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SEARCH MARKETING

Googles KI-Suche – Keine Panik auf der Titanic

Anton Priebe, 28. März 2025
Bild: Possessed Photography – Unsplash Die KI gibt den Ton an.

Die KI-gestützte Suche “AI Overview” von Google kommt nun auch nach Deutschland. “Übersicht mit KI” heißt das Feature hierzulande. Publisher und ihre Vermarkter fürchten, dass ihnen durch die ausführlich zusammengestellten Antworten in den Suchergebnissen Traffic verloren geht. Jedoch zeigen sich die meisten weitgehend entspannt. Klar ist aber auch: Die Suche nach Informationen wird sich grundlegend verändern.

“Die Einführung von Übersicht mit KI hat dazu geführt, dass die Google Suche stärker denn je genutzt wird und die Nutzer:innen zufriedener mit den Ergebnissen sind”, schreibt Hema Budaraju, Senior Director Product Management von Googles Search-Team, auf dem hauseigenen Blog The Keyword. Nach einigen Tests rollt der Konzern das Feature jetzt in Deutschland auf Deutsch und Englisch aus. Außerdem ist es in Europa in Belgien, Irland, Italien, Österreich, Polen, Portugal, Spanien und der Schweiz zu sehen.

Google zeigt die KI-Übersicht allerdings nicht allen Nutzenden. Derzeit sehen nur eingeloggte User über 18 Jahren die neuen KI-Ergebnisse und nur, “wenn unsere Systeme feststellen, dass es die hilfreichste Antwort ist – inklusive prominenter Links zu Websites, damit sie sich einfach weiter informieren können”, so Budaraju.

Werbung in der Übersicht mit KI

Mit dem Wandel in den Ergebnissen geht auch eine Veränderung in der Darstellung der Werbeanzeigen einher. Einen Hinweis benötigen sie natürlich trotzdem. „Anzeigen werden weiterhin mit unserer branchenführenden klaren und transparenten Kennzeichnung ‘Gesponsert’ versehen“, sagte Shashi Thakur, VP/GM von Google Ads, im Oktober. In den USA sind die Anzeigen in der AI Overview seit dieser Ankündigung von Thakur bereits verfügbar. Auch in Google Lens wurden zeitgleich erweiterte Shopping-Anzeigen eingebaut.

Google präsentierte in diesem Zuge, wie die Werbung innerhalb der KI-generierten Antworten aussieht. Als Beispiel zeigte Budaraju mögliche Produkte, die für die Entfernung von Grasflecken aus einer Jeans werben könnten. In Deutschland werden die Werbeanzeigen aber noch nicht in die Übersichten integriert, sondern nur darunter oder darüber positioniert, schreibt das Deutschland-Team: “Anzeigen können oberhalb und unterhalb von Übersicht mit KI erscheinen, vorausgesetzt sie sind für die Suchanfrage sowie den Inhalt von Übersicht mit KI relevant. In den USA, und dies nur auf Mobilgeräten, können Anzeigen auch innerhalb von AI Overviews auftauchen.”

Search-Umsätze und Search-Traffic im Wandel

Noch weiß keiner mit Sicherheit, wie genau KI die Suche der Menschen nach Informationen künftig beeinflussen wird, doch die derzeitigen Entwicklungen rund um intelligente Assistenten weisen immerhin eine Richtung auf. Mit der Integration der Anzeigen in die Übersichten plant Google, sich in einer KI-dominierten Suche der Zukunft weiterhin Budgets der Advertiser zu sichern. Schließlich macht der Konzern damit den Löwenanteil seines Umsatzes. Allein im vierten Quartal spülte Advertising über 72 Milliarden der 96 Milliarden US-Dollar Umsatz in die Kassen – davon gehen 54 Milliarden auf das Konto von Search.

Doch was ist mit den werbefinanzierten Publishern, denen der Klick auf die Website abhandenkommt, weil die Suchenden bereits umfangreiche Informationen in den Suchergebnissen präsentiert bekommen? Eine ähnliche Diskussion hatte damals die Position Null ausgelöst. Dabei zieht Google das Snippet einer Website nach oben und generiert darüber eine knappe Antwort noch vor den anderen Ergebnissen. Viele Publisher gingen auf die Barrikaden, doch genutzt hatte es wenig.

