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PROGRAMMATIC

Curation – Von Hoffnungen und falschen Vorstellungen

Benedict Gründig, 9. April 2025
Bild: Deagreez  – Adobe Stock Bild: Deagreez – Adobe Stock

Curation ist zurzeit sowohl in der internationalen Fachpresse als auch in Gesprächen innerhalb der Branche in aller Munde. Die zugrunde liegende Idee von Curation ist faszinierend: die verlorene Kunst des face-to-face Mediaeinkaufs wiederherzustellen und zugleich die Effizienz des Programmatic Advertising zu bewahren. Trotz der belegbaren Mehrwerte von Curation für die Käuferseite (Agenturen) als auch die Anbieterseite (Publisher) hört man viele Fragen und sogar Zweifel an der Wirksamkeit von Curation. Es ist daher an der Zeit, die Essenz von Curation zu ergründen und mit falschen Vorstellungen aufzuräumen.

Klärung von Missverständnissen im Curation-Ökosystem

Ein zentrales Missverständnis rund um Curation ist die Vorstellung, dass es lediglich eine Form eines Ad Networks im neuen Gewand darstellt. Einige Akteure im Markt verstehen unter Curation vor allem die Bündelung von Inventaren. Das jedoch greift zu kurz, ein erwünschter Mehrwert lässt sich so nur schwer erzielen. Vor allem in den USA führte diese Denkweise zu unzufriedenen Publishern und negativer Berichterstattung.

Ein weiteres häufiges Bedenken im Markt ist, dass kuratierte Deals weniger Umsatz generieren als direkte Deals. Einige Publisher befürchten, dass ihr Inventar durch Curation weniger attraktiv erscheint, als wenn sie Inventar direkt vermarkten. Schließlich besteht die Sorge, dass kuratierte Deals dieselbe Käufer-Gruppe bedient, die bereits Zugang zum offenen Markt sucht, was den Eindruck vermitteln kann, dass diese Deals redundant sind.

Der Kern: „Data UND Supply"

Essenziell für das Verständnis von Curation ist, dass es sich hierbei um einen Sell-Side-getriebenen Ansatz handelt, dessen Ziel es ist, Publisher-Inventare im Sinne der Werbetreibenden zu bündeln und adressierbar zu machen. Durch Curation lassen sich Inhalte maßgeschneidert ausspielen, was sowohl Nutzerinnen und Nutzern als auch Werbetreibenden einen echten Mehrwert bietet, aber letztlich auch zu besseren Ergebnissen und höheren Einnahmen für Publisher führt.

Der wahre Wert von Curation zeigt sich erst in der intelligenten Kombination von Daten und Inventaren. Diese Verbindung ermöglicht eine präzisere Zielgruppenansprache und bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Curation-Strategie.

Auch für Publisher, die nicht über umfangreiche First-Party-Datenbestände, aber dennoch über viel Werbe-Inventar verfügen, kann Curation ein entscheidender Hebel sein, um die Attraktivität ihres Angebots zu steigern. Auf Basis gemeinsamer Identifier mit Daten-Anbietern können sie ihr Inventar zum Beispiel mit hochwertigen Commerce-Daten kuratieren. Damit versetzen sie Agenturen in die Lage, nicht nur reines Media-Inventar zu erwerben, sondern gezielt Zugang zu relevanten Zielgruppen zu erhalten, die sonst schwer zu erreichen wären.

Curated Deals werden auf der Sell-Side aufgesetzt und sind damit DSP agnostisch. Dies ermöglicht es Agenturen, über die DSP ihrer Wahl innovative und wertvolle Verbindungen mit für Brands relevanten Zielgruppen zu knüpfen, indem sie auf spezifische Audience-Segmente abzielen. Dies ist nicht nur effizienter als sich auf Einzelplatzierungen bei verschiedenen Publishern zu beschränken, sondern auch wertiger, da tiefergehende Einblicke und Anpassungen in der Kampagnengestaltung erreicht werden können. Für Publisher bedeutet dieser Ansatz, dass sie nicht nur ihre Inventarauslastung optimieren, sondern sich auch neue Budgets erschließen können, die durch die Wertigkeit kuratierter Angebote entstehen.

Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg sind hierbei die Qualität und Herkunft der eingesetzten Daten: Sie sollten nicht nur hochwertig und überprüft, sondern auch skalierbar sein. Die Skalierbarkeit stellt sicher, dass die Daten nicht nur auf kleine Segmente beschränkt bleiben, sondern über ein größeres Publikum hinweg angewendet werden können.

Wertsteigerung und Nachfragegenerierung durch Curation

Das Konzept von Curation bietet eine hervorragende Möglichkeit zur Wertsteigerung der Inventare und zur Generierung größerer Nachfrage. So setzt beispielsweise Axel Springer Media Impact darauf, qualitativ hochwertige Inventare mit First-Party-Commerce-Daten zu kombinieren, um personalisierte und relevante Werbeangebote zu erstellen, die die richtigen Zielgruppen zur richtigen Zeit erreichen.

