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Was KI im Native Advertising leisten kann – und was nicht

Swen Büttner, 17. Juni 2024
Bild: André Volkmann – Unsplash

KI-Hype hier, KI-Hype dort: Auch im Native Advertising scheint Künstliche Intelligenz teilweise fast schon als heiliger Gral zu gelten. Ob Datenverarbeitung, Bildgenerierung oder Kontexterkennung: Viele Schritte bei der Umsetzung nativer Kampagnen können durch KI-Technologie in der Tat massiv beschleunigt werden. Im Idealfall können Werbungtreibende so mit weniger Aufwand mehr erreichen. Doch wo viel Licht ist, findet sich meist auch Schatten. An die Stelle einer anfangs überschwänglichen KI-Euphorie tritt zunehmend eine realistischere Einschätzung der tatsächlichen Möglichkeiten und erzielbaren Mehrwerte.

KI unterstützt Advertiser und Publisher gleichermaßen

Künstliche Intelligenz kann im Native Advertising verschiedene Aufgaben übernehmen. Dazu zählen heute beispielsweise bereits:

  • Erstellung von Werbemitteln, einschließlich der Texte und Bilder, aber auch von Videos und kompletten Landingpages
  • Optimierung der Zielgruppenansprache und Personalisierung von Anzeigen
  • Unterstützung bei der Kampagnen-Verwaltung
  • Automatisierung sich wiederholender Aufgaben
  • Generierung wertvoller Erkenntnisse auf der Grundlage von Echtzeitdaten
  • Deutliche Verkürzung der Entscheidungszeit für oder gegen eine Kampagne
  • Monitoring von Wettbewerbern

Und diese Möglichkeiten werden auch genutzt: Laut einer Studie des Capgemini Research Institute setzen bereits knapp 60 Prozent der Unternehmen generative KI im Marketing ein. Die Untersuchung „State of Marketing 2024“ des Anbieters Hubspot geht für Deutschland sogar von einem Wert von über 80 Prozent aus.

Neben der Kampagnen-Planung stehen vielfach generative KI-Lösungen im Fokus, mit denen sich die Erstellung von Werbemitteln und Content vereinfachen und massiv beschleunigen lässt. Beim Native Advertising ermöglicht dies zum Beispiel auf einfache Weise die Erstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Content-Varianten für eine Kampagne.

Während KI-Tools die kreative Produktivität steigern, indem sie Inspirationen liefern, Ideen generieren und bei Designelementen helfen, ist eine menschliche Qualitätskontrolle nach wie vor unerlässlich. Hier geht es nicht nur um typische und eher banale Fehler in KI-generierten Bildern wie überzählige Finger und Ähnliches. Unter Umständen noch schwerer wiegt die Frage, wie generisch das erstellte Material wirkt und ob es den Qualitätsstandards der jeweiligen Kampagne oder Marke entspricht. Besonders wichtig ist dies bei Kampagnen, für die qualitativ hochwertiger Content benötigt wird – Texte und Grafiken, die sich deutlich vom „Qualitätslevel“ reiner Made-for-Advertising-Websites (MFA) abheben.

KI-Algorithmen sind darüber hinaus in der Lage, das Verhalten und die Vorlieben der Nutzer zu analysieren und auf dieser Basis personalisierte Content-Empfehlungen zu liefern. Indem sie genauer verstehen, wofür sich die Nutzer interessieren, können Advertiser und Publisher Inhalte noch stärker auf den individuellen Geschmack zuschneiden und so die Bindung der Nutzer und die Wirksamkeit der Kampagne erhöhen. Ein solches zielgenaues Ausspielen kann sich gerade für Publisher direkt auf die Monetarisierung auswirken.

Datenzugriff: KI ist kein rechtsfreier Raum

Problematisch kann in diesem Zusammenhang die Herkunft der Datenbasis sein. Denn Datenschützer stellen immer häufiger die Frage, auf welche Daten gängige KI-Tools hier eigentlich zugreifen und unter welchen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dies geschieht. Gleichzeitig wehren sich viele Autoren und Publisher gegen eine kostenlose Nutzung und Analyse ihres Contents. Ein Themenkomplex, für dessen Lösung auch die Regulierungsbehörden gefragt sind, um Prozesse und Richtlinien zu etablieren, die für alle beteiligten Akteure gangbar sind. Aktuell ist davon auszugehen und auch zu hoffen, dass in den kommenden ein bis zwei Jahren entsprechende Regelungen geschaffen werden.

Trotz KI: Ohne Ausprobieren geht es auch künftig nicht

Die Abhängigkeit von den Ausgangsdaten ist auch generell ein Faktor, der das Potenzial von KI begrenzt. Denn die Tools benötigen initial erst einmal Daten, mit denen sie arbeiten und auf denen die KI-Modelle trainiert werden können. Daher wird für die Optimierung von Werbekampagnen auch künftig immer eine anfängliche Explorationsphase notwendig sein, die sich durch KI nicht vollständig ersetzen lässt. Gleichzeitig ist die sorgfältige Aufbereitung der Daten von entscheidender Bedeutung: 80 Prozent des Modellerfolgs basieren auf richtig ausgewählten Trainingsdaten.

Blindes Vertrauen in die KI ist fehl am Platz

Doch selbst wenn eine solide Datenbasis als Grundlage vorliegt und bei der Auswahl der Trainingsdaten optimal vorgegangen wurde: Einfach blind vertrauen sollte man den Ergebnissen und Empfehlungen der KI auch dann nie. Vermeintliche Muster, die von KI-Modellen gefunden werden, sollten immer von Menschen überprüft und hinterfragt werden: Lässt sich eine logische, aus menschlicher Sicht nachvollziehbare Erklärung für das identifizierte Muster finden? Lässt sich darauf eine Argumentation aufbauen, der Marketingverantwortliche folgen können? Oder hat das Tool eher zufällig entstandene „