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DATA

Zero-Party-Daten sind der Schlüssel zur datenschutzgerechten Werbung

Jan Heumüller, 3. September 2024
Bild: Robert Gramner – Unsplash

Die digitale Werbeindustrie steht an einem Wendepunkt in Sachen Datenschutz. Das jüngste Update Googles zur Abschaffung von Third-Party-Cookies mag Marketer glauben machen, dass sie ihre Suche nach Alternativen auf Eis legen können. In der Realität hat sich das Blatt jedoch bereits gewendet.

Unsere Branche muss sich für eine Technologielandschaft einsetzen, die Datenschutz über alles Andere stellt. Diese Verlagerung des Fokus hatte schon begonnen, lange bevor Google die Privacy Sandbox vorstellte. Heute kommt die Hälfte des Traffics im offenen Internet ohne Cookies aus. Googles aktualisierter Ansatz – wie immer der am Ende aussehen mag – reiht sich neben Safari, Firefox und Apples App Tracking Transparency ein, die den Zugang zu Werbe-IDs bereits abgeschafft oder erheblich eingeschränkt haben.

Es bleibt abzuwarten, wie genau Google die angekündigten Änderungen umsetzen wird, aber höchstwahrscheinlich wird die Mehrheit der Nutzer das Tracking ablehnen. Dadurch werden Cookies noch schneller an Bedeutung verlieren, als wenn Google bei seinem ursprünglichen Plan geblieben wäre. Denn wenn man Verbraucher vor die Wahl stellt, lehnen sie Online-Tracking ab. So ergab eine Studie aus dem vergangenen Jahr, dass mehr als die Hälfte der deutschen Online-Nutzer Cookies auf Websites deaktivieren.

Werbetreibende müssen ihre Datenstrategien jetzt neu ausrichten, anstatt auf die nächste Entscheidung der Branche zu warten. Konkret bedeutet dies, Wissen über eine Schlüsselkomponente der Cookie-freien Werbung aufzubauen und sich einen Zugang zu ihr zu sichern: Zero-Party-Daten.

Was sind Zero-Party-Daten?

Während der Diskussionen in der Werbeindustrie der vergangenen Jahre waren Third-Party-Daten in aller Munde. Diese Daten werden von externen Quellen gesammelt, die nicht direkt mit dem jeweiligen Unternehmen in Verbindung stehen, und können wertvolle Einblicke in breite Trends geben. In der derzeitigen digitalen Werbelandschaft lassen sich Third-Party-Daten jedoch zunehmend lediglich beschränkt einsetzen und werden teurer, was Zero-Party-Daten zu einer interessanten Alternative macht.

Zero-Party-Daten sind vielen Marketern noch weitgehend unbekannt, bieten Unternehmen jeder Größe aber einen langfristigen Mehrwert. Außerdem sind sie kostengünstiger als ihre Alternativen wie etwa die Third-Party-Daten oder Investitionen in Technologie zum eigenen Datenaufbau. Zero-Party-Daten werden oft mit First-Party-Daten verwechselt, jedoch weisen sie wesentliche Unterschiede auf.

Zero-Party-Daten meinen alle Informationen, die Verbraucher proaktiv und absichtlich mit einer Marke teilen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Präferenzen mit Blick auf die Kommunikation, Kaufabsichten, Produktfeedback oder persönlichen Kontext handeln. Sie können vielfältig und anonym gesammelt werden, beispielsweise durch Umfragen, Quizspiele und Gewinnspiele. So werden die persönlichen Daten der Verbraucher geschützt und ihre Privatsphäre gewahrt.

Im Gegensatz dazu sammeln Marken First-Party-Daten, indem sie das Verhalten der Nutzer auswerten. Dies umfasst Interaktionen wie beispielsweise Seitenklicks, das Öffnen von E-Mails oder die Kaufhistorie. Diese Informationen werden mit den E-Mail-Adressen oder Telefonnummern verknüpft, die Verbraucher den Marken freiwillig gegeben haben. Die Daten sind auf dasjenige Ökosystem beschränkt, in dem sie gesammelt wurden, und lassen sich nur über verschiedene Ansätze zum Datenteilen in anderen Ökosystemen einsetzen.

