Sichtbarkeit, Situation, Interaktion: Der neue Dreiklang der Aufmerksamkeit
Jan Philipp Hinrichs, 10. März 2025
Schenkt dem überhaupt jemand Aufmerksamkeit? Seit es Werbung gibt, beschäftigen sich Marketer mit dieser Frage. Bei der immer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne der Konsument:innen, den Tausenden von Werbespots, die täglich gesehen werden, und der Zunahme der „Second Screens“ ist es kein Wunder, dass Aufmerksamkeit nur schwer zu erreichen ist. Zwar wird mithilfe von Metriken versucht, jede Interaktion der Verbraucher:innen mit einer Werbeanzeige zu quantifizieren. Dennoch bleibt die Frage offen, ob sich die Zielgruppe wirklich mit der Werbung beschäftigt.
In den vergangenen Jahren ist bereits eine ganze Reihe von Metriken zur Messung der Aufmerksamkeit auf den Markt gekommen – mit dem Ziel, einen Einblick in die Gedankenwelt der Konsument:innen zu ermöglichen. Von On-Site-Messungen einschließlich Viewability und Time-in-View bis hin zu differenzierten Interaktions-Metriken, die verfolgen, ob ein:e Nutzer:in auf Pause drückt, die Lautstärke herunterdreht oder woanders hinschaut („Eye-Tracking“). Die Möglichkeiten zur Aufmerksamkeitsmessung sind inzwischen vielfältig.
Und dennoch tut sich die Werbebranche immer noch schwer. Obwohl es offensichtlich ist, dass die Zukunft der Werbung auf Grundlage dieser Messgröße gehandelt wird, gibt es bisher kaum einen offiziellen branchenweiten Konsens darüber, wie sich die Aufmerksamkeit als KPI definiert.
Kernsignale: Was macht Aufmerksamkeit aus?
In den vergangenen Jahren kamen zahlreiche Messinstrumente heraus, die allesamt versuchen, die komplexe Natur der Aufmerksamkeit in eine messbare Form zu bringen. Zwar muss es noch eine branchenweite Definition von Aufmerksamkeit geben, doch inzwischen kommt die Branche auch so einem Konsens näher, wie eine effektive Aufmerksamkeitsmessung aussehen sollte. Es sind vor allem drei Kernsignale für die Aufmerksamkeitsmessung entscheidend: die Sichtbarkeit einer Anzeige, die Situation, in der sie zu sehen ist, und die Interaktion, die sie bei der Zielgruppe auslöst.
- Sichtbarkeit: Für die meisten Akteure des Werbe-Ökosystems hat die Sichtbarkeit einer Anzeige oberste Priorität bei der Messung der Aufmerksamkeit: 81 Prozent der deutschen Medianexperten sehen sie der Yougov-Studie zufolge als wichtig an. Die Sichtbarkeitssignale messen die Mediaqualität der Impressions und werden aus drei Schlüsselmetriken erstellt: die Sichtbarkeit, die Time-in-View und das Vollbild. Am Ende ist es wenig überraschend, dass Konsument:innen einer Anzeige keine Aufmerksamkeit schenken, wenn sie nicht sichtbar ist. Der Sweet Spot für die Sichtbarkeitsdauer liegt bei etwa 3 bis 10 Sekunden. Anzeigen, die für diesen Zeitraum im Blickfeld der Zielgruppe bleiben, führen mit größerer Wahrscheinlichkeit zu höherem Engagement und einem höheren ROI.
- Situation: Die Situation ist nach Ansicht von 83 Prozent der deutschen Branchenexpert:innen das nächste wichtige Signal. Denn die Umgebung, in der eine Anzeige geschaltet wird, hat direkten Einfluss darauf, ob sie den Konsument:innen ins Auge fällt oder nicht. Anzeigendichte, Seitenausrichtung, Markeneignung und kontextuelle Relevanz sind allesamt Messgrößen, die ein Bild von der Situation einer Anzeige vermitteln. Werbung in kontextrelevanten Umfeldern bleibt beispielsweise laut Yougov viermal besser im Gedächtnis und steigert gleichzeitig die Kaufabsicht um 14 Prozent.
- Interaktion: Das letzte Puzzlestück, wenn es um die Aufmerksamkeitsmessung geht, ist die Interaktion. Um ein wahrheitsgetreues Bild der Aufmerksamkeit zu erhalten, können sich Marketer nicht allein auf Klicks verlassen. Stattdessen können ausgefeilte Metriken wie Scrollen, Lautstärke und Videowiedergabe oder Pausen eingesetzt werden. Die Wirksamkeit der Interaktion hängt auch vom verwendeten Format ab - die Interaktion mit Display-Anzeigen korreliert beispielsweise stärker mit den Ergebnissen als die mit Videoanzeigen.
Gezielte Aufmerksamkeitsoptimierung für mehr Mediaqualität und Performance
Angesichts der großen Komplexität der menschlichen Aufmerksamkeit ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir ein einziges Signal finden werden, das sie effektiv misst. Entscheidend ist vielmehr der richtige Mix aus relevanten Signalen, mit denen sich Marketer ein Bild von der erreichten Aufmerksamkeit machen können, um ihre Kampagnen gezielt zu optimieren. Technologien wie zum Beispiel das Eye-Tracking können die Aufmerksamkeitsmessung dabei unterstützen und das Gesamtbild um organische Informationen über das Nutzerverhalten ergänzen und so weitere aussagekräftige Metriken bieten.
Die anschließende Aufmerksamkeitsoptimierung beginnt natürlich bereits bei der Gestaltung der Werbemittel: Das Format und die visuelle Attraktivität der Creatives wirken sich direkt auf die Aufmerksamkeitswerte der Konsument:innen aus. Im Fokus stehen zudem der Zeitpunkt und der Kontext, in dem die Anzeigen ausgespielt werden. Auf Basis der gemessenen Aufmerksamkeitsmetriken ist es wichtig sicherzustellen, dass die Kampagnen immer zur richtigen Zeit und in geeigneten, sicheren und relevanten Umfeldern platziert werden. Und natürlich sollten auch die Botschaften besonders aufmerksamkeitsstark und zielgruppengerecht sein, um eine maximale Wirkung zu erzielen. Marketer müssen diese Optimierungen auf einfache Weise umsetzen können, um sicherzustellen, dass sie die maximale Effizienz und ROI für ihre Kampagnen über alle Kanäle hinweg erzielen.
Fazit: Marken sollten die Potenziale der Aufmerksamkeitsmessung jetzt für sich nutzen
Wir halten fest: Auf Basis der drei Schlüsselsignale Sichtbarkeit, Situation und Interaktion ist es möglich, die Aufmerksamkeit von Werbung effizient zu messen, um Kampagnen erfolgreich zu optimieren. Advertiser müssen nicht darauf warten, dass Branchenverbände einheitliche Standards für Aufmerksamkeit definieren, wenn es bereits jetzt Lösungen gibt, die nachweislich effektiv sind. Diejenigen, die es doch tun, verschenken wichtige Optimierungspotenziale.
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