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STUDIEN & ANALYSEN

Wie viel Aufmerksamkeit für Werbung ist genug?

Anton Priebe, 11. Juli 2024
Bild: Marina Vitale – Unsplash

Es ist unstrittig, dass Werbeanzeigen gesehen werden müssen, um einen Effekt zu erzielen. Audio bildet hierbei die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt. In der Digitalwerbung gilt Viewability als eine der Metriken, die garantieren sollen, dass ein Werbemittel die Chance bekommt, von Usern wahrgenommen zu werden. Allerdings ist es ein Unterschied, ob eine Anzeige lediglich sichtbar ist oder eine Person ihr aktiv Aufmerksamkeit schenkt. In den letzten Jahren hat sich daher Attention als eine weitere Kennzahl herauskristallisiert, auf die Marketer ihre Kampagnen optimieren wollen. Je höher die Aufmerksamkeitsspanne, die Nutzer:innen einer Ad widmen, desto besser. Doch wie viel Aufmerksamkeit ist genug? Der australische Attention-Spezialist Playground Xyz hat nun untersucht, wie viele aufmerksame Sekunden Marken für ihre Videos ergattern müssen, um verschiedene Brand-Metriken spürbar zu steigern, und welche Rolle das Umfeld sowie das Creative dabei spielen.

Playground gehört zum US-amerikanischen Contextual- und High-Impact-Spezialisten Gum Gum, der sich bei der Optimierung schon länger auf Aufmerksamkeitsforschung im Rahmen von Werbung stützt und das Techunternehmen daher Ende 2021 übernahm. Ursprünglich aus Sydney betreiben die Australier mittlerweile Niederlassungen in Singapur, dem Vereinigten Königreich und den USA. Playground veröffentlicht regelmäßig Forschungsergebnisse und legt mit dem neuesten Paper “Optimal Attention – Exploring the relationship between brand outcomes and Attention Time” einen interessanten Einblick in das Spannungsfeld zwischen Aufmerksamkeit und Werbung vor.

Studienaufbau und Hintergrund

Für die Studie führte Playground 100 Experimente mit Werbemitteln von 35 Marken aus acht Branchen auf drei Kontinenten durch. Per Eye-Tracking analysierten die Forscher:innen die Augenbewegungen von 20.000 Probanden, während sie eine der 55 Videoanzeigen zu Gesicht bekamen. Diese wurden in die Feeds von Instagram, Facebook, Tiktok und Youtube eingebettet, mit dem Hinweis, die Social-Media-Plattform wie üblich für drei bis fünf Minuten zu nutzen. In dieser Zeitspanne sahen die Probanden genau ein Video auf einer Plattform. Im Anschluss füllten sie eine kurze Umfrage aus, um Veränderungen rund um die Brandmetriken festzustellen. Dabei ging es um Kennzahlen wie Markenbekanntheit (Brand Awareness), -erinnerung (Brand Recall), -erwägung (Brand Consideration) oder die Kaufabsicht (Purchase Intent).

Das Ziel der Untersuchung war es zu ergründen, warum die Aufmerksamkeitsspanne für unterschiedliche Werbevideos variiert und welchen Einfluss die Marken, Formate, Kanäle und Creatives darauf haben. Im Kern geht es Playground darum herauszufinden, wie lange einer Werbeanzeige Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, bis sie etwas bewirkt. Denn das Unternehmen arbeitet darauf hin, sich die Aufmerksamkeit der Internetnutzer:innen mindestens für diese minimale Zeitspanne mit Werbung zu sichern. Dafür arbeitet Playground mit der Metrik “Attention Time” und meint damit die Zeit, in der eine Ad tatsächlich aktiv fixiert wurde. Die “Optimal Attention” ist wiederum der Schwellenwert, damit ein Effekt erzielt wird.

