Entwicklungsschub für Retail Media dank Programmatic Advertising
Corinna Hohenleitner, 5. November 2024Retail Media etabliert sich immer mehr als absolutes Must-have in Digital Marketing und Commerce. Die Wachstumsprognosen sind gewaltig, doch der Markt schöpft das volle Potenzial der Disziplin aktuell noch nicht aus – unter anderem aufgrund der Tatsache, dass das sehr starke Wachstum mit einer gewissen Unübersichtlichkeit einhergeht. Um Retail Media daher weiter zu fördern und besser zu strukturieren, hat der BVDW vor kurzem erstmals eine Market Landscape für Retail Media in Deutschland veröffentlicht. Man erkennt hier auf einen Blick die wesentlichen Akteure und in welchen Bereichen sie zu verorten sind. Was dabei besonders auffällt: Eine ganze Reihe an Playern kennen wir bereits sehr gut aus dem Bereich Programmatic Advertising. Womit sich die Frage stellt: Wie programmatisch ist Retail Media bereits und wie hilft uns diese Erkenntnis, das noch ungenutzte Potenzial von Retail Media besser zu erschließen?
Déjà-vu im Retail-Media-Boom
Um die Herausforderungen von Retail Media zu verstehen, lohnt sich zunächst ein Blick auf die bisherige Entwicklung der Disziplin. Retail Media wächst seit Jahren rasant, speziell im Vergleich zu anderen Mediakanälen. So prognostizierte der FOMA-Trendmonitor 2023 ein Wachstum von 22 Prozent für das laufende Jahr – deutlich mehr als in jedem anderen Segment. Die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) hält fest, dass sich die Werbeausgaben für Retail Media in Deutschland für 2024 auf vier Milliarden Euro belaufen werden. Unser eigener Report zeigt in seinen Umfrageergebnissen ebenfalls ein klares Bild: Ein überwältigender Anteil der Media-Agenturen (93 Prozent), Marken (88 Prozent) und Retailer (89 Prozent) weltweit sahen einen starken oder positiven Einfluss von Retail Media auf ihr Endergebnis 2023. Ein derartiger Aufschwung kann naturgemäß gar nicht problemlos ablaufen, neue Hürden entstehen fast von selbst. So ist der Markt aktuell sehr fragmentiert, unter anderem mit vielen unterschiedlichen Angeboten für Offsite, Onsite und Instore, die zukünftig reibungsloser zusammenarbeiten müssen, um die weitere Skalierbarkeit für Media Buyer zu ermöglichen. Auch im Hinblick auf mehr Einheitlichkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit der verschiedenen Lösungen hat der Markt noch Aufholbedarf. Denn so spannend ein schnell wachsendes Segment wie Retail Media auch ist: Eine rasante Entwicklung kann gleichzeitig auch verwirrend sein – ein Umstand, an dem die Branche aktuell mit Hochdruck arbeitet.
Wer jetzt das Gefühl hat, ein Déjà-vu zu erleben, hat absolut recht. Denn ein Blick auf Disziplinen wie Programmatic Advertising zeigt: Wir haben eine solche Entwicklung schon einmal durchlebt. Wir sind also in der glücklichen Lage, Learnings ziehen zu können, um die Challenges im Retail Media-Bereich nicht nur erfolgreich zu bewältigen, sondern auch die Lernkurve durch diese Erfahrungen zu beschleunigen.
Retail Media und Programmatic Advertising – same same but different?