Daniel Pölkemann, General Director Digital Product & Marketing bei Axel Springer Media Impact, erklärt: „Curation ermöglicht es uns, unseren Werbepartnern inventarübergreifende, umfeld- und contentbasierte Deals zu bieten. Durch die Verbindung unseres hochwertigen Inventars mit First-Party-Commerce-Daten können wir Advertisern helfen, ihre Zielgruppen mit noch personalisierteren und relevanteren Anzeigen zu erreichen. Genau durch diese Verbindung von Daten und dem existierenden Inventar können wir einen klaren Mehrwert generieren. Und dieser Mehrwert führt zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten, da wir durch unser kuratiertes Angebot eine erhöhte Nachfrage nach unserem Inventar feststellen.”

Technische Aspekte von Curation

Technisch gesehen funktioniert Curation durch die Bündelung und Veredelung von Anzeigeninventaren direkt auf der Sell-Side. Im Gegensatz zu traditionellen DSP-seitigen Ansätzen zur Zielgruppenansprache, die häufig separat arbeiten, integriert Curation die Daten direkt in das Angebot. Diese ganzheitliche Betrachtung erlaubt es, kuratierte Deals mit einer Deal-ID zu versehen, die in nahezu jeder DSP aktiviert werden kann.

Ein zentraler Vorteil dieser Herangehensweise ist die Plattformunabhängigkeit, die es Unternehmen ermöglicht, das volle Potenzial unabhängiger DSP-Plattformen auszuschöpfen. Viele der Herausforderungen, die aus der ursprünglichen, fragmentierten Struktur der Programmatic-Advertising-Technologie hervorgehen, können durch Curation reduziert werden. Agenturen profitieren von mehr Transparenz und Rückgewinnung der Kontrolle über ihren Medieneinkaufsprozess, wodurch sie differenziertere und wertvollere Angebote für ihre Kunden gestalten können.

Überwindung von Bedenken hinsichtlich Transparenz und Reputation

Eine wesentliche Aufgabe von Curation ist es, Transparenz zu gewährleisten und potenzielle Bedenken hinsichtlich der Reputation von Publishern auszuräumen. Es ist entscheidend zu kommunizieren, dass Curation nicht dem Verkauf von Daten gleichzusetzen ist. Stattdessen verbleiben die Daten innerhalb eines geschützten Ökosystems, in dem die Deal-ID sozusagen als Proxy für das Datentargeting genutzt wird. Transparenz in Prozessen hilft, Bedenken bezüglich der Datenverwendung zu zerstreuen und bietet den Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette klar nachvollziehbare Vorteile hinsichtlich von Datensicherheit und Datenverlust.

Curation verändert die Art und Weise, wie Daten gehandhabt und eingesetzt werden. Es schafft einen transparenten Prozess, der sicherstellt, dass alle Beteiligten den vollen Nutzen aus ihren Investitionen ziehen können. Indem es spezifische Zielgruppen durch eine klare, datengestützte Methodik anspricht, verbessert Curation die Beziehungen zwischen Käufern und Verkäufern und trägt so zur Schaffung eines nachhaltigeren und effizienteren Werbeökosystems bei.

Ein vielschichtiges System mit klaren Vorteilen

Marken und Agenturen können heutzutage oft nur mit Schwierigkeiten erkennen, wohin ihre Budgets tatsächlich fließen, während Publisher mit komplizierten Supply Paths konfrontiert sind, die den Wert der Werbung mindern. Curation zahlt auf diese Suche nach mehr Einfachheit, Transparenz und Kontrolle ein. Anstelle eines programmatischen Open-Market-Einkaufs und möglichen Intransparenzen wird bei Curation durch Daten angereichertes Publisher-Inventar auf der Sell-Side in einer Deal-ID gebündelt, die den Kampagnenzielen der Buy-Side entspricht und deren Performance klar nachvollzogen werden kann.

Dank dieser transparenten und datenbasierten Struktur bietet Curation den beteiligten Parteien – seien es Publisher, Advertiser oder Agenturen – handfeste Vorteile. Obwohl Curation kein radikaler Neuanfang im digitalen Werbemarkt ist, bietet es die Gelegenheit, bestehende Strategien zu verfeinern und weiterzuentwickeln. Die Bereitschaft aller Beteiligten, Missverständnisse auszuräumen und das technische Potenzial voll auszuschöpfen, könnte dazu beitragen, dass Curation langfristig zu einem integralen Bestandteil der digitalen Werbestrategie wird.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Benedict Gründig Über den Autor/die Autorin:

Benedict Gründig arbeitet seit knapp zehn Jahren beim Commerce-Media-Unternehmen Criteo und ist dort seit August 2022 als Director Media Owner Development für Zentral- und Osteuropa tätig. In dieser Funktion verantwortet er das Supply-Geschäft, zu dem der Aufbau und die Pflege von Partnerschaften mit Media Ownern und Adtech-Unternehmen gehören. Benedict Gründig blickt auf mehr als fünfzehn Jahre Erfahrung im Online-Marketing zurück, darunter Stationen bei Axel Springer und Burda Forward.

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