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Haltung zeigen: Lasst unseren Worten Taten folgen

Olaf Peters-Kim, Thomas Koch, 1. Juli 2024
Bild:  Miguel Bruna – Unsplash

Angesichts des Superwahljahrs 2024 und der turbulenten politischen Entwicklungen der letzten Monate setzen immer mehr Marken auf eine Kommunikation, die ihre Haltung und das Engagement für eine starke Demokratie betont. Diese Marken erkennen, dass sie eine gesellschaftliche Verantwortung tragen und dass ihre Botschaften nicht nur den Konsum, sondern auch das gesellschaftliche Bewusstsein beeinflussen können. Dabei ist es jedoch nicht nur entscheidend, was kommuniziert wird, sondern auch wo diese Kommunikation stattfindet. Die Wahl der Plattformen, auf denen Marken werben, hat weitreichende Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs, die Medienlandschaft und damit auf die Pressefreiheit und Medienpluralität.

In einer Zeit, in der die Demokratie weltweit auf dem Prüfstand steht, ist die Unterstützung der freien und unabhängigen Medien von zentraler Bedeutung. Klassische Nachrichtenmedien spielen eine entscheidende Rolle bei der Information der Öffentlichkeit und der Bereitstellung von fundiertem Journalismus. Sie sind wichtige Säulen der demokratischen Gesellschaft, da sie zur Meinungsbildung beitragen und Missstände aufdecken. Doch diese traditionellen Medien stehen unter finanziellem Druck, der durch den zunehmenden Werbefluss hinter die sogenannten Walled Gardens weiter verschärft wird.

Lasst uns die Pressefreiheit stärken…

Walled Gardens sind geschlossene Werbeökosysteme, in denen ein großer Teil der digitalen Werbegelder konzentriert wird. Die Kritik an diesem geschlossenen Ökosystemen ist vielfältig und reicht von fehlender Transparenz, über Datenschutzbedenken bis hin zu Wettbewerbsverzerrung durch die Marktdominanz der großen Anbieter. In einem Superwahljahr wie diesem müssen wir uns als Branche aber vor allem eins vor Augen führen: Während die Werbegelder in diese digitalen Netzwerke fließen, bleiben die klassischen Medien auf der Strecke. Eine große Mehrheit der weltweiten Werbebudgets fließt schon heute hinter ihre geschlossenen Türen, Prognosen von Statista zufolge werden die großen Unternehmen bis 2027 voraussichtlich 83 Prozent der digitalen Werbeeinnahmen auf sich vereinen. Dies führt zu einer finanziellen Schieflage, die die Existenz und Unabhängigkeit der traditionellen Medien gefährdet

Marken, die sich für eine wehrhafte Demokratie einsetzen und ihre Haltung klar kommunizieren möchten, müssen daher kritisch hinterfragen, wie ihre Werbestrategien die Medienlandschaft beeinflussen. Es ist wichtig, dass sie sich der Konsequenzen bewusst sind, die ihre Werbeausgaben auf die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien haben. Indem sie einen Teil ihrer Werbegelder bewusst in klassische Medien lenken, können Marken dazu beitragen, die Pressefreiheit und Medienpluralität zu sichern. Ein ausgewogenes Werbebudget, das neben digitalen Plattformen auch traditionelle Medien berücksichtigt, ist daher nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine gesellschaftspolitische Entscheidung. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und einen positiven Beitrag zur Demokratie zu leisten. Marken können durch gezielte Werbung in klassischen Medien deren Überleben sichern und somit eine vielfältige und freie Medienlandschaft unterstützen.

…statt Hass und Desinformationen.

Dank einer Studie der Uni Stanford wissen wir außerdem, dass sich 75 Prozent der Hate- und Fake-News-Seiten im Internet durch Werbung seriöser Unternehmen finanzieren. Alleine aus Deutschland fließen jedes Jahr geschätzt 100 bis 150 Millionen Euro an Seiten, die unter Brand-Safety-Gesichtspunkten Schaden anrichten. Die Kampagne "#StopFundingHateNow" identifizierte 2022 2.500 namhafte Unternehmen aus dem DACH-Raum, die auf Hate- und Fake-News-Seiten warben. Gefühlt 95 Prozent aller Werbungtreibenden wissen nicht einmal, auf welchen Websites ihre Werbung erscheint.

Geben wir zu, dass wir mit programmatischer Werbeauslieferung falsch abgebogen sind. Programmatic arbeitet überwiegend mit qualitativ minderwertigen Daten (Arielle Garcia: „Targeting-Daten sind Schrott“). Wir müssen zurückkehren zu einer intelligenten, strategisch klugen und empathischen Mediaarbeit – zu Lösungen, die unsere Zielgruppen respektieren und sich an Wirkungskriterien orientieren.

Marken, die sich für eine wehrhafte Demokratie einsetzen wollen, müssen nicht nur durch ihre Botschaften, sondern auch durch die Wahl ihrer Werbeplattformen Haltung zeigen. Ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit Werbebudgets kann dazu beitragen, die Pressefreiheit und Medienpluralität zu sichern und somit die Grundlage für eine starke und funktionierende Demokratie zu bewahren. In einer Zeit, in der politische und gesellschaftliche Herausforderungen zunehmen, ist es wichtiger denn je, dass Marken ihre Verantwortung erkennen und aktiv zur Förderung demokratischer Werte und deliberativer Diskurse beitragen.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Olaf Peters-Kim Über den Autor/die Autorin:

Olaf Peters-Kim hat mit seinem Partner Philipp Dommers die Welect GmbH gegründet. Davor war er zehn Jahre CFO der Mediacom und seit 1998 bei der Grey Global Group Middle Europe in verschiedenen Positionen beschäftigt. Seit der Gründung arbeitet Welect daran, das Prinzip des mündigen, selbstbestimmt agierenden Nutzers auf den Werbekonsum im Internet zu übertragen.

Bild Thomas Koch Über den Autor/die Autorin:

Thomas Koch („Mr. Media“) ist 71 Jahre alt und seit 50 Jahren im Media-Business. Vierzehn Jahre verbrachte der Mediaplaner zunächst in namhaften Werbeagenturen, u.a. als Media-Chef bei GGK in Düsseldorf und Ted Bates Worldwide in Frankfurt. 1987 machte er sich in Düsseldorf mit thomaskochmedia (tkm) selbständig. tkm wird zur größten unabhängigen Mediaagentur Deutschlands. 2002 fusionierte Koch seine Agentur mit Starcom, wird CEO von tkmStarcom und somit der siebtgrößten Mediaagentur Deutschlands. 2007 stieg er aus und 2008 in die Geschäftsleitung der unabhängigen Mediaagentur Crossmedia ein. 2010 ist er Mitgründer von Plural Media Services in Berlin und coacht in Krisengebieten junge, regierungsunabhängige Medien. Von 2011 an berät er mit seiner Beratungsfirma tk-one Unternehmen, Medienhäuser und Agenturen. 2017 gründet er zusätzlich The DOOH Consultancy als erste Beratungsagentur für Digital-Out-of-Home.

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