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DATA

Data Clean Rooms und die wahre Bedeutung von Interoperabilität

Alistair Bastian, 6. August 2024
Bild: Fletcher Pride – Unsplash

„It’s Time for Interoperable Data Clean Rooms“ titelte das IAB Tech Lab im vergangenen Jahr und ebnete mit dem Open Private Join & Activation (OPJA) Protokoll den Weg für Data Clean Room (DCR) Interoperabilitätsstandards. Spätestens seitdem ist in der Branche eine heiße Diskussion darüber entbrannt, Data-Clean-Room-Lösungen interoperabler zu gestalten. Doch was ist eigentlich gemeint, wenn von Interoperabilität im Zusammenhang mit Data Clean Rooms die Rede ist? Wie ist der Status quo und welche Herausforderungen sind noch zu bewältigen, damit Publisher, Werbetreibende und DCR-Anbieter eine gemeinsame Sprache sprechen?

Ein Miteinander

Die Werbelandschaft entwickelt sich rasant, und eines wird deutlich: Kollaboration ist heute wichtiger denn je. Allerdings kann die Zusammenarbeit in einer Welt, in der Unternehmen über grundlegend unterschiedliche Tech- und Data-Stacks verfügen, schnell sehr komplex werden. Diese Komplexität wird durch eine gewisse Kompetenzlücke in der Branche noch verstärkt: Während einige Unternehmen über fortschrittliche Data-Science-Ressourcen verfügen, verlassen sich andere ausschließlich auf reines Marketing-Fachwissen.

Data Clean Rooms haben auch in diesem Kontext in der jüngsten Vergangenheit an Bedeutung gewonnen. Data Clean Room dienen als neutrale Umgebungen, in denen mehrere Unternehmen über verschiedene Datenquellen hinweg zusammenarbeiten können, ohne Kundendaten zu teilen oder preiszugeben. Dennoch gibt es viele Diskussionen darüber, wie diese Lösungen interoperabler gestaltet werden können. Wir müssen das Konzept der Interoperabilität im Werbekontext betrachten und eine echte Interoperabilität anstreben, die eine Zusammenarbeit aller Beteiligten unabhängig der jeweiligen genutzten Anbieter oder Tech-Stacks erlaubt.

Auch eine Frage des Mindsets

Trotz vieler Behauptungen, dass Clean Rooms mühelos übergreifend zusammenarbeiten können, sind Agenturen, Publisher, Werbetreibende sowie Datenanbieter für eine reibungslose Zusammenarbeit oft an denselben Clean Room- und Cloud-Anbieter gebunden.

Wenn ein Unternehmen also erstmal seine Anforderungen in puncto Zusammenarbeit sammelt, ist es wichtig zu verstehen, was der Begriff im eigenen Kontext und im Kontext der eigenen Werbemaßnahmen überhaupt bedeutet. Für die meisten Werbetreibenden geht es bei der Interoperabilität nämlich nicht um die Kompatibilität von Clean Room zu Clean Room. Es geht darum, eine nahtlose Zusammenarbeit zu ermöglichen, unabhängig von der internen Struktur des Unternehmens und seiner Partner.

Und bei dem Aspekt sprechen wir direkt vom Mindset der Tech-Anbieter, mit denen ein Unternehmen zusammenarbeitet. Heutzutage sollte es das Hauptziel jedes Anbieters sein, die Zusammenarbeit mit jeder Art, Größe und jedem Format von Daten an jedem Ort mit nur wenigen Klicks zu ermöglichen. Natürlich sind wir davon leider noch weit entfernt. Diese nahtlose Zusammenarbeit sollte aber nicht davon abhängen, dass alle Beteiligten in derselben Cloud oder demselben Data Warehouse sitzen, dieselbe Datentaxonomie haben oder sogar eine gemeinsame Kennung besitzen. Aber wie erreichen wir das?

Alle Daten, jeder Standort

Viele Lösungen, die Interoperabilität vorgeben, setzen wie erwähnt voraus, dass die Daten in derselben Cloud oder bei demselben Data-Warehouse-Anbieter gehostet werden. Eine Lösung ist es, die Datenspeicherlösungen eines Unternehmens von der Data Collaboration zu trennen. Der Fokus sollte also nicht auf der Datenspeicherung (was bei Data Clean Rooms ja ohnehin nicht stattfinden sollte) liegen, sondern darauf, wie zusammengearbeitet werden kann und wie Privacy Enhancing Technologies (PET) dies ermöglichen können.