Zunächst einmal verspricht Google, die Quellen in der Übersicht mit KI prominent zu integrieren. Diese sollen auch weiterhin fleißig Klicks erhalten, heißt es. “Mit KI-basierten Übersichten besuchen Menschen eine größere Bandbreite an Websites, um Hilfe bei komplexeren Fragen zu erhalten. Und wir sehen, dass die in den Übersichten enthaltenen Links mehr Klicks generieren, als wenn die Seite für diese Suchanfrage als herkömmlicher Webeintrag erschienen wäre”, erklärte Liz Reid, VP Head of Google Search, in der Testphase vor einem Jahr im Keyword Blog.

Bild: Traffective Christian Stumpf, Traffective

Dass man nicht alles auf ein Pferd setzen sollte, ist eine Binsenweisheit. Die Diversifizierung von Traffic-Quellen wird seit jeher von Vermarkterseite aus gepredigt. Christian Stumpf, Head of Publisher Sales von der Monetarisierungsplattform Traffective, appelliert trotzdem weiterhin an Publisher, sich mehrere Standbeine aufzubauen. “Die Google AI Overviews sind ein erneuter Weckruf für Publisher: Wer jetzt nicht seine Traffic-Quellen analysiert und diversifiziert, riskiert massive Verluste. Google optimiert die Suche für ein besseres Nutzererlebnis – aber die Frage bleibt, nach welchen Kriterien dieses definiert wird und wie Publisher relevant bleiben.”

Abwarten, Tee trinken und auf Lizenzen warten?

Bild: BCN Carsten Sander, BCN

Auch wenn Publisher Schmerzen dieser Art bereits gewohnt sind (Stichwort Position Null), scheint diesmal allen bewusst, dass KI die Suche grundlegend veränder wird. Mit Blick auf die Übersicht mit KI wartet das Brand Community Network (BCN) – ein Vermarktungs-Joint-Venture von Hubert Burda Media, der Funke Mediengruppe und der Mediengruppe Klambt – erst einmal ab. “Es ist zu früh, um die AI Overview von Google und ihre Auswirkungen abschließend zu beurteilen”, sagt Carsten Sander, Chief Technology Officer von BCN. Obwohl Search als Traffic-Quelle durchaus eine Rolle spielt, gibt sich Sander zurückhaltend. “Da unsere Nutzerinnen und Nutzer natürlich zu einem gewissen Anteil über Suchmaschinen auf unsere Seiten gelangen, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit einen Effekt bemerken.”

Bild: United Internet Media Thomas Rebbe, Gmx & Web.de

Bei United Internet Media hingegen blickt man den Veränderungen entspannt entgegen, da das Geschäftsmodell nicht so sehr von Google abhängt. „Diese Entwicklung hat sich abgezeichnet und dürfte niemanden überraschen. Sie betrifft Gmx und Web.de aber bei weitem weniger stark als andere Publisher, da unser Erfolg vor allem durch organischen Traffic gesichert ist”, erklärt Thomas Rebbe, Editor in Chief von Gmx und Web.de. Vielmehr ruht hier das Vertrauen auf das Geschäft mit Lizenzen. “Für die KI-Nutzung von Publisher-Inhalten sind Lizenzen erforderlich, um Urheberrechtsverstöße zu vermeiden. Daher erwarten wir, dass Google, ebenso wie Open AI oder Perplexity, entsprechende Lösungen zusammen mit den Publishern erarbeitet”, so Rebbe weiter. Das klingt optimistisch, doch hat beispielsweise der langwierige Streit zwischen Google und den Verlagen um das Leistungsschutzrecht bei der Verwendung von Snippets gezeigt, wie zäh solche Verhandlungen sein können. Im Endeffekt hat Google ein Vergütungsmodell für Publisher gefunden.

Christian Stumpf von Traffective nennt abschließend zwei Maßnahmen, die Publisher jetzt vorbereitend treffen sollten. “Erstens, Inhalte für KI-Algorithmen optimieren – das bedeutet, strukturierte, präzise und kontextbezogene Inhalte zu liefern, die sowohl für Featured Snippets als auch für semantische Suchanfragen geeignet sind. Artikel müssen klar strukturiert sein, direkte Antworten auf Nutzerfragen geben und mit strukturierten Daten angereichert werden. Zweitens, eigene Kanäle stärken – Newsletter, Apps und Community-Plattformen müssen ausgebaut werden, um die Abhängigkeit von Google zu reduzieren.” Die Google-Suche bleibt ihm zufolge ein zentraler Faktor für Reichweite und Monetarisierung, aber Publisher müssen ihre Strategien anpassen, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Zudem gibt Stumpf ein Wink hin zu First-Party-Daten, um personalisierte Inhalte gezielt auszuspielen und sich so im Wettbewerb besser zu positionieren.

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