Daten-Schwergewicht Experian kauft Curation-Spezialisten Audigent
Anton Priebe, 6. Dezember 2024Die globale Unternehmensgruppe Experian verleibt sich das New Yorker Adtech-Unternehmen Audigent ein. Als Sell-Side-Experte nährt Audigent den Marketing-Zweig des Daten- und Technologie-Schwergewichts, das Lösungen für die Demand-Side anbietet. Die beiden Player haben schon vorher zusammengearbeitet und gemeinsame Targeting-Produkte kreiert. Der Kaufpreis wurde zwar nicht offiziell kommuniziert, doch Digiday geht von einer Bewertung von 200 bis 250 Millionen US-Dollar aus.
Experian ist ein Datenspezialist und bei weitem nicht nur für datenbasiertes Marketing bekannt. Als Wirtschaftsauskunftei schätzt die Gruppe vorrangig die Kreditwürdigkeit im B2B-Bereich ein und unterstützt Unternehmen weiterhin in Sachen Identitätsdiebstahl und Betrug. Der milliardenschwere Player ist an der Londoner Börse gelistet und kratzt mit seinem Umsatz 2024 an der 7-Milliarden-Euro-Marke. Experian beschäftigt global 22.500 Mitarbeitende in 32 Ländern.
Den einzelnen Sparten liegt jedoch ein Datensatz zugrunde, der nach eigener Aussage 3,6 Petabytes beträgt und Informationen über eine Milliarde Personen sowie Unternehmen weltweit umfasst. Dadurch macht sich Experian auch für das Marketing interessant und stellt die Daten für die Planung, Aktivierung und Messung von Kampagnen bereit. Allerdings stehen diese Bereiche derzeit vor immensen Herausforderungen, die unter anderem strengem Datenschutz und dem Schwinden der Third-Party-Cookies geschuldet sind – und hier kommt Audigent ins Spiel.
Curation und Sell-Side-Targeting im Trend
Audigent stammt aus dem Programmatic-Komos und konzentriert sich auf Curation, Identity und Datenmonetarisierung. Hinter der Lösung der US-Amerikaner versteckt sich eine überholte Data-Management-Plattform, die Inventar mit Daten auf der Sell-Side verknüpft und bündelt. In dem Zusammenhang ist der Begriff Curation populär geworden.
Mit dem Verfahren von Audigent lässt sich cookieloses Targeting für die Buy-Side realisieren. Dazu aktiviert die Lösung die Daten mithilfe von deterministischen sowie probabilistischen Signalen direkt auf der Publisher-Seite und bündelt sie an Ort und Stelle mit dem Werbeinventar der Supply-Side-Plattformen. Das Matching und somit auch das Geschäft mit dem Targeting verlagert sich in dem Zuge auf die Sell-Side, anstatt wie zuvor – häufig mithilfe von Third-Party-Cookies – auf der Buy-Side abgewickelt zu werden.
Curation- und Sell-Side-Targeting sind kein Novum. Auch vorher wurden Inventare und Daten im Paket gehandelt. Doch ist der Trend besonders angesichts der schwindenden Third-Party-Cookies erneut aufgekommen, die bislang für das Matching der Daten zum Einsatz kamen. Die Signale, die für die Verknüpfung von Audience-Daten nötig sind, werden nun mit direkten Partnerschaften von Unternehmen wie Audigent auf der Supply-Side eingesammelt. Diese Entwicklung scheint für Experian derart bedeutend zu sein, dass es bei Audigent zugeschlagen hat.
Eigener Zugang zur Supply-Side für Experian
Die beiden Unternehmen arbeiten schon seit drei Jahren enger zusammen und haben die technologischen Weichen für eine tiefere Integration gestellt. Die Daten von Experian sind bereits in die privaten Marktplätze von Audigent eingeflossen und haben beispielsweise Audiences hervorgebracht, die deterministische Daten mit Contextual Targeting kombinieren.
Experian glaubt jedoch offenbar, einen direkten Zugang zur Supply-Side in seiner Produktpalette haben zu müssen. Mit Tapad hatte die Gruppe bereits 2020 einen Identity-Spezialisten eingekauft, der die eigenen reichhaltigen Offline-Daten mithilfe von IDs in die Online-Welt übersetzen sollte. Allerdings ist die Lösung weiterhin auf Third-Party-Daten angewiesen. Audigent hingegen kann die nötigen Publisher-Integrationen vorweisen und hat darüber hinaus ein Identity-Framework namens Hadron ID entwickelt, das ohne Cookies auskommen soll. Eigenen Aussagen zufolge baut die Lösung auf 4 Milliarden First-Party-IDs auf.
Das Publisher-Netzwerk und die damit einhergehenden First-Party-Daten sollen Experians Datensätze erweitern, die Identity-Lösung schärfen und auf den in der Entstehung befindenden Curation-Markt vorbereiten. Laut der Mediapost wird Audigent aber zunächst unter der eigenen Marke weiter operieren. Der Mitgründer Drew Stein bleibt Geschäftsführer.
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