Tiktok darf weitermachen: Ein Kampf um Regulierung, Einfluss und Geld
20. Januar 2025 (apr)
Der Schrecken für die US-Nutzer:innen währte nur kurz. Nach einem Blackout über rund zwölf Stunden ab Samstagabend ging Tiktok in den Morgenstunden des Sonntags wieder online. Tiktok und seine Partner dürfen aufatmen, da die USA als Werbemarkt verfügbar bleiben – vorerst. Denn der anstehende Verkauf des globalen Social-Media-Dienstes vom chinesischen Konzern Bytedance wurde nur vorläufig gestoppt. Donald Trump hat sich persönlich für die Kurzvideoplattform eingesetzt und will eine Lösung finden. Wie genau und auf welcher rechtlichen Basis ist allerdings noch unklar.
Das Hin und Her geht auf das Konto eines Gesetzes, das im April 2024 verabschiedet wurde. Die US-Gerichte sahen Tiktoks Nähe zur Kommunistischen Partei Chinas als Problem. Der Verdacht der Spionage, der unrechtmäßigen Weitergabe von Nutzer:innendaten an Peking und der Einflussnahme auf die öffentliche Meinung in den USA steht im Raum.
Bytedance hält dagegen: Der chinesische Ursprung lässt sich zwar nicht verhehlen, doch man pocht darauf, dass sich 60 Prozent der Unternehmensanteile in der Hand westlicher Investoren wie beispielsweise Blackrock oder General Atlantic befinden. Außerdem sitze der Konzern offiziell in der Karibik, im Steuerparadies der Cayman Islands. Einen Verkauf der Recommendation-Engine lehnt Tiktok indes seit jeher ab.
Die Richter:innen gaben Tiktok letztlich 270 Tage Zeit, um sich vom Mutterkonzern Bytedance zu lösen und einen Käufer für das US-Geschäft zu finden. Ansonsten drohen drastische Maßnahmen: Die Entfernung aus den App-Stores von Apple und Google, der Verlust technischer Infrastruktur und hohe Strafen für Dienstleister, die die Plattform weiterhin unterstützen.
Letzter Ausweg: Den Stecker ziehen
Die aktuelle Regierung unter Biden hat Trump die Durchsetzung des Gesetzes überlassen. Dieser zeigte Wohlwollen und versicherte bereits im Voraus, dass es keine Strafen für US-Dienstleister der Plattform geben wird. Doch das reichte dem Konzern anscheinend nicht. Am Samstagabend, kurz vor Ablauf der Frist, zog Tiktok vorsorglich den Stecker. Die Plattform verschwand aus den App-Stores und stellte ihren Betrieb in den USA kurzzeitig ein. Doch schon am Sonntag kehrte sie zurück – unter Berufung auf Aussagen von Donald Trump.
Trump will Bytedance mehr Zeit lassen, um einen US-Investoren zu finden. Obwohl er erst am heutigen Montag vereidigt wird, hat der 78-Jährige angekündigt, das Verbot der Plattform per Dekret am ersten Tag seiner Präsidentschaft direkt wieder aufzuheben. Medien berichten von einer Verlängerung von 90 Tagen. Die rechtliche Grundlage für diese Galgenfrist bleibt fragwürdig, denn das Gesetz setzt aussichtsreiche Verhandlungen voraus, über die bislang nichts bekannt wurde. Zwar sind Spekulationen rund um Elon Musk als möglichen Käufer aufgekommen, aber nicht weiter bestätigt worden. Trump selbst hat am Sonntag von einem möglichen “Joint Venture” gesprochen – allerdings nicht konkretisiert, ob er damit die Regierung oder ein Privatunternehmen als Investor meint.
Money makes the world go round
Die Aussicht auf Geld scheint Trump letztlich überzeugt zu haben. “Ob man Tiktok nun mag oder nicht, wir werden eine Menge Geld verdienen”, zitiert das ZDF den baldigen US-Präsidenten auf einer Veranstaltung am Vorabend seiner Vereidigung. Nebenbei führte er die Arbeitsplätze an, die den USA im Falle eines Verbots verloren gehen würden.
Dabei hat Trump in seiner ersten Amtszeit selbst versucht, ein Verkauf mit entsprechenden Drohungen eines Verbots zu erwirken und scheiterte damit am Gerichtshof. Inzwischen hat sich der Wind jedoch gedreht. Mit über 170 Millionen Nutzer:innen hat Tiktok in den USA eine gewaltige Reichweite vorweisen. Der Zugang zu einer jungen Audience und entsprechend zu potenziellen Wähler:innen, gepaart mit wirtschaftlichem Aufschwung, lässt den Spionageverdacht anscheinend verblassen.
Anmerkung der Redaktion: In der Executive Order, die Trump nach der Veröffentlichung dieses Artikels unterzeichnet hat, sind 75 Tage als Verlängerung angesetzt.
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