Erkenntnis #1: Attention für oberen und mittleren Funnel geeignet, für unteren weniger

Die Experimente konnten veranschaulichen, dass die Optimierung der Bewegtbildkampagnen auf Aufmerksamkeit hin schnelle Ergebnisse im oberen und mittleren Teil des Marketing-Funnels verspricht. Playground nennt insbesondere positive Effekte auf Markenbekanntheit, -erinnerung und -erwägung. Im Schnitt reichen 1,4 Sekunden “Attention Time”, um im oberen Funnel die Markenbekanntheit um 10 Prozent zu steigern. Im mittleren Funnel sind 1,6 Sekunden für den gleichen Zuwachs bei der Markenerwägung und 3,9 Sekunden für den Brand Recall nötig.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die positiven Effekte für die Upper-Funnel-Kennzahlen nochmals deutlich ansteigen, falls über die Hälfte des Videos gesehen wurde. Auch wenn die Daten darauf hindeuten, dass Aufmerksamkeit als ein Treiber für die Upper-Funnel-Metriken gelten kann, dient sie anscheinend weniger als Stellschraube für den Lower Funnel wie etwa die Kaufentscheidung. Denn hier spielen unzählige Faktoren hinein, so die Wissenschaftler:innen, wie beispielsweise der Preis, die Qualität oder Bedürfnisse der Verbraucher:innen.

Erkenntnis #2: Das Creative gibt den Ton an

Das Werbemittel – in diesem Fall das Video – bestimmt, wie hoch die minimale Aufmerksamkeitsspanne sein muss, um spürbare Ergebnisse zu erzielen. Die Analyse ergab, dass die Schwellenwerte für die sogenannte “Optimal Attention” in 94 Prozent der Fälle je nach Werbemittel unterschiedlich lagen. Das Umfeld – in dem Fall die Social-Plattform – spielte eine untergeordnete Rolle. So konnte ein Creative auf der gleichen Plattform mit einer Sekunde Aufmerksamkeit einen Uplift erzeugen, während ein anderes mehr als 12 Sekunden benötigte.

Die Mediaeinkäufer:innen sollten jedoch nicht den Preis der Anzeigen aus den Augen verlieren. Die Wahl der Plattform kann einen erheblichen Einfluss auf die Kosten haben, wenn dieser Faktor bei der Optimierung mit einbezogen wird.

Erkenntnis #3: Branding zahlt sich aus

Die dritte Schlussfolgerung der Forscher:innen ergab sich bei der Kombination mit einem zusätzlichen neurowissenschaftlichen Experiment, bei dem die Gehirnströme von Probanden gemessen wurden. Playground zeigte den Studienteilnehmer:innen dazu im Verlauf von 150 Labor-Sessions 1.800 Werbeanzeigen auf Facebook, Instagram und Tiktok. Gleichzeitig untersuchten die Wissenschaftler:innen die Gehirntätigkeit.

In Sachen Neurowissenschaften konnte wenig überraschend nachgewiesen werden, dass kreative Werbemittel eher im Gedächtnis gespeichert werden. Dies wiederum soll sich auf Markentreue und Verkaufszahlen auswirken. Abermals bestätigte das Experiment, dass das Umfeld – die Plattform – keine Auswirkungen darauf hatte, wie fokussiert die Personen auf die Werbung waren.

Wie bekannt die Marke im Vorfeld war, hatte hingegen eine signifikante Bedeutung für die notwendige Aufmerksamkeitsspanne, um Marketingergebnisse zu erreichen. Marken mit einer bereits bestehenden Brand Awareness von über 75 Prozent konnten öfter eine “Optimal Attention” von unter zwei Sekunden erzielen. Die Chancen dieser Brands, sogar unter einer Sekunde einen merklichen Uplift zu erreichen, waren doppelt so hoch.

Playground erklärt dies neben der Markenbekanntheit mit dem Einsatz markanter Elemente wie visuelle Darstellungen, Farben oder Jingles. Die Nutzung dieser Assets lösen starke Reaktionen im Gehirn aus, ohne dass nennenswert mit der Ad interagiert werden muss. Eine starke Marke hat also Vorteile, wenn Advertiser ihre Werbemaßnahmen auf die Metrik Attention ausrichten.

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