematik, was es den Werbetreibenden ermöglicht, den Erfolg ihrer Kampagnen genau zu analysieren und zu bewerten. Dazu spielt die Qualität der Werbeinhalte eine entscheidende Rolle.

ADZINE: Eure neuesten Studienergebnisse zeigen, dass die Verbraucher:innen hierzulande Werbung im CTV-Umfeld immer stärker wahrnehmen. Liegt das daran, dass einfach mehr Werbung geschaltet wird oder was hat sich verändert?

Neumann: Die verstärkte Wahrnehmung von Werbung im CTV-Umfeld ist nicht darauf zurückzuführen, dass einfach mehr Werbung geschaltet wird. Tatsächlich zeigen unsere Studienergebnisse, dass 51 Prozent der CTV-Nutzer:innen Werbung in den Zusatzfunktionen ihrer Connected TVs bemerken. Der Hauptgrund dafür liegt in den verbesserten Targeting-Optionen, die es ermöglichen, Werbung persönlicher und relevanter zu gestalten. Zudem werden die Werbemittel kreativer und dynamischer gestaltet, was dazu einlädt, tiefer in die Inhalte einzutauchen oder Kampagnenseiten zu besuchen. Innovative Werbeformen wie CTV Ads, die Zuschauer:innen erreichen, bevor sie Apps öffnen oder ein TV-Programm starten, spielen dabei eine wesentliche Rolle. Außerdem sind Werbeblöcke im CTV kürzer als im traditionellen Fernsehen, was zu einer erhöhten Aufmerksamkeit führt. Da sich die Zuschauenden im CTV häufig in einem thematisch spezifischeren, also 'Special Interest'-Umfeld befinden, ist ihr Involvement beim TV-Konsum generell höher, was ebenfalls zu einer stärkeren Wahrnehmung von Werbung beiträgt.

ADZINE: Die aktuelle wirtschaftliche Krise könnte die Werbelandschaft gerade im Streaming-Bereich stark befeuern. Die Verbraucher:innen sind zunehmend preissensitiv und scheinen auf werbefinanzierte Streaming-Dienste umzusteigen. Wie nehmt ihr die Entwicklung aktuell wahr?

Neumann: Wir beobachten ein verändertes Medienkonsumverhalten, das stark durch wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Lebenshaltungskosten beeinflusst wird. Insbesondere stellen wir eine Zunahme bei der Nutzung werbefinanzierter Inhalte fest, was unsere diesjährige Studie bestätigt: Verbraucher:innen nutzen im Durchschnitt mehr kostenlose Apps (3,0) als kostenpflichtige (2,5). Zudem zeigt die Studie, dass 56 Prozent der Nutzer:innen von kostenpflichtigen Apps bereit wären, Werbung zu akzeptieren, wenn dadurch die Inhalte günstiger werden. Diese Trends führen zu einem wachsenden Angebot und einer steigenden Nutzung von CTV, was wiederum die Attraktivität dieses Kanals für Werbetreibende erhöht und zu höheren Werbeinvestitionen führt.

ADZINE: Es wird immer davon gesprochen, dass Verbraucher:innen relevante Werbung sehen wollen. Wie kann im CTV-Umfeld dafür gesorgt werden, dass die Verbraucher:innen die Werbung ausgespielt bekommen, die sie auch wirklich sehen wollen?

Neumann: Die Bereitstellung relevanter Werbung im CTV-Umfeld kann effektiv durch die umfassende Nutzung von Targeting-Optionen erreicht werden. Hierbei können Zuschauer:innen auf soziodemografischer, technischer und kontextueller Ebene gezielt angesprochen werden. Die Verwendung von Content-Meta-Daten für kontextuelles Targeting ermöglicht es, Werbespots noch personalisierter und relevanter zu platzieren. Zusätzlich erlaubt das Performance-Tracking im CTV eine präzise Messung und Analyse der Werbekampagneneffektivität. Dabei wird beispielsweise erfasst, ob nach der Ausstrahlung eines Spots über den Second Screen Interaktionen auf der beworbenen Website stattfinden. Weiterhin verstärken Geotargeting und prädiktive Personalisierung, die Vorhersagen über das zukünftige Verhalten der Zuschauer:innen treffen, die Genauigkeit, mit der Werbung zielgerichtet ausgespielt wird.

ADZINE: CTV war lange ein absolutes Trendthema und wird es wahrscheinlich auch noch bleiben. Viele Adtech-Anbieter haben sich dementsprechend darauf spezialisiert. Der Markt ist also hart umkämpft. In welchen Bereichen wird es deiner Meinung nach in naher Zukunft zu Konsolidierungen kommen?

Neumann: In naher Zukunft ist mit Konsolidierungen in mehreren Schlüsselbereichen des CTV-Marktes zu rechnen. Vor allem bei den Content-Anbietern und Streaming-Diensten könnte es zu Fusionen kommen, da der Markt eine Sättigung erreicht und nur die stärksten Akteure sich durchsetzen werden. Auch im Bereich der Adtech-Plattformen, die sich auf datengesteuerte Werbung und Programmatic Advertising spezialisiert haben, sind Konsolidierungen zu erwarten. Diese Entwicklungen werden wahrscheinlich auch Technologie- und Infrastrukturanbieter betreffen, die Fusionen anstreben könnten, um ihre Technologien zu integrieren und umfassendere Lösungen anzubieten. Diese Konsolidierungen zielen darauf ab, Effizienzen zu steigern, Kosten zu senken und kompetitivere, ganzheitliche Angebote im hart umkämpften CTV-Markt zu schaffen.

ADZINE: Lass uns einen Blick in die Zukunft werfen. Welche großen Entwicklungen innerhalb der CTV-Landschaft werden in den nächsten fünf Jahren auf den deutschen Markt zukommen?

Neumann: In den nächsten fünf Jahren wird der deutsche CTV-Markt weiter wachsen, mit einem anhaltenden Zuwachs an Programmangeboten und Streaming-Diensten. Ein zentrales Thema wird die Integration künstlicher Intelligenz sein. KI wird zunehmend genutzt, um die Datenanalyse zu vertiefen und den Zuschauer:innen ein noch relevanteres Content-Erlebnis zu bieten. Insbesondere die Anpassung von CTV-Werbung in Echtzeit, basierend auf den individuellen Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Zuschauenden, wird durch den Einsatz von KI vorangetrieben. Ein besonders interessanter Aspekt ist die prädiktive Personalisierung, die es ermöglicht, auf Basis von Verhaltensmustern zukünftiges Zuschauerverhalten vorherzusagen und Werbeausspielungen effizienter zu gestalten. Diese Technologien werden die Mediaplanung und die Werbeauslieferung revolutionieren. Zudem ist zu erwarten, dass innovative Werbeformate und das Konzept des 'Commerce Media', das die Schnittstelle zwischen Einzelhandel und CTV-Werbung betrifft, an Bedeutung gewinnen werden.

ADZINE: Vielen Dank für das spannende Interview, Mario!

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