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BRANDING

Langfristige Markenstärkung statt kurzfristiger Erfolge führt aus der Krise

Sven Markschläger, Frank Sültmann, 2. Juli 2024
Bild: Rafif Prawira – Unsplash

Deutschland befindet sich weiterhin in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase. Im vierten Quartal 2023 schrumpfte das BIP um 0,5 Prozent. Von Januar bis März wuchs es jedoch wieder um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal – die Rezession konnte knapp vermieden werden. In solchen Zeiten schnallen viele Unternehmen dennoch den Gürtel enger. Oft trifft es als Erstes das Marketing, was erheblichen Druck auf die Beteiligten ausübt.

Eine Studie des Brand-Spezialisten Frontify zeigt, dass 77 Prozent der CMOs in der DACH-Region derzeit mehr Stress empfinden als während des Höhepunkts der Corona-Krise. Fast die Hälfte der Marketing-Entscheider kürzt ihre Budgets und reduziert die Zusammenarbeit mit Agenturen. In solchen Phasen liegt der Fokus oft auf kurzfristigen Zielen, was nachhaltige Markenstrategien gefährden kann.

Trotz des technologischen Fortschritts und umfangreicher Daten bleibt effektives und ganzheitliches Marketing-Modeling häufig Wunschdenken. Es reicht nicht, isolierte Datenpunkte zu betrachten – es braucht ein umfassendes Bild der Marktbedingungen, Verbraucherpräferenzen, Wettbewerbslandschaft und dynamischen Einflüsse. Doch die vorhandenen Modelle, die aktuell im Marketing genutzt werden, sind nicht in der Lage, diese Komplexität abzubilden. Marketingmaßnahmen werden primär nach ihrem ROI beurteilt.

Den Marketern kommt ihr Bauchgefühl abhanden

Langfristig führt dieser Fokus auf kurzfristige, messbare Erfolge jedoch zur Erschöpfung der Marke. Wenn Marketingmaßnahmen ausschließlich nach ihrem ROI bewertet werden, verliert intuitives und kreatives Marketing an Bedeutung, da es mehr Zeit und Überlegung erfordert – und sich nicht direkt in den Zahlen niederschlägt.

Diese risikoaverse Haltung der Marketing-Entscheider erschwert es, sich von der Konkurrenz abzuheben. Eine ausgewogene Betrachtung, die sowohl kurzfristige Erfolge als auch langfristige Markenstärkung und Innovationspotenzial einbezieht, ist essenziell für nachhaltigen Marketing-Erfolg. Es gilt daher, unsere Ansätze zu überdenken und anzupassen, um die Stärke der Marke auch in herausfordernden Zeiten zu bewahren.

Reizüberflutung der Nutzer und Maßnahmen dagegen

Wir müssen uns eingestehen, dass wir im Marketing aktuell über das Ziel hinausschießen. Jeder YouTube-Nutzer kennt die störenden, irrelevanten und unaufhörlichen Werbeanzeigen. Das führt dazu, dass Nutzer den Dienst meiden oder Adblocker verwenden.

In herausfordernden Zeiten einen großen Teil der Budgets in Performance Marketing zu shiften, ist zu kurz gedacht. Natürlich kann Conversion-optimiertes Marketing den Verkauf ankurbeln, aber langfristig erfolgreiche Marken sind auf eine tiefe emotionale Verbindung zu ihren Kunden angewiesen. Heutzutage machen viele Unternehmen etwas Ähnliches. Die Lösung kann nicht sein, nur auf kurzfristige Leistungskennzahlen zu setzen. Es gilt, eine starke, nachhaltige Marke zu schaffen, um eine intensive Verbindung zu den Kunden aufzubauen.

Wir sollten uns deshalb auf individualisierte und respektvolle Konsumentenansprache konzentrieren – darauf, was den Nutzern zu einem bestimmten Zeitpunkt wichtig ist. Technologien wie künstliche Intelligenz und Datenanalytik spielen eine entscheidende Rolle dabei, die Präferenzen der Nutzer zu erkennen und relevante Werbung auszuspielen.