Ist die Quelle und der Standort erst einmal irrelevant, können Daten zum Beispiel AWS von, Snowflake, benutzerdefinierten Lösungen oder auch CDPs, DMPs, CRMs und mehr miteinander kommunizieren. Die PETs sorgen dafür, dass auch weiter nur der Dateneigentümer Zugriff hat. Welcher Technologieanbieter am anderen Ende aber wartet, ist im Grunde egal.

Alle Taxonomien, jedes Format

Eine große Herausforderung bei der Data Collaboration besteht darin, dass keine zwei Datensätze identisch sind. Noch schwieriger wird es, wenn mehrere Parteien beteiligt sind. So kann beispielsweise das Geburtsdatum auf zahlreiche Arten dargestellt werden, zum Beispiel als MM/TT/JJ, Monat, Tag, Jahr oder einfach als Jahr. Es braucht also einen Rosetta-Stein, der Daten in verschiedenen Formaten automatisch in einer gemeinsamen Sprache abbildet. Die (globalen) Unterschiede dürfen die Zusammenarbeit nicht behindern. Diese Unterschiede müssen jedoch berücksichtigt werden, sonst hakt es im Prozess. Das Ganze geht natürlich über Geburtsdaten hinaus. Unabhängig davon, ob die Daten gehasht, roh oder transformiert sind, müssen sie miteinander abgeglichen werden können.

Alle Identifikatoren, jedes Skill-Set

Eine weitere große Hürde bei der Data Collaboration ist das Fehlen eines universellen Identifikators. Unternehmen verwenden verschiedene Identifikatoren, von E-Mail und Telefonnummern bis hin zu Mobile Ad IDs (MAIDs), Cookies und anderen Third-Party-Identifikatoren. ID-Bridge-Partner erlauben an dieser Stelle die Zusammenarbeit auch dann, wenn kein gemeinsamer Identifikator verfügbar ist.

Verschiedene Organisationen verfügen über unterschiedlich tiefgreifende Fähigkeiten. Während einige Unternehmen über fortschrittliche Data-Science-Ressourcen verfügen, sehen wir immer häufiger, dass Marketingexpert:innen und andere Businessanwender:innen die primären Eigentümer:innen der Data Clean Room-Technologien sind. Es muss daher verschiedene Möglichkeiten geben, eine Plattform zu nutzen, von Full- bis hin zu No-Code. Query-Tools müssen Data Scientists alle Werkzeuge an die Hand geben, die sie benötigen.

Gleichzeitig muss eine auf das Marketing ausgerichtete Benutzeroberfläche mit wenigen Klicks zu umfassenden Erkenntnissen führen, um effektive Kampagnen zu planen und die Performance zu messen. Im Sinne der Interoperabilität müssen also konsequenterweise auch zusätzliche Orchestrierungsschichten eliminiert werden.

Es ist Zeit für Interoperabilität!

Data Clean Rooms sind ein gutes Beispiel dafür, in welchem Bereich das Thema Interoperabilität aktuell vorangetrieben wird. Wenn wir uns als Player des Open-Web-Ökosystems jedoch langfristig und nachhaltig behaupten wollen, dann sollten wir alle etwas zusammenrücken und Interoperabilität viel weiterdenken. Es gilt, den Geist des Themas in die gesamte Werbebranche hineinzutragen.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Alistair Bastian Über den Autor/die Autorin:

Alistair Bastian verantwortet als Chief Technology Officer (CTO) bei Infosum die technologische Produktentwicklung der führenden Data Collaboration-Plattform. Seit seinem Start bei Infosum 2018 war er maßgeblich an der Entwicklung der grundlegenden technologischen Infrastruktur beteiligt, darunter Innovationen wie die Infosum Bunker, Differential Privacy und synthetische IDs, die eine nahtlose und datenschutzsichere Data Collaboration ermöglichen. Vor Infosum war Alistair Bastian Principal Architect bei Datasift, wo er die neu definierte, wie Unternehmen Social-Media-Daten nutzen. Weitere Stationen seiner Karriere umfassen BAE Systems Digital Intelligence und Sun Microsystems. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Technologiesektor verfügt Alistair Bastian über umfassende Kenntnisse in den Bereichen Privacy by Design, dezentrale Systeme und Data Science.

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