Kampagnenoptimierungen gehören zum Marketinggeschäft. Doch die Anzahl der Kanäle wächst, die Datenflut steigt, die Optimierungen werden komplexer. Wie Künstliche Intelligenz bei dieser großen Aufgabe helfen kann und wie sich mit ihrer Hilfe die kanalübergreifende Gesamtperformance steigern lässt, darüber haben wir mit Roger Gatti, Head of Product bei Nexoya, gesprochen.
ADZINE: Roger, das Marketing Mix Modelling ist eine Prognosemethode aus den 70er Jahren – warum ist sie noch heute aktuell?
Roger Gatti: Marketer sind schon immer daran interessiert, die Gesamtperformance ihrer Kampagnen zu kennen. Und deren Anzahl nimmt stetig zu. Werbetreibende führen viele Online-Kampagnen gleichzeitig durch. Je nach Situation sind das Always-on-Kampagnen oder Flights, die eine gewisse Ergänzung darstellen. Die digitalen Kampagnen werden in Portfolios zusammengefasst. Was immer mehr interessiert, ist die Performance kompletter Portfolios. Die Attribution gestaltet sich aufgrund der Cookie-Problematik schwierig, entsprechend hat das Marketing Mix Modelling – MMM – eine Renaissance erfahren, bei der die Kanäle übergreifend betrachtet werden. Mit Künstlicher Intelligenz wird das Ganze nun auf die nächste Stufe gehoben. Der Output von MMM ist der Input für unsere Lösung. Für uns fängt mit den MMM-Daten die Optimierung erst an.
ADZINE: … das heißt?
Gatti: Wir verfügen über Integrationen zu mehr als 40 digitalen Werbekanälen und können für unsere Kunden die Performancedaten ihrer Kampagnen in unser System einlesen. Diese Informationen werden in unsere KI-Modelle eingespeist. Über Vorhersagemodelle können wir den Kunden dann exakt aufzeigen, wie effizient einzelne Kampagnen zum aktuellen Zeitpunkt sind und welches Budget die jeweiligen Kampagnen benötigen, um als Gesamtheit optimal zu performen. Unsere Kunden haben Zugang zu unserer Plattform und können dort diese Vorschläge einsehen, bewerten und diskutieren. Die neuen Kampagnen-Parameter inklusive der neuen Budgets werden dann automatisiert in die jeweiligen Plattformen zurückgespielt.
ADZINE: Das bedeutet, es wird nicht in Echtzeit optimiert?
Gatti: Kampagnen-Parameter in zu schneller Folge zu ändern, bringt die Algorithmen durcheinander. Wir optimieren die digitalen Kampagnen in Absprache mit den Kunden daher in der Regel im Wochenrhythmus. Das hat sich als sehr effizient erwiesen.
ADZINE: Wenn ihr Kampagnen optimiert, kennt ihr auch typische Fehlerquellen. Was wird von Werbetreibenden auch in einer datengetriebenen Werbewelt häufig falsch gemacht?
Gatti: Advertiser verlassen sich oft auch auf ihr Bauchgefühl. Sie haben eine Kampagne aufgesetzt und haben das Gefühl, dass sie auch gut läuft. Intuitiv wird dann noch mehr Budget in diesen Kanal gegeben. Aber werden alle Kampagnen im Zusammenhang betrachtet, stellt man fest, dass dies unter Umständen ein Fehler ist.
ADZINE: Gibt es Optimierungen, die ohne KI zuvor nicht möglich waren?
Gatti: Während ein Marketing Mix Modelling über lange Zeiträume aufgesetzt werden muss, um zu funktionieren, wird der Prozess der Performanceoptimierung mit KI enorm beschleunigt. Hier sprechen wir von wöchentlichen Anpassungen. Hinzu kommt die enorme Granularität der Datenauswertung und Prognose, die durch künstliche Intelligenz möglich ist. Auch die Kanalvielfalt ist kein Problem für die KI. Je mehr Kanäle in einem Portfolio vorhanden sind, desto besser funktioniert die Optimierung.
ADZINE: Wenn es um Künstliche Intelligenz und Datenanalysen geht, ist der Datenschutz schnell ein Thema für die Kunden. Wie sieht das bei euch aus?
Gatti: Wir haben damit kein Problem. Bei uns gibt es keinen Erkenntnis-Transfer von Kunde A zu Kunde B. Für jeden Kunden wird ein eigenes Vorhersagemodell aufgesetzt, das individuell auf seine Situation zugeschnitten ist. Außerdem verwenden wir keine personenbezogenen Daten, sondern lesen ausschließlich aggregierte Daten ein.
ADZINE: Wohin entwickelt sich die kanalübergreifende Kampagnen-Analyse? Schütten wir irgendwann die verfügbaren Daten nur noch in eine KI und erhalten optimale Kampagnen?
Gatti: Künstliche Intelligenz ersetzt nicht das Marketing-Team, aber sie kann sehr gut assistieren. Für Kreativität, Interpretation und Entscheidungen wird der Mensch immer eine Rolle spielen. Eine kanalübergreifende Kampagnen-Optimierung wird nie vollautomatisch ablaufen, sie benötigt immer die Kombination mit dem Marketing-Team. Aber eine Optimierung ohne Künstliche Intelligenz wird es künftig immer weniger geben.
ADZINE: Werden sich Lösungen für Kampagnen-Optimierungen weiterentwickeln oder ist das Ende der Fahnenstange erreicht?
Gatti: Es wird immer Weiterentwicklungen geben. Simulationen sind aus unserer Sicht der nächste Schritt. Dabei geht es also nicht mehr nur darum, Vorhersagen für eine optimale Budgetverteilung zu treffen, sondern verschiedene Szenarien zu simulieren. Auf diese Weise lässt sich beispielsweise herausfinden welches Budget man in welchen Kanal investieren müsste, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Neue Technologien werden dem Marketing dabei helfen, ein immer klareres Bild der immer komplexeren Kampagnen-Aktivitäten zu erhalten.
ADZINE: Vielen Dank für das Interview, Roger!
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