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DATA

OOH und Mobilitätsdaten – Goldgrube statt verschenktes Potenzial

Axel Wiehler, 28. August 2024
Bild: Alexander Grey - Unsplash

"Wenn man die Daten lange genug quält, gestehen sie alles" – der britische Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Ronald Coase wusste, wovon er sprach. Diese Maxime sollte das Mantra der Werbebranche sein. Doch viele Agenturen und Werbetreibende quälen zu wenig und schöpfen so das Potenzial moderner Daten nicht aus. Bei der Auswahl der Out-of-Home-Werbeflächen orientieren sich viele noch immer überwiegend am Wohnort der Zielgruppe. Frei nach dem Motto: In der Nähe von Universitäten wohnen vor allem Studenten. Sollen diese werblich angesprochen werden, wird auf OOH im Umfeld der Uni gesetzt. Vernachlässigt wird dabei aber, wo sich die Studierenden in ihrer Freizeit aufhalten, etwa in Szenevierteln, Bars oder Fitnessstudios, die durchaus weit von der Uni entfernt sein können. Das ist eine vertane Chance. Denn mit Mobilitätsdaten lässt sich viel mehr herausholen und die Lücke in der programmatischen Buchungslogik von Außenwerbung schließen.

Warum traditionelle Kampagnenplanung nicht ausreicht

Die traditionelle Kampagnenplanung, die sich am Wohnort orientiert, ist nicht per se falsch. Doch für eine effiziente OOH-Kampagne ist nicht nur entscheidend, wo die Zielgruppen wohnen, sondern auch, wo sie sich tagsüber aufhalten. Hier kommen sogenannte Mobilitätsdaten ins Spiel: Sie liefern präzise Insights zum Mobilitätsverhalten von Zielgruppen. Durch anonymisiertes und damit datenschutzkonformes Smartphone-Tracking anhand der Mobile Advertising ID (MAID) der Geräte lässt sich die Customer Journey unterschiedlichster Zielgruppen präzise nachverfolgen. So können mithilfe der Mobilitätsdaten virtuelle Zäune, sogenannte Geofences, um relevante Points-of-Interest (POI) oder Points-of-Sale (POS) gezogen werden. Wird die Werbe-ID eines Smartphones innerhalb eines solchen Gebiets erfasst, kann das Gerät auf seinen weiteren Wegen nachverfolgt werden. Bleibt das Handy über Nacht immer wieder am gleichen Ort, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um die Wohnadresse handelt. Diese Footfall-Analysen zeigen, wo Menschen wohnen, welche Wege sie nutzen und welche POI oder POS sie im Tagesverlauf aufsuchen. Nicht nur das: Da die Bewegungsdaten der MAIDs bis zu drei Jahre rückwirkend betrachtet werden können, lassen sich Rückschlüsse auf zukünftige Wege ziehen und Kampagnen optimieren, um Zielgruppen effizient zum POI oder POS zu leiten.

Beispiel EM-Spiele 2024

Was waren die Aufenthalts-Hotspots der Fußball-Fans vor, während und nach den Spielen der EM 2024? Um diese Frage zu beantworten, wurden detaillierte Bewegungsanalysen durchgeführt, indem die MAIDs der Besucher in spezifischen Geofences rund um Fanzones und Stadien erhoben wurden. Auf diese Weise konnten die Bewegungsmuster der Fans im Tagesverlauf präzise verfolgt und ausgewertet werden.

In Zusammenarbeit mit der Münchner Unternehmensberatung thaltegos (Serviceplan / Plan.Net Group), die auf Datenanalyse und künstliche Intelligenz spezialisiert ist, untersuchten unsere Mobilitätsexperten zwei EM-Spiele besonders genau: Deutschland vs. Schweiz am 23. Juni 2024 in Frankfurt und Niederlande vs. Österreich am 25. Juni 2024 in Berlin sowie Fanzone in verschiedenen Großstädten. Die Daten lieferte Placesense, ein Anbieter für standortbasierte Informationen. Die hohe räumliche Präzision dieser Mobilitätsdaten ermöglichte es, einzelne relevante Locations metergenau zu identifizieren und zeitlich auf Stundenbasis zu differenzieren.

Die Analysen zeigen, dass sich die Besucherströme vor und nach den Spielen hauptsächlich in den nahegelegenen Innenstadtbereichen, an (U-)Bahnhöfen sowie an beliebten Sehenswürdigkeiten konzentrierten. Diese Orte dienten den Fans als zentrale Treffpunkte und Aufenthaltsorte, bevor sie sich auf den Weg ins Stadion begaben. Während des Spiels verlagerte sich die Mobilität erwartungsgemäß in die Fanmeilen und Stadien, wo die Fans das Geschehen live verfolgten. Durch diese Auswertung der Mobilitätsdaten konnten wertvolle Erkenntnisse über das Verhalten der Fans gewonnen werden, die sowohl für die Veranstaltungsorganisation als auch für das lokale Marketing von Bedeutung sind.

Ein Topf voll Gold

In der programmatischen Buchungslogik der Außenwerbung schließen Mobilitätsdaten eine Lücke. Denn sie ermöglichen es uns, die komplette Customer Journey potenzieller Kunden nachzuvollziehen und ihre Wege mit den Standorten der OOH-Werbeträger abzugleichen. Im Ergebnis entwickeln wir für jede OOH-Fläche ein individuelles Profil aus unterschiedlichsten Zielgruppen-Informationen wie soziodemografischen und psychografischen Merkmalen, Interessen und Kaufverhalten oder auch Mobilitätsverhalten. So lässt sich für jede Fläche eine Aussage treffen, ob sie für die jeweilige Zielgruppe relevant ist oder eben nicht. Diese Profile fließen in den datengetriebenen Prozess von Programmatic OOH ein, um Kampagnen bestmöglich auszusteuern.

Des Weiteren liefern Mobilitätsdaten Erkenntnisse über sogenannte Cross Visitation Areas, d.h. einen Abgleich zwischen unterschiedlichen POI, wie z.B. der Filiale eines Händlers und der Filiale eines Wettbewerbers. Beispiel Baumarkt: War der Hornbach-Kunde vor seinem Besuch vielleicht auch schon bei OBI?

Unsere Branche verfügt über einen Topf voll Gold – die Mobilitätsdaten! Sie haben einen unglaublich hohen strategischen Wert, der keinesfalls ungenutzt bleiben sollte. Also, liebe Werbetreibende: Es ist an der Zeit zu handeln und das brachliegende Potenzial zu nutzen.

Bild Axel Wiehler Über den Autor/die Autorin:

Axel Wiehler ist seit 2021 Geschäftsführer von Planus Media. Zuvor war er ebenfalls als Geschäftsführer bei Initiative Media und bei der Ströer Sales & Services GmbH tätig.

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