Ein Reset der Kundenbeziehungen

Wenn man darauf setzt, dass Verbraucher ihre Daten freiwillig weitergeben, entsteht ein ethischer, transparenter und einvernehmlicher Informationsaustausch, bei dem der Einzelne genau weiß, was er teilt, wem er seine Daten zur Verfügung stellt und warum. Dieser Informationsaustausch räumt nicht nur Bedenken hinsichtlich einer verantwortungsvollen Datennutzung aus. Er ist auch ein Hebel für stärkeres Engagement der Verbraucher.

Zero-Party-Daten sind darüber hinaus ergiebiger und genauer als andere Datentypen. Sie sind deterministisch, da sie direkt von den Verbrauchern übermittelt wurden, und korrelieren exakt mit den tatsächlichen Präferenzen und Kaufabsichten. Im Gegensatz dazu werden die Interessen der Verbraucher bei probabilistischen Daten aus ihren Aktivitäten extrapoliert. Liest ein Verbraucher beispielsweise einen Artikel über technische Innovationen bei Autos, könnte dies bedeuten, dass er am Kauf eines neuen Fahrzeugs interessiert ist. Gibt jedoch derselbe Verbraucher in einer Umfrage an, dass er in den nächsten 12 Monaten ein neues Auto kaufen möchte, bekommt ein Marketer ein viel klareres Bild von seinen Kaufabsichten.

Eine neue Ära der Ethik

Mit den vielfältigen Möglichkeiten, die Zero-Party-Daten eröffnen, gehen wichtige Nutzungsbedingungen einher. Die wichtigste Voraussetzung ist – wenig überraschend – das sorgfältige Sammeln und Verwalten der Informationen.

In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen verlässliche Standards für den Umgang mit Daten einhalten müssen. Diese Standards betreffen eine ganze Reihe von Aspekten, wie zum Beispiel solide Sicherheitsmaßnahmen, die vollständige Transparenz über die Verwendung der Daten und die Berücksichtigung individueller Datenschutzpräferenzen. Ein wesentlicher Bestandteil der Transparenz ist die Bereitstellung einer Opt-out-Option für diejenigen Verbraucher, die ihre Daten nicht weitergeben möchten. Diese strengeren Auflagen für die Datenverarbeitung werden dazu beitragen, ein gesünderes Werbe-Ökosystem zu schaffen, das einerseits dem Datenschutz gerecht wird und andererseits Marketern eine genauere Zielgruppenansprache mit nachhaltigeren Insights ermöglicht.

Letztendlich können Zero-Party-Daten detaillierte Einblicke in die Audience einer Marke geben – hocheffektiv und skalierbar. In Kombination mit anderen Targeting-Methoden, wie semantischen Ansätzen oder Bid-Request-Daten, können Marketer reichhaltige Insights generieren, um ihre Anzeigen relevanter zu machen und besser mit ihren Kunden zu interagieren.

Die Evolution der Verbraucherdaten hat das Verständnis der Marken über ihre Audience revolutioniert, wobei Zero-Party-Daten eine zentrale Rolle bei der Abkehr von Identifiern spielen. Der Paradigmenwechsel hin zu mehr Datenschutz hat bereits stattgefunden und diejenigen, die sich mit kurzfristigen Lösungen zufriedengeben, werden auf lange Sicht auf der Strecke bleiben. Marken können den aktuellen Herausforderungen im Bereich der Werbung Herr werden, indem sie das Vertrauen der Verbraucher sowie den Datenschutz in den Vordergrund stellen und gleichzeitig die Genauigkeit und Relevanz ihrer Daten verbessern. So sichern sie sich darüber hinaus Chancen auf nachhaltiges Wachstum.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Jan Heumüller Über den Autor/die Autorin:

Seit Anfang 2019 baut Jan Heumüller für Ogury, dem Spezialisten für Personified Advertising, das Geschäft in den deutschsprachigen Märkten auf. Heumüller hat über 18 Jahre Erfahrung in der internationalen digitalen Marketing-Branche. Nach Stationen unter anderem bei eVita und ePost war er Geschäftsführer des Softwarespezialisten dacoma und des AdNetworks Ybrant Digital, bevor er als Managing Director Europe bei DataXu, einem führenden Anbieter von Programmatic Marketing Software, das europäische Geschäft verantwortete. Im Anschluss etablierte er TabMo, die führende Creative Mobile DSP, erfolgreich im deutschsprachigen und osteuropäischen Raum.

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