Retail Media hat im Laufe der letzten Jahre einen festen Platz im Monetarisierungs- sowie Advertising-Portfolio des Digitalmarktes erobert – und das, obwohl nicht alle Akteure von Anfang an das gleiche Grundverständnis der Disziplin hatten. Der Retail Media Circle (RMC) im BVDW hat hier 2023 Klarheit geschaffen und beschreibt die wesentlichen Elemente von Retail Media wie folgt: „Retail Media ist die einzigartige Möglichkeit, Marken und Produkte dort zu präsentieren, wo ihre Relevanz, Wahrnehmbarkeit und Akzeptanz hoch, ihr Weg zum Kunden sehr kurz und ihr Kontext am natürlichsten sind. Als Mediengattung ermöglicht Retail Media auf Basis einer datengetriebenen Historie eine Funnel-übergreifende Messbarkeit der Werbewirkung, und dies direkt im digitalen und physischen Ökosystem des Retailers – On- und Offsite.“
Diese Definition hilft nicht nur dabei, Retail Media klarer zu umreißen und Kampagnen eindeutig zuzuordnen, sondern bringt auch einen echten Aha-Effekt, wenn man die Beschreibung von Programmatic Advertising laut dem Glossar des Interactive Advertising Bureau (IAB) danebenlegt: „Ein Medien- oder Ad-Einkauf, bei dem Technologien eingesetzt werden, um den Ad-Einkaufsprozess zu automatisieren und in Echtzeit zu optimieren. Auf diese Weise werden den Verbrauchern kanalübergreifend gezielte und relevante Erlebnisse geboten. Im Hintergrund filtern Algorithmen die Werbeeinblendungen, die aus den Verhaltensdaten der Verbraucher abgeleitet werden. So können Advertiser das Budget, das Ziel und die Attribution festlegen und für ein geringeres Risiko bei gleichzeitiger Steigerung des ROI optimieren.“
Dieser Vergleich zeigt deutlich die Schnittmenge von Retail Media und Programmatic Advertising: Nutzerdaten bilden die Grundlage für hochrelevante Platzierungen, die potenzielle sowie bestehende Kundinnen und Kunden optimal abholen und eine messbare Werbewirkung bieten.
Hand in Hand zum Ziel
Aber: Wie programmatisch ist Retail Media denn jetzt tatsächlich schon? Betrachten wir den Status quo von Platzierungen wie Onsite, Instore und Offsite, so sehen wir bereits einiges an Bewegung:
- Onsite-Formate wie Sponsored Product Ads oder Onsite Display Ads werden heute noch häufig mittels Direktvermarktung belegt und sind nur in Teilen programmatisch buchbar.
- Bei Instore-Formaten zeigt sich teils schon ein sehr programmatisches Bild – zumindest was die digitalen Platzierungsmöglichkeiten angeht. Große Player wie Rewe haben beispielsweise im vergangenen Jahr einen großen Schritt gemacht und ihre digitalen Stelen programmatisch und mit Targeting buchbar gemacht.
- Neben den bewährten Onsite-Platzierungen lassen sich die Daten der Retailer nutzen, um kaufbereite Konsument:innen gezielt im offenen Internet anzusprechen und entlang ihrer gesamten Customer Journey zu begleiten. Dieses Segment ist bereits sehr programmatisch.
Die Schönheit von Programmatic Advertising liegt ja vor allem auch darin, dass sich Zielgruppen leicht auf unterschiedlichen Plattformen adressieren lassen. Auch bei Retail Media sehen wir viel Bewegung in diese Richtung. Immer häufiger kommen händlerübergreifende DSPs, die Retail Media über ein Anbieter-Netzwerk onsite sowie auf deren Commerce-Daten basiert auch offsite aktivieren können, zum Einsatz. Dadurch reduziert sich die Komplexität für Werbeeinkäufer massiv – bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Vergleichbarkeit, Standardisierung und Transparenz. Eine tragende Rolle spielen hier selbstverständlich auch branchenweite Bestrebungen, um auf einer höheren Ebene weitere Standards zu schaffen, unter anderem im Bereich Measurement.
Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen
Dieselben Herausforderungen zur Vergleichbarkeit von Metriken sowie Einzelbuchungen statt breiter datenbasierter Aussteuerung gab es in der klassischen Displayvermarktung bereits – auch diesen Weg sind wir also schon einmal gegangen. Am Ende muss Retail Media im Eiltempo erwachsen werden, aber wir müssen nicht alle Learnings erneut machen. Wir können auf unseren Erfahrungen aus den Entwicklungen anderer Formate aufbauen und damit die Lernkurve für Retail Media beschleunigen.
Und wir sehen, dass dies bereits geschieht. Programmatische Standards halten bereits Einzug in Retail Media, Aspekte wie Ad Verifications und Zertifizierungen werden immer mehr zum Thema. Ein Beispiel: Akkreditierungen durch das Media Rating Council (MRC). Derartige Zertifizierungen sind aus dem Programmatic Advertising bekannt und validieren beispielsweise Impression- und Klickzahlen. Das bietet Advertisern nicht nur mehr Transparenz, sondern gibt allen Beteiligten – Retailern, Brands und Agenturen – eine höhere Sicherheit, dass die erzielten Ergebnisse belastbar und vertrauenswürdig sind. Ein wichtiger Schritt, dem noch zahlreiche weitere folgen werden.
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