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DATA

Wie Marketer vom Digital Markets Act profitieren und was die Zukunft bringt

Tilman Harmeling, 13. Januar 2025
Bild: Brian Jackson – Adobe Stock Bild: Brian Jackson – Adobe Stock

Seit der Digital Markets Act (DMA) in Kraft getreten ist, haben sich die Regeln für die Werbebranche und Publisher grundlegend verändert. Der DMA verlangt von großen Plattformen, den sogenannten Gatekeepern, mehr Transparenz und Rechte für Nutzer. Bei Marketern sorgte dies anfänglich für Unruhe, denn die konkreten Auswirkungen des neuen Gesetzes waren ungewiss. Doch inzwischen sehen Marketer klarer und nutzen die neuen Anforderungen zunehmend dafür, ihr Marketing smarter, benutzerfreundlicher und vor allem zukunftssicher zu gestalten. Dabei setzen sie ihren Fokus insbesondere darauf, sich richtig aufstellen, um langfristig erfolgreich zu sein – etwa durch die Entwicklung neuer Datenstrategien, die nicht nur den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch Wettbewerbsvorteile schaffen.

Kontrolle und Transparenz: So passen sich Werbetreibende an

Die Einführung des DMA ist vor allem aus Nutzersicht ein Gewinn: Sie erhalten Transparenz und Kontrolle über ihre Daten. Für Marketer bringt dies vor allem neue Vorgaben und Prozesse mit sich. Gatekeeper müssen nun sicherstellen, dass Nutzereinwilligungen korrekt eingeholt werden. Diese Pflicht geben sie allerdings direkt an die Unternehmen weiter, die mit ihnen zusammenarbeiten möchten. Am Beispiel von Google bedeutet das: Wer weiterhin Google Ads und Analytics-Funktionen wie gewohnt nutzen möchte, muss dazu eine von Google zertifizierte Consent-Management-Plattform (CMP) einsetzen. Diese sorgt mit dem Google Consent Mode dafür, dass wirklich nur die Daten, für die eine Einwilligung vorliegt, an die Google-Dienste weitergegeben werden.

Ein deutlicher Effekt des DMA: Die Nachfrage nach geeigneten CMPs ist rapide gestiegen. Viele Werbetreibende haben ihre Prozesse angepasst, auf eine zertifizierte CMP umgestellt oder erstmals eine CMP implementiert. Ein Aufwand, der sich langfristig auszahlt und einen angenehmen Nebeneffekt mit sich bringt. Die verbesserte Transparenz gibt Nutzern ein Stück Kontrolle über ihre Daten zurück – und stärkt so ihr Vertrauen in die Marke.

Privacy-Led-Marketing: So wird es zum Wettbewerbsvorteil

Marketer stehen jedoch vor einer Herausforderung: Gibt man Nutzern die Möglichkeit, die Datenerhebung abzulehnen, führt dies zunächst zu niedrigeren Opt-in-Raten. Es stehen also kurzfristig weniger Daten, beispielsweise für Marketingzwecke, zur Verfügung. Doch dieser vermeintliche Nachteil birgt eine Chance. Denn Nutzer sind sich dem Wert ihrer persönlichen Daten immer bewusster und machen ihre Einwilligung zunehmend davon abhängig, wie sehr sie einem Unternehmen vertrauen. Unternehmen, die einen nutzerzentrierten, privatsphäreorientierten Ansatz bei der Abfrage der Einwilligung setzen, indem sie etwa klar und transparent über die Datennutzung informieren und den Nutzern eine echte Wahlfreiheit geben, diese auch abzulehnen, verschaffen sich so einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Denn wer macht schon gerne Geschäfte mit Unternehmen, denen er nicht vertraut?

Mit gutem Beispiel voran: So gelingt der Aufbruch in die Ära der First-Party-Daten

Mit dem DMA verschiebt sich der Fokus Stück für Stück in Richtung First-Party-Daten. Da Third-Party-Cookies zunehmend eingeschränkt werden, wird die Fähigkeit, eigene Daten zu erheben und effektiv zu nutzen, zum Wettbewerbsvorteil – oder sogar zur Überlebensstrategie. Doch egal ob Third- oder First-Party-Daten, die Herausforderung bleibt dieselbe: Unternehmen benötigen zur Erhebung dieser Daten die Einwilligung der Nutzer sowie eine klar definierte Strategie zur Datennutzung, um erfolgreich zu sein. Häufig fehlt es dabei nicht nur an den technischen Ressourcen, sondern auch an einem durchdachten Plan, wie diese Daten langfristig Mehrwert schaffen können. Unternehmen, die sich bereits intensiv mit First-Party-Daten beschäftigen und diese gezielt nutzen, zeigen, dass es sich auszahlt, Nutzer direkt einzubinden und transparente Einwilligungsprozesse zu gestalten. Ein aktiver und nutzerzentrierter Umgang mit Daten stärkt nicht nur die Qualität der Kampagnen, sondern auch die Bindung zur Zielgruppe, da das Vertrauen der Nutzer nachhaltig gestärkt wird.

