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MEDIA

Werbung in Fitness-Studios – “Let's give it a go”

Anton Priebe, 5. August 2024
Bild: Victor Freitas – Unsplash

Die digitale Außenwerbung lockt zunehmend Advertiser an, was unter anderem auf ihr Facettenreichtum zurückzuführen ist. So machen Werbeumsätze mit Digital-Out-of-Home (DOOH) inzwischen einen beträchtlichen Teil der Gattung Außenwerbung aus. Knapp die Hälfte der Buchungen von digitalen Werbeträgern erfolgen zudem programmatisch, schätzen Experten. Die Bildschirme, auf denen die Werbebotschaften landen, stehen heute an sehr unterschiedlichen Orten und zeigen nicht nur bewegtes Bild, sondern bewegen sich mitunter selbständig fort – beispielsweise auf Taxis. Auch in Fitness- und Rehastudios gelangen Werbetreibende mit ihren Spots, wofür unter anderem Matthias Pradl, Geschäftsführer von Airtango Media, verantwortlich ist. Der Vermarktungsexperte geht im Interview auf diese Nische in der Außenwerbung detailliert ein und veranschaulicht die Möglichkeiten, die sich dort für Advertiser ergeben. Pradl plädiert in diesem Sinne für mehr Experimentierfreude der deutschen Marken, die sich vor allem ein geflügeltes Wort ihrer neuseeländischen Kollegen etwas mehr zu Herzen nehmen sollten: “let's give it a go”.

Bild: Airtango Matthias Pradl, Airtango

ADZINE: Hallo Matthias, magst du ein paar Worte zu dir sagen? Du hast ja einen bunten Lebenslauf.

Matthias Pradl: Ich habe in den Neunzigern Sport- und Tourismus-Management studiert und bin aber gleich nach dem Studium in der Medienbranche gelandet. Gestartet habe ich im Hörfunk bei 98,8 Kiss FM in Berlin. Nach einigen Jahren habe ich Berlin in Richtung Neuseeland verlassen, um dort in der Radiovermarktung für The Radio Network NZ internationale Erfahrung zu sammeln. 2006 zurück in Deutschland bin ich rüber zum Bereich TV und habe mich für das DSF, heute Sport 1, um das Sportsponsoring gekümmert. Nach einer weiteren Station bei Telefónica O2 Germany in der Mobile-Vermarktung bin ich letztlich 2021 im Digital-Out-of-Home gelandet und fühle mich dort sehr wohl, vor allem durch den Medien- und Sporthintergrund.

ADZINE: Zunächst müssen wir erklären, warum es eine Airtango AG und eine Airtango GmbH gibt. Ihr seid mit der Airtango Media die GmbH und vermarktet Inventar. Wo kommt das her und was hat die AG damit zu tun?

Pradl: Die Airtango AG wurde 2016 als Live-Streaming-Network gegründet, damals unter anderem für die Übertragung der Crailsheimer in der zweiten Basketball-Bundesliga, bis daraus das Thema Video Entertainment im Bereich der Sport- und Fitnessstudios wurde. Daraus entstanden ist die Airtango Instore TV und die Airtango Media. Die Instore TV hat die Akquise von neuen Fitnessstudios und die Installation der technischen Setups vorangetrieben, damit wir ein eigenes Fitness-TV in die Studios streamen konnten. Die Airtango Media GmbH wurde 2021 als übergreifende Vermarktungs-Unit der Airtango AG gegründet und verantwortet das Media-Sales-Geschäft.

ADZINE: Den Content, also das Umfeld, schafft ihr also selbst. Was sind das für Inhalte?

Pradl: Wir sourcen weltweit Content aus dem Bereich Action-Adventure, Travel, Entertainment, aber auch Fashion. Im Sommer sieht man etwas mehr Wassersport oder Reiseziele, im Winter eher Wintersport. Wir stellen ein tägliches 17-Stunden-Format zusammen, handselektiert aus den Inhalten, die auf dem Markt angeboten werden. Wichtigste Content-Partner sind unter anderem Red Bull Media House oder Air Vuz.

