
Die Diskussion über Third-Party-Cookies scheint sich dem Ende zu nähern. Nachdem jahrelang über die Abschaltung der Drittanbieter-Cookies in Chrome und deren Folgen für die Werbeindustrie debattiert wurde, bestätigt Google nun: Es bleibt doch alles beim Alten. Denn selbst die zuletzt angekündigte Änderung, Nutzereinwilligungen für die Verwendung von Third-Party-Cookies über eine eigene Abfrage einzuholen, wird verworfen.
Im vergangenen Juli hatte Google zwar bereits signalisiert, dass Third-Party-Cookies im Chrome-Browser weiterhin ein Zuhause haben werden. Aber die Entscheidung über deren Einsatz wollte der Konzern in die Hände der User legen (ADZINE berichtete ausführlich). Dafür sollte eine “informierte Entscheidung” sorgen, hieß es schwammig. Nach diesem Update spekulierte die Werbeindustrie, wie das Verfahren zur Einholung der Nutzereinwilligungen aussehen könnte, um weiterhin cookiebasiert zu tracken. “Für die Adtech-Branche wird entscheidend sein, ob es wie bisher angekündigt bei einem einmaligen Dialog bleibt und ob das Design eher einem Opt-in- als einem Opt-out-Verfahren entspricht”, erklärte Olaf Peters-Kim, Mitgründer der Welect GmbH und Choice-Driven-Advertising-Experte, im Nachgang.
Jetzt schafft Anthony Chavez, VP von Googles Privacy Sandbox, in einem Blogpost Klarheit: “In Anbetracht all dieser Faktoren haben wir beschlossen, unseren derzeitigen Ansatz beizubehalten, Nutzern die Wahl über den Einsatz von Third-Party-Cookies in Chrome zu überlassen, und keinen neuen Standalone-Prompt für Third-Party-Cookies auszurollen. Die User können weiterhin in den Datenschutz- und Sicherheitseinstellungen von Chrome die für sie beste Option wählen.” Es bleibt also bei einem Opt-out-Verfahren in den Browsereinstellungen. Für den Consent zur Datenverarbeitung sind weiterhin Publisher und Advertiser verantwortlich.
Die Privacy Sandbox läuft weiter
Die angesprochenen Faktoren beinhalten das gemischte Feedback vom Werbeökosystem. “Bei unseren Gesprächen mit dem Ökosystem, einschließlich Publishern, Entwicklern, Regulierungsbehörden und Werbetreibenden, wurde deutlich, dass es divergierende Ansichten über Änderungen gibt, die sich auf die Verfügbarkeit von Drittanbieter-Cookies auswirken könnten”, so Chavez. Außerdem habe sich viel verändert, seitdem Google 2019 die Privacy Sandbox ankündigte und 2022 in den Dialog mit der britischen Competition and Markets Authority (CMA) ging. Anthony Chavez führt als Beispiele die Adaption der Privacy-Enhancing Technologies (PET), das Aufkommen von Künstlicher Intelligenz in der Werbung und das Fortschreiten der Regulierung an.
An der Weiterentwicklung der APIs aus der Privacy Sandbox als datenschutzfreundliche Werbealternative hält Google trotzdem fest. Sie könnten allerdings “eine andere Rolle” bei der Unterstützung des Ökosystems spielen als ursprünglich gedacht. Hier sind noch eine Menge Fragen offen. Eine aktualisierte Roadmap für den privaten Sandkasten soll nach Gesprächen mit der Industrie folgen.
Third-Party-Cookies auf dem absteigenden Ast

Besagte Industrie hingegen zeigt sich wenig überrascht ob der Ankündigung, dass das Opt-out-Verfahren in Chrome erhalten bleibt. Die Konsequenz ist mehr oder weniger dieselbe. "Googles neueste Entwicklung ändert nichts am Lauf der Geschichte. Identifier sind bereits bei mehr als der Hälfte des offenen Webs verschwunden – und dieser Anteil wächst weiter, getrieben durch Verbrauchererwartungen im Hinblick auf Datenschutz, regulatorischen Druck und Plattform-Fragmentierung," meint Jan Heumüller, Managing Director Central Europe des Adtech-Unternehmens Ogury. Ein bedeutender Teil der ID-basierten Signale bleibe nun zwar erhalten, doch die eigentliche Herausforderung liege darin, effektiv in beiden Umgebungen – mit und ohne IDs – zu operieren. Das sei die Medienrealität von heute.
Laut Heumüller liegt der Schlüssel darin, Plattformen und Datenmodelle zu entwickeln, die über das gesamte Spektrum der Adressierbarkeit funktionieren und alle Signale nutzen, unabhängig davon, ob eine Identität vorhanden ist oder nicht. "Während die ausschließliche Abhängigkeit von Identifikatoren die Reichweite einschränkt und anfällige Strategien schafft, bedeutet das völlige Ignorieren von IDs, den Wert, der in identitätsbasierten Signalen noch immer steckt, zu verpassen. Der kluge Ansatz besteht nicht darin, sich auf eine Seite festzulegen – sondern beide Ansätze in einer Welt, die geteilt bleiben wird, intelligent zu integrieren", mahnt der Experte.

Brian O'Kelley, der die Adtech-Plattform Appnexus gegründet und verkauft hat, spricht in seiner aktuellen Rolle als CEO von Scope3 auf Linkedin noch einen weiteren Grund an, warum die Cookie-Ankündigung von Google seiner Meinung nach "bedeutungslos ist": den anstehenden Verkauf des Geschäftszweigs. "Werden sie Chrome in einem Jahr noch besitzen? Wahrscheinlich nicht. Und der neue Eigentümer, sei es eine Stiftung wie Mozilla oder ein strategisches Unternehmen wie Open AI, wird kein altes Adtech-Geschäft haben, das auf Cookies angewiesen ist, und daher auch keinen Grund haben, sie zu erhalten."
Tech Finder Unternehmen im Artikel
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