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STUDIEN & ANALYSEN

Werbemarktprognosen sind zurückhaltend, aber Wachstumsduo lässt hoffen

Jens T. Hake, Analyst, 18. Dezember 2024
Bild: Emiliy Morter - Unsplash

Das Jahr 2024 brachte erneut erhebliche Herausforderungen für die Weltwirtschaft mit sich und war zweifellos von Turbulenzen geprägt. Nachdem die Auswirkungen der Corona-Pandemie größtenteils überwunden geglaubt waren, haben weltpolitische Ereignisse die wirtschaftliche Gesamtlage in vielen Ländern erneut erschüttert. Auch die Werbebranche war von diesen Unsicherheiten betroffen. Gleichzeitig haben jedoch sportliche Großereignisse der globalen Werbewirtschaft Stabilität verliehen. Zum Jahresende lohnt sich daher ein Rückblick auf die Entwicklungen des Werbemarktes sowie ein Ausblick auf dessen künftige Perspektiven. In diesem Kontext hat ADZINE verschiedene Werbemarktanalysen ausgewertet und gegenübergestellt. Die Ergebnisse zeigen: Die deutsche Werbewirtschaft blickt verhalten optimistisch in die Zukunft.

Globale Entwicklungen im Werbemarkt

Das Agenturnetzwerk Dentsu hat in seinem neuen “Ad Spend Forecast” die Entwicklung der weltweiten Netto-Werbeinvestitionen für 2024 und 2025 prognostiziert. Laut Dentsu werden die globalen Werbeinvestitionen 2025 um 5,9 Prozent steigen und eine Summe von 817,7 Milliarden US-Dollar erreichen. Rückblickend wurde das erwartete Wachstum für 2024 nach oben korrigiert und soll nun 6,8 Prozent betragen. Einen noch positiveren Ausblick liefert die Groupm mit ihrem Bericht “This Year Next Year 2024 Global End-of-Year Forecast”. Sie rechnet für 2024 mit einem Anstieg der weltweiten Werbeausgaben um 9,5 Prozent.

Sportliche und politische Großereignisse wie die UEFA-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele haben dabei wesentlich zum Wachstum beigetragen. Im Jahr 2025 dürfte das globale Wachstumstempo jedoch nachlassen, da derartige Ereignisse fehlen, die Investitionsbereitschaft fördern könnten.

Der deutsche Werbemarkt: Entwicklungen und Herausforderungen

In Deutschland zeigt sich der Werbemarkt etwas zurückhaltender, wenngleich auch hier ein positives Wachstum verzeichnet wurde. Dentsu prognostiziert für 2024 einen Anstieg der Werbeinvestitionen um 3,1 Prozent. Das Wachstum wäre jedoch stärker ausgefallen, hätte es nicht im vierten Quartal 2024 einen deutlichen Einbruch gegeben. Dieses schwache Schlussquartal überschattet laut Dentsu die insgesamt positive Entwicklung des Jahres. Für 2025 erwarten die Expertin:innen ein moderates Wachstum von 3,3 Prozent, wobei diese Prognose als Best-Case-Szenario zu verstehen ist.

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) geht ebenfalls von einem moderaten Wachstum aus: Die Werbeinvestitionen sollen sich in 2024 auf rund 38,4 Milliarden Euro belaufen und somit um 3,7 Prozent wachsen. Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, kommentiert die Ergebnisse und gibt eine Einordnung: “Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sind die prognostizierten Zahlen erfreulich. Der Werbemarkt bleibt aber weiterhin fragil. Die großen gesamtwirtschaftlichen und marktspezifischen Baustellen bleiben bestehen. Die aktuelle Trendumfrage belegt dies in besorgniserregender Weise. Vor allem die Bürokratie – noch vor der konjunkturellen Schwäche und den hohen Energiekosten – ist eine Hauptlast auch für die Werbewirtschaft in Deutschland geworden.”

Ähnlich fällt die Schätzung der JOM Group aus. Für das aktuelle Jahr erwarten die Expert:innen, dass die Netto-Werbeausgaben hierzulande um 3 Prozent steigen werden. Auch wenn die konjunkturellen Aussichten für das kommende Jahr nicht viel besser sein werden, prognostiziert die JOM Group eine weiterhin positive Entwicklung des Werbemarktes. Das Wachstum wird nach deren Einschätzung bei rund 3,2 Prozent liegen.