ADZINE: Warum sollten Marken in Fitnessstudios digital präsent sein? Für wen eignet sich das überhaupt?

Pradl: Generell eignet es sich für alle Marken. Wir haben den großen Vorteil, dass wir eine sehr breite Zielgruppe zwischen 16 und 90 Jahren treffen. Dort sind Marken von Pampers für junge Eltern bis hin zu Produkten für Generation X, Y oder Z vertreten. Der USP ist die lange Verweildauer. In der Regel verbringen die Menschen zwischen 60 und 90 Minuten pro Aufenthalt im Studio und kommen entsprechend oft mit der Werbung in Kontakt. Dazu ist es ein von Grund auf positives Ambiente.

ADZINE: Was wisst ihr über die Audience, die vor Ort ist? Ihr bietet ja auch Programmatic an, welche Targeting-Möglichkeiten habt ihr?

Pradl: Die Daten liegen mit den Check-in-Daten natürlich bei den Studios und werden an uns aus Datenschutzgründen nicht transferiert. Vom IDOOH werden die Standards aber anhand der Stammdaten überprüft und entsprechend über I/O oder programmatisch buchbar gemacht. Hieraus resultieren zum Beispiel Targetings nach Geschlecht, Tageszeiten oder Wetter.

ADZINE: Sind für euch freiwillige Umfragen in den Fitnessstudios relevant, um die Targeting-Grundlagen zu nähren?

Pradl: Ja, das ist ein wichtiges Thema für uns und das werden wir auch in naher Zukunft pushen. Momentan stecken wir aber noch in den Anfängen.

ADZINE: Wie sieht es mit Measurement-Möglichkeiten aus? Advertiser freuen sich in der Regel über eine ordentliche Abrechnungsgrundlage.

Pradl: Wir arbeiten mit Weekly Contacts, testiert über das IDOOH, also wie viele Brutto-Werbemittel-Kontakte über einen Standort innerhalb einer Woche generiert werden. Inwiefern die Kontakte noch granularer ausgewiesen werden können, wird sich in den nächsten Jahren zum Beispiel über den Einsatz von KI zeigen.

ADZINE: Ihr habt mit neuen Kooperationen auch Taxi-Dächer und Unis für euch erschlossen. Welche Umfelder sind noch spannend in DOOH? Was entsteht gerade?

Pradl: Wir sind im Bereich Sport, Fitness und Gesundheit beheimatet. Corona hat da einiges verändert. Vor Corona war ich noch einer unter wenigen, der in der Mittagspause zum Sport gegangen ist. Heute sind die Studios von morgens bis abends durchgängig gut besucht. Das liegt auch am Remote-Arbeiten. Wir sprechen schon fast gar nicht mehr von einer Sommer- oder Winter-Saison.

Wir überlegen uns stetig, wie wir unser Vermarktungsinventar erweitern können, und sind auf Hochschulen gekommen, weil es dort unter anderem auch Fitnessstudios gibt. Der Touchpoint Mobility wird über Werbung auf Taxen erschlossen. Die beiden Themen Gesundheit und Mobility lassen sich gut miteinander kombinieren. Außerdem sind wir im fortgeschrittenen Austausch mit der ISM, um den Touchpoint Mobility über Tankstellen auszubauen.

ADZINE: Hast du noch eine Lehre zum Schluss, die du aus Neuseeland mitbringen konntest?

Pradl: Die Neuseeländer lassen sich gerne inspirieren und sagen immer “let's give it a go”, auch wenn Deep Insights aus Marktforschungsergebnissen für ein Medium vielleicht noch nicht dafürsprechen. Hier in Deutschland lassen wir gerne mal die anderen vorgehen und wenn jemand stolpert, sind wir froh, dass wir das nicht selbst waren. Eine neue Zielgruppe, ein neuer Touchpoint – das sollten wir ausprobieren. Diese Last, immer extrem in die Tiefe zu schauen, bevor man aktiv wird, sollten wir abwerfen. Lassen wir uns alle ein bisschen mehr von gut gemachter Werbung in einem passenden Content-Umfeld inspirieren und lasst uns dabei Neues entdecken!

ADZINE: Danke für das Gespräch, Matthias!

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