Risikomanagement vs. innovatives Marketing

Wie können Unternehmen das Gleichgewicht zwischen Risikomanagement und innovativem Marketing am besten managen? Entscheidend ist die Etablierung einer Kultur des Testens und Experimentierens. Wir sollten bereit sein, neue Wege zu gehen und dabei die Ergebnisse sorgfältig zu analysieren. Flexibilität und die Bereitschaft, Strategien rasch anzupassen, sind essenziell. Zudem sollten Mitarbeitende genügend Entscheidungsfreiraum erhalten, um kreativ mit internen Experten sowie externen Partnern an Lösungen arbeiten zu können. Die Zeit, in der der dienstälteste Marketingverantwortliche den Überblick über alle Kanäle hat und mit Daumen hoch/runter entscheidet, ist vorbei. Wenn man 45 ist, erzählt man einem Junior nicht mehr, wie Tiktok funktioniert.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Kreativität. Viele Werbungtreibende haben ihr in den letzten Jahren nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Das rächt sich nun mit Usern, die zunehmend genervt auf Werbung reagieren. Anstatt auf standardisierte Werbeformate zu setzen, die zwar Reichweite, aber wenig positive Wirkung auf das aktive Mindset der Verbraucher generieren, sollten wir uns auf herausragende Kampagnen konzentrieren, die wirklich Aufmerksamkeit erregen und die Essenz einer Marke reflektieren. Es geht auch darum, Kanäle sowie thematische Umfelder zu bespielen, die von der Zielgruppe in relevanten Momenten genutzt werden.

Attention im Fokus: Wirkungsvolle Marketingansätze in Krisenzeiten

Aktuell wird Contextual Advertising für Werbungtreibende immer relevanter. Diese Form der Werbung zeichnet aus, dass sie Ads im direkten Kontext des Nutzerverhaltens platziert, anstatt Nutzer auf Basis ihres Verhaltens der letzten Woche oder anhand einzelner Keywords zu segmentieren. Der Mehrwert von kontextbezogener Werbung liegt vor allem auch darin, dass die Attention der Nutzer durch die Auswertung vielfältiger Engagement-Signale quantifiziert werden kann. Aufmerksame User sind besonders wertvoll. Auf diese sollten sich Werbungtreibende konzentrieren, dann verschwenden sie auch kein wertvolles Budget! Auch in Deutschland zieht der Einsatz von kontextbezogener Werbung stark an und dieses Wachstum wird sich auch dieses Jahr nahtlos fortsetzen.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Sven Markschläger Über den Autor/die Autorin:

Mit einer Karriere, die mehrere renommierte Positionen umfasst, hat sich Sven als treibende Kraft in der digitalen Transformation und im Markenmanagement etabliert. Als Chief Digital Officer bei der Krombacher Gruppe war er maßgeblich daran beteiligt, digitale Transformationsinitiativen für namhafte Marken wie Krombacher, Schweppes, Dr. Pepper, Vitamalz, Orangina, und Vitamalz zu leiten. Seine Expertise umfasst E-Commerce, D2C, CRM, Adtech, PIM, DAM, Loyaltykonzepte und digitale Produktentwicklung. Zuvor war Sven als Senior Account Executive & Business Development Lead bei Twitter Deutschland GmbH tätig und bekleidete die Position des Country Manager Digital bei IKEA Deutschland GmbH & Co. KG. Aktuell berät Sven die Vogel Communications Group GmbH & Co. KG.

Bild Frank Sültmann Über den Autor/die Autorin:

Frank Sültmann ist Managing Director Nordeuropa bei GumGum, einer Plattform für kontextbezogene Werbung. Mit umfassender Expertise, die er in leitenden Positionen bei Agenturen sowie im Vermarktungs- und Tech-Bereich erworben hat, und einem weitreichenden Branchennetzwerk, verantwortet Frank die Geschäftsentwicklung von GumGum in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Dänemark. Sein Fokus liegt auf dem Ausbau der Nutzung der proprietären Mindset Platform. Vor seiner Tätigkeit bei GumGum trug er bei Livewire und Amnet wesentlich zur Entwicklung und erfolgreichen Markteinführung neuer Kundenlösungen bei. Darüber hinaus hat er bei Nielsen, Yieldlab und OMD erfolgreich Wachstums- und Veränderungsstrategien implementiert.

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