Alternative Plattformen und neue Partnerschaften: Das ist jetzt möglich

Bei vielen Unternehmen hat der DMA noch einen zusätzlichen Effekt ausgelöst: Sie nahmen ihn zum Anlass, sich nach Alternativen jenseits der etablierten Gatekeeper umzusehen. Third-Party-App-Stores oder Plattformen ohne den DMA-Druck bieten neue Möglichkeiten, Zielgruppen zu erreichen und Datenschutzanforderungen flexibler umzusetzen. Dabei zeigt sich jedoch, dass der DMA nicht nur Herausforderungen schafft, sondern auch Chancen eröffnet, da er den Wettbewerb stärkt und so die Marktmacht großer Gatekeeper begrenzt. Positivbeispiele überwiegen, denn der DMA bringt wichtige Änderungen mit sich – etwa das Verbot der Selbstbevorzugung großer Plattformen (so darf Chrome nicht länger als Standardbrowser vorgeschrieben werden). Marketer erhalten einen leichteren Zugang zu den Daten, die Gatekeeper über sie gespeichert haben und profitieren von erhöhter Transparenz, etwa darüber, warum Rankings auf Plattformen so aussehen, wie sie aussehen (zum Beispiel wieso Zalando vor Nike steht). Doch auch abseits der großen Gatekeeper gilt: Datenschutz und Datensicherheit bleiben essenziell. Wer auf langfristige Strategien setzt, sollte sich nicht nur auf die neu gewonnenen Freiräume verlassen, sondern auch bei neuen Plattformen auf Compliance achten.

Der Blick nach vorne: Welche Entwicklungen Marketer erwarten können

Der DMA ist kein statisches Gesetz, sondern bringt eine Dynamik in die Werbelandschaft, die auch zukünftig für Veränderungen sorgt. Welche Plattform oder welches Unternehmen als Gatekeeper gilt, wird regelmäßig anhand von Marktmacht und Nutzerzahl evaluiert. Die Liste wird sich daher voraussichtlich Stück für Stück erweitern, zuletzt etwa um Booking.com. Für Marketer bedeutet dies, ihre Strategien flexibel zu halten und sich auf regelmäßige Anpassungen einzustellen. Wer die regulatorischen Ausschreibungen und Förderprogramme der Europäischen Kommission im Auge behält, erhält nicht nur wertvolle Einblicke in die geplanten Entwicklungen, sondern kann sich auch Unterstützung für Datenschutzinnovationen sichern. Der Austausch mit Experten sowie die Teilnahme an Fachforen und Interessenverbänden bieten zusätzliche Sicherheit und helfen dabei, die eigenen Strategien stets auf dem neuesten Stand zu halten. Gleichzeitig wird die Bedeutung von First- und Zero-Party-Daten immer größer. Unternehmen sollten verstärkt auf eigene Datenquellen setzen und Nutzer direkt nach ihren Präferenzen fragen. Dies schafft nicht nur ein besseres Vertrauensverhältnis, sondern ermöglicht auch präzisere Kampagnen und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.

Der Digital Markets Act hat die Spielregeln im digitalen Marketing neu geschrieben. Unternehmen, die sich aktiv und flexibel anpassen, können nicht nur den Anforderungen gerecht werden, sondern auch von einem neuen Vertrauen der Nutzer profitieren. Die konsequente Umsetzung nutzerzentrierter Ansätze und die Fokussierung auf First-Party-Datenstrategien wird in den kommenden Jahren immer wichtiger. Privacy-Led-Marketing rückt dabei in den Mittelpunkt: Indem Unternehmen Transparenz und echte Wahlfreiheit priorisieren, schaffen sie eine Grundlage für nachhaltiges Vertrauen und stärken gleichzeitig die Bindung zur Zielgruppe. Der DMA ist somit nicht nur eine gesetzliche Vorschrift, sondern auch eine Chance, die Bindung zur Zielgruppe auf eine transparente und vertrauensvolle Basis zu stellen. Wer diese Entwicklungen proaktiv mitgestaltet und Privacy-Led-Marketing etabliert, legt das Fundament für langfristigen Erfolg in einer digitalen und datenschutzorientierten Zukunft.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Tilman Harmeling Über den Autor/die Autorin:

Tilman Harmeling ist Experte für Datenschutz und Entrepreneur in Residence beim Münchner Consent-Management-Platform-Anbieter Usercentrics. Dort befasst er sich vor allem mit datengetriebenen Projekten rund um das Thema “Consent based Marketing” wie zum Beispiel Opt-in-Analyse und Optimierung oder dem Einfluss von AI auf Consent & Preference Management. Vor seiner Tätigkeit bei Usercentrics hat Harmeling an der Technischen Universität München ein Modell zur Optimierung von Elektrizitätshandel umgesetzt. Zur DSGVO und Privacy-Tech-Themen kam er erst später.

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