Der Markt für Digital Advertising in Deutschland

Bei näherer Betrachtung wird deutlich, welchen Anteil Digital Advertising am Wachstum des Werbemarktes in Deutschland hat. Laut des neuen “German Digital Advertising Latecast 2024” der Omnicom Media Group (OMG) stellen die digitalen Werbeeinnahmen 2024 etwas mehr als 60 Prozent des gesamten Werbemarktes hierzulande dar. Die umsatzstärkste Disziplin wird mit prognostizierten 7,2 Milliarden Euro nach wie vor Search sein. Display und Video werden auf rund 6,2 Milliarden Euro beziffert. Dabei lohnt allerdings der Blick ins Detail. Denn es sind die Videoformate, die hier für Wachstumsdynamik sorgen, während Displayformate stagnieren. Insgesamt ist der Markt für Digital Advertising laut OMG rund 17,8 Milliarden Euro schwer. Dies spiegelt nicht unbedingt 60 Prozent der Werbeinvestments wider, die der ZAW nennt, was jedoch an unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen der einzelnen Marktteilnehmer liegt.

Wachstumstreiber des heimischen Werbemarktes

Die verschiedenen Prognosen verdeutlichen, dass sich die Werbewirtschaft in Deutschland trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten positiv entwickelt und dabei vor allem die digitalen Gattungen als Wachstumstreiber fungieren. Dieses Wachstum wird maßgeblich von bestimmten Bereichen getragen. Die Expert:innen identifizieren zwei Haupttreiber:

  1. Digital Video Advertising: Plattformen wie Youtube, Netflix, Amazon und die Mediatheken (z. B. RTL+ oder Joyn) gewinnen weiter an Reichweite. Auch aufstrebende Social-Plattformen wie Tiktok etablieren sich zunehmend als beliebte Werbeumfelder für Videos. Damit landet wiederum ein Gros der Werbeinvestitionen bei US-amerikanischen oder chinesischen Unternehmen.
  2. Retail Media: Der Handel investiert verstärkt in den Ausbau digitaler Werbeflächen. Auch die Retail-Daten werden zunehmend für die Digitalwerbung erschlossen. Die kontinuierliche Erweiterung der Werbemöglichkeiten in diesem Bereich kurbelt das Wachstum zusätzlich an.

Eine Facette der digitalen Videowerbung, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, sind FAST-Kanäle (Free Ad Supported Streaming). Das Branchenmagazin Videoweek hat dazu verschiedene Analyst:innen befragt und kommt zu widersprüchlichen Ergebnissen. Während einige der befragten Analyst:innen von einem Bedeutungsverlust dieser Kanäle ausgehen, sehen andere sie als weiterhin dynamischen Teilmarkt.

DOOH als Wachstumstreiber?

Ein anderer Bereich der digitalen Werbung, der in vergangenen Jahren immer wieder mit enormen Wachstumsraten aufwarten hat, ist Digital-Out-of-Home (DOOH). So erwirtschafteten laut Nielsen Germany die digitalen Außenwerbeträger im ersten Halbjahr 2024 einen Brutto-Werbeumsatz von 644,3 Millionen Euro. Das sind 41,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die digitale Außenwerbung verzeichnet also weiterhin überdurchschnittliche Wachstumsraten, auch wenn der DOOH-Markt selbst nur einen Bruchteil des Gesamtmarkts ausmacht. Laut der Düsseldorfer Spezialagentur It Works wird DOOH 2025 weiter stark zulegen, insbesondere durch programmatische Kampagnen und die Kombination von DOOH- und Mobile-Werbung.

Optimistisch in die Zukunft?

Trotz bestehender wirtschaftlicher Unsicherheiten zeigt sich der deutsche Werbemarkt wachstumsstark. Die Prognosen sind zwar zurückhaltend, doch die Entwicklung bleibt positiv. Digital Video Advertising und Retail Media bilden das Duo der wichtigsten Wachstumstreiber und sorgen mit DOOH als aussichtsreichem Kandidaten dafür, dass die Branche auch in den kommenden Jahren dynamisch bleiben wird.

Takeaways

  • Die globalen Werbeinvestitionen haben sich in diesem Jahr hauptsächlich durch weltweite Großereignisse positiver entwickelt als erwartet.
  • In Deutschland zeigt sich der Werbemarkt etwas zurückhaltender als auf globaler Ebene.
  • Wachstumstreiber sind hierbei Digital Video Advertising und Retail Media.