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MOBILE

Alternative App-Stores – Werbechancen abseits von Apple und Google

Anton Priebe, 8. Januar 2025
Bild: Aaron Burden – Unsplash

Den Begriff App-Store haben in erster Linie die beiden US-amerikanischen Giganten Google und Apple geprägt. Um die jeweiligen Stores haben sich gewaltige Werbeökosysteme gebildet, die Entwickler:innen dabei unterstützen sollen, Nutzer:innen für ihre Apps zu gewinnen. Auch wenn der Löwenanteil noch immer mit Provisionen verdient wird, spült dieses Advertising-Business viel Geld in die Kassen der Konzerne. So konnte Apple im Jahr 2023 allein mit Werbung in seinem App-Store einen Umsatz von über 100 Milliarden Euro generieren. Dies wiederum wirft die Frage auf, wie effizient die Werbemaßnahmen aus Sicht der Advertiser sein können, wenn die Betreiber der digitalen Bauchläden kräftig mitverdienen? Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass die Umgebungen von Google und Apple bei weitem nicht die einzige Möglichkeit bieten, um auf Kundenfang für Apps zu gehen. Robert Wildner, Co-Founder und CEO des Berliner Mobile-Spezialisten Avow, verrät im Interview, welche Alternativen sich Werbetreibenden eröffnen, warum das Advertising dort sogar noch effizienter sein kann und welche Rolle der Digital Markets Act dabei spielt.

Bild: Anna Wasilewski Robert Wildner, Avow

ADZINE: Hallo Robert, ihr habt euch auf die Nutzerakquise in alternativen App-Stores spezialisiert. Dabei kommen insbesondere Original Equipment Manufacturer (OEMs) ins Spiel. Magst du uns eingangs eine kurze Definition von OEMs geben?

Robert Wildner: Wenn wir über Original Equipment Manufacturers oder mobile OEMs sprechen, meinen wir im Grunde Unternehmen, die Geräte wie Smartphones und Tablets herstellen, sprich große Namen wie Samsung, Xiaomi, Huawei, Vivo, OPPO und andere. Diese Marken produzieren hochwertige Hardware und entwickeln gleichzeitig leistungsstarke App-Ökosysteme und Plattformen. Alternative App-Stores wie der Galaxy Store von Samsung oder die App Gallery von Huawei ermöglichen den Zugang zu Zielgruppen, die über traditionelle Kanäle möglicherweise schwerer erreichbar sind.

ADZINE: Was haben OEMs Advertisern zu bieten, das die Googles und Apples dieser Welt nicht können?

Wildner: Mobile OEMs eröffnen Möglichkeiten, die Plattformen wie Google und Apple schlichtweg nicht bieten können. Zum einen decken unsere integrierten Mobile-OEM-Partner 86 Prozent des globalen Android-Marktes ab und bieten Zugang zu 1,5 Milliarden täglich aktiven Nutzern. Diese Nutzer sind oft markentreuer, was für Werbetreibende höhere Engagement-Raten und weniger Wettbewerb um Werbeplätze bedeutet. Das führt letztendlich zu besseren Ergebnissen und einer effizienteren Nutzergewinnung.

Ein weiterer Vorteil ist das präzise Targeting. Mobile OEMs haben Zugriff auf gerätebezogene Daten, wodurch Werbetreibende Nutzer basierend auf spezifischen Faktoren wie Gerätetyp, Nutzungsverhalten und persönlichen Vorlieben ansprechen können. Dies ermöglicht maßgeschneiderte Kampagnen und höhere Conversion-Raten, ohne dabei die Datenschutzbestimmungen zu verletzen. Darüber hinaus ist Werbung über Mobile OEMs oft kosteneffizienter. Mit weniger Zwischenhändlern und geringerem Wettbewerb erzielen Marketer eine besseren ROI.

Mobile OEMs sind mit Mobile-Measurement-Partnern integriert, was sicherstellt, dass jede Kampagnenentscheidung datenbasiert ist, sodass Marketer nicht im Dunkeln tappen. Dieser Ansatz ermöglicht es, Kampagnen in Echtzeit anzupassen, um maximale Effizienz zu erzielen. Während App-Entwickler möglicherweise Vorbehalte gegenüber Mobile OEMs haben, bieten diese Plattformen die Freiheit, Zahlungslösungen zu wählen und zu monetarisieren, wie es am besten passt. Kurz gesagt, OEMs vereinen Kosteneffizienz, Benutzerfreundlichkeit, eine Vielzahl von Werbemöglichkeiten, Sicherheit und Reichweite in einem durchdachten Gesamtpaket.

