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MEDIA

(Geo-)Politische Unsicherheiten und ihre Auswirkungen auf Mediainvestitionen

Philipp Höntsch, 18. Dezember 2024
Bild: Anastasia R. – Unsplash

Der Russland-Ukraine-Krieg, Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China, die Eskalation im Nahen Osten und anhaltende Krisen um Energie oder Mobilität belasten die globale Wirtschaft. Gleichzeitig steht Deutschland mit der bevorstehenden Bundestagswahl vor innenpolitischen Entscheidungen, die das wirtschaftliche Umfeld beeinflussen. In diesem Spannungsfeld stehen Werbetreibende unter entsprechendem Druck ihre Mediabudgets so zu investieren, dass Wirksamkeit und Effizienz gewährleistet sind.

Daten und Fakten: So entwickelt sich der Werbemarkt

Global betrachtet bleibt der Werbemarkt stabil: Für 2025 prognostiziert Dentsu ein Wachstum von 5,9 Prozent auf 817,7 Milliarden US-Dollar. In Deutschland hingegen erwartet man ein bescheidenes Plus von 3,3 Prozent. Steigende Energiekosten und politische Unsicherheiten bremsen die Dynamik, während Unternehmen zunehmend auf Flexibilität und innovative Ansätze setzen müssen, um im Wettbewerb zu bestehen.

Große Agenturen: Zwischen Effizienz und Intransparenz

Werbung findet nicht im luftleeren Raum statt, sie lässt sich nicht von gesellschaftlich relevanten Ereignissen und auch nicht von Politik abkoppeln. Spannungen – sei es geopolitisch, medienpolitisch oder europapolitisch – beeinflussen die Strategien globaler Agenturen und spiegeln sich beispielsweise in Fusionen wie der jüngst von Omnicom und Interpublic wider. Diese Zusammenschlüsse schaffen Verhandlungsmacht und sollen Shareholdern Profitabilität sichern, bringen jedoch auch Risiken wie Intransparenz mit sich. An und für sich kein neues Thema, aber immer wieder ein wichtiges, über das gesprochen wird.

Zum Beispiel letzten November in Berlin; ich war Gast beim OWM Summit. Neben KI und Ethik waren die Walled Gardens – mal wieder – Themen, die heiß diskutiert wurden. In einem offenen und kritischen Vortrag hob Daniel Neuhaus von The Trade Desk hervor, dass 80 Prozent der digitalen Spendings in Walled Gardens fließen. Das sei kein Weg zur Verbesserung der Qualität der Umfelder und somit der Reichweite. Es stellt sich also die Frage, welche Rolle die Advertiser spielen und wie sie in diesem Kontext ihre Verantwortlichkeit mit Leben füllen müssen, um den Publishern klare Leitplanken zu geben. Hier müssen alle Stakeholder mit an den Tisch und ihren Kompetenzen gerecht werden.

Denn nur so kann sichergestellt werden, dass zum einen die Qualität der Medien optimiert wird und zum anderen auch undurchsichtigen Margenmodellen mit intransparenten Inventaren – die nicht den aktuellen Qualitätsansprüchen gerecht werden – ein Riegel vorgeschoben wird.

Die Stärke unabhängiger Marktteilnehmer

Im DACH-Markt bieten unabhängige Beratungen und Agenturen eine flexible Alternative. Sie sind nicht in erster Linie ihren Aktionären und Shareholdern verpflichtet, sondern können neutral und im Sinne ihrer Kund:innen handeln. Durch den engen Kontakt zu ihren Kund:innen, kennen sie die besonderen Anforderungen der Unternehmen und der geografischen Gegebenheiten und sind somit in der Lage individuelle Lösungen zu entwickeln. Ihre Fähigkeit, individuell abgestimmte Ansätze zu liefern, macht sie zu wichtigen Partnern für Unternehmen, die auf qualitativ hochwertige Kampagnenumfelder setzen. Dies unterscheidet sie klar von großen Networks und globalen Playern mit standardisierten Lösungen.

Herausforderungen und Wege nach vorn

Politische Entscheidungen jedweder Art haben direkten Einfluss auf Reichweiten und Kampagnenstrategien. In Australien wurde kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Nutzung von Social Media verbietet – ein medienpolitischer Schritt mit weitreichenden Folgen für Plattformen. Gleichzeitig verpflichten neue Regelungen Plattformen wie Facebook, Nachrichteninhalte zu vergüten. Solche medienpolitischen Maßnahmen schränken Reichweiten ein und unterstreichen die Herausforderungen für eine stabile und unabhängige Medienlandschaft. In den USA steht Tiktok aufgrund von Sicherheitsbedenken immer wieder vor regulatorischen Herausforderungen. Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, unabhängige Kanäle zu fördern und Abhängigkeiten zu minimieren.

Das sind nur einige prominente Beispiele, von denen es noch viel mehr gibt. Um nicht den roten Faden im Media-Geschäft zu verlieren, braucht es klare Handlungsempfehlungen, die da wären:

  • Flexibilität bewahren: In der Lage sein, Budgets dynamisch an geopolitische und innenpolitische Entwicklungen anpassen.
  • Transparenz fordern: Klare Kostenmodelle und offene Kommunikation mit Agenturen sicherstellen.
  • Daten strategisch nutzen: Investitionen in datenbasierte Technologien fördern, um Kampagnen präzise auszurichten.
  • Diversifizierung vorantreiben: Abhängigkeit von Walled Gardens reduzieren und lokale Medien stärker einbinden.

Zukunftsstrategien für Mediainvestitionen

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Rahmenbedingungen für Mediainvestitionen sind komplexer denn je. Geopolitische Spannungen, innenpolitische Entscheidungen und wirtschaftliche Unsicherheiten erfordern sorgfältige Planung und klare Prioritäten. Unabhängige, mittelständische Agenturen punkten mit regionaler Expertise und Flexibilität. Sie können individuelle Lösungen bieten und sind damit eine wertvolle Unterstützung in einem volatilen Umfeld. Werbetreibende sollten auf Diversifizierung und Transparenz setzen, um ihre Investitionen zukunftssicher zu gestalten. Der Erfolg liegt in einer durchdachten Strategie, mutigen Entscheidungen und zuverlässigen Partnerschaften. So gerüstet kann man mit Zuversicht statt angstvoll aufs neue Werbejahr blicken.

Bild Philipp Höntsch Über den Autor/die Autorin:

Philipp Höntsch ist Co-Founder & Geschäftsführer der invendo Media Consulting. Er verantwortet bei invendo diverse Kund:innen und berät diese zu strategischen Mediathemen, Agentursetups und Optimierungspotenzialen. Er hat als Volljurist nicht die klassische Ausbildung durchlaufen, die man üblicherweise im Media-Business vorfindet. Durch seine Ausbildung und seine Karriere in Agenturen verbindet er die Welten von Recht und Media und kann so auch in diesem Bereich mit unterstützen.

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