ADZINE: Wie seid ihr technisch in die Stores integriert?

Wildner: Wir arbeiten direkt mit mobilen OEMs zusammen und greifen über API-Integrationen auf deren Werbeinventar zu. Dies ermöglicht uns, Werbeplatzierungen effizient zu verwalten und Kampagnendaten in Echtzeit zu erfassen. Unsere eigene Technologie optimiert diese Platzierungen zusätzlich.

ADZINE: Ihr seid neuerdings einer der Vermarktungspartner vom Samsung Galaxy Store in Europa, richtig?

Wildner: Ja, das ist für uns ein äußerst spannender Meilenstein. Als Marketing-Partner von Samsung in Europa übernehmen wir den Vertrieb von Werbeinventar im Galaxy Store in der gesamten EU. Damit bieten wir App-Entwicklern und Marken direkten Zugang zu Samsungs umfangreicher Nutzerbasis in der Region.

Samsung hält über ein Drittel des Smartphone-Marktes in Europa und startete das Jahr mit einem Marktanteil von 37 Prozent als größter Anbieter. Im ersten Quartal wurden 12,1 Millionen Geräte ausgeliefert, darunter 4,3 Millionen Einheiten des Galaxy S24, das zu Beginn des Quartals auf den Markt kam – eine einzigartige Gelegenheit für Werbetreibende, mit einer breiten und vielfältigen Zielgruppe in Kontakt zu treten.

ADZINE: Gilt das als Ritterschlag für euch als relativ junges, Berliner Unternehmen?

Wildner: Absolut! Die Partnerschaft mit Samsung ist ein bedeutender Erfolg für uns als Unternehmen, das 2018 gegründet wurde. Auch wenn wir noch jung sind, ist es wichtig zu betonen, dass das Ökosystem alternativer App-Stores ebenfalls noch relativ neu ist – und wir waren von Anfang an ein integraler Bestandteil dieser Bewegung.

Unsere Partnerschaften gehen über Samsung hinaus und umfassen elf Key-OEMs, darunter Xiaomi, Vivo, Oppo, Huawei und weitere. Von einem globalen Marktführer wie Samsung sowie anderen großen OEMs anerkannt zu werden, bestätigt unsere Arbeit und motiviert uns, weiterhin Mehrwert für unsere Kunden und das mobile Ökosystem insgesamt zu schaffen.

ADZINE: Wie relevant sind alternative App-Stores in Deutschland überhaupt?

Wildner: Die zunehmende Akzeptanz alternativer App-Stores ist ein relativ junges Phänomen, das in Deutschland und der gesamten EU durch das Inkrafttreten des Digital Markets Act (DMA) einen deutlichen Schub erhalten hat. Google ist gezwungen, das Ökosystem zu öffnen und diskriminierende Methoden einzustellen, die Downloads außerhalb des Google Play Stores verhindern sollten. App-Entwickler, die Nutzergewinnungskampagnen durchführen möchten, müssen sich keine Sorgen um die Anzahl der täglich aktiven Nutzer alternativer App-Stores machen.

Der App-Store selbst ist nur der Ort, an dem die App heruntergeladen wird. Der Großteil des Traffics wird außerhalb des jeweiligen Stores generiert – durch Werbeplatzierungen, die nativ im mobilen Gerät eingebettet sind, zum Beispiel auf dem “-1-Bildschirm”, oder durch In-App-Platzierungen in den nativen Apps der OEMs, beispielsweise im Xiaomi Browser. Die entscheidende Frage ist daher nicht, wie stark alternative App-Stores genutzt werden, sondern wie viele Geräte die OEMs in die jeweilige Region geliefert haben.

Stand September 2024 ist Samsung der größte mobile OEM in Deutschland und übertrifft Apple mit seinem Marktanteil von 35 Prozent. Xiaomi ist mittlerweile der drittgrößte Anbieter, und die Verkaufszahlen von Huawei und Oppo liegen nicht weit dahinter – alle verkaufen mehr Geräte als Google.

Mit zunehmenden Datenschutzbedenken erkunden Nutzer zudem Alternativen, die ein stärker kuratiertes und geräteintegriertes Erlebnis bieten. Dies unterstreicht die Bedeutung alternativer App-Stores als wertvoller Kanal für die Nutzergewinnung in Deutschland.

ADZINE: Welche Stores sollten deutsche Werbetreibende außer Samsung auf dem Schirm haben?

Wildner: Neben Samsung sollten deutsche Werbetreibende auch Xiaomis Get Apps und Huaweis App Gallery berücksichtigen. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis auch kleinere, spezialisierte Non-OEM-Stores wie der Epic Store, One Store oder Uptodown an Beliebtheit gewinnen. Werbetreibende müssen sich nicht auf einen einzigen App-Store beschränken – die Diversifikation über mehrere alternative App-Stores hinweg kann die Reichweite und Effektivität bei der Nutzergewinnung maximieren.

ADZINE: Welche Datengrundlagen nutzt ihr in den Stores für das Targeting?

Wildner: Wir nutzen Daten wie den Gerätetyp, das Modell und die Betriebssystemversion sowie das Nutzerverhalten, beispielsweise App-Nutzungsmuster und Browserverlauf. Zudem greifen wir, sofern verfügbar, auf demografische und geografische Daten sowie kontextuelle Daten zurück, um das Targeting weiter zu optimieren.

ADZINE: Wie du schon angedeutet hast, sollen die Stores der großen Player mit dem Digital Markets Act reguliert werden. Inwiefern hat der DMA euer Geschäftsfeld beeinflusst?

Wildner: Ah, eines meiner Lieblingsthemen! Der Digital Markets Act hat unser Geschäft spürbar beeinflusst, indem er mehr Möglichkeiten für alternative App-Stores geschaffen hat.

Indem der DMA darauf abzielt, ein gleiches Spielfeld zu schaffen und monopolistische Praktiken großer Player wie Google und Apple einzuschränken, steigert er die Sichtbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit mobiler OEMs und alternativer App-Stores. Für uns selbst bedeutet dies eine steigende Nachfrage nach OEM-Werbeinventar, da immer mehr Werbetreibende Kanäle jenseits der traditionellen App-Stores erkunden.

ADZINE: Ein Mobile-Experte bezeichnete seine Auswirkungen mir gegenüber im April noch als “ein Tropfen auf dem heißen Stein”. Hat sich das mittlerweile verändert? Welche Auswirkungen siehst du künftig?

Wildner: Zu Beginn haben einige Menschen die Auswirkungen des DMA als minimal wahrgenommen, aber ich würde diese Ansicht infrage stellen. Die Geschwindigkeit des Wandels war überraschend, doch im Laufe der Zeit haben wir gesehen, wie sich diese Perspektive verändert hat. Der DMA hat grundlegende Veränderungen eingeleitet, wie etwa die Ermöglichung des Gedeihens alternativer App-Stores auf sowohl Android- als auch iOS-Geräten, was einen bedeutenden Durchbruch darstellt. Mit der fortschreitenden Durchsetzung und zunehmender Wirkung seiner Bestimmungen sehen wir immer mehr Chancen für alternative App-Stores und mobile OEMs, zu florieren.

Zum Beispiel wurden kürzlich neue alternative App-Stores ins Leben gerufen, die Entwicklern mehr Wege bieten, um User zu erreichen. Die Maßnahmen der Europäischen Kommission gegen Apple wegen Wettbewerbs-behindernder Praktiken signalisieren ebenfalls ein ernsthaftes Engagement für die Durchsetzung des DMA. Indem das Gatekeeping großer Player wie Apple und Google reduziert wird, fördert der DMA Transparenz und stimmt mit unserer Vision eines offeneren mobilen Werbeökosystems überein.

Mit Blick in die Zukunft sehen wir den DMA als einen Katalysator für die Förderung vielfältiger Vertriebskanäle und gesünderer Wettbewerbsbedingungen. Es geht nicht nur darum, die großen Player zu bremsen, sondern darum, Raum für andere zu schaffen und ein ausgewogeneres Spielfeld für Entwickler und Kunden zu ermöglichen. Genau aus diesem Grund haben wir Avow gegründet – um Werbetreibenden Möglichkeiten jenseits der traditionellen Player zu bieten und zu einem vielfältigeren und zugänglicheren mobilen Werbeumfeld beizutragen.

ADZINE: Danke für das Interview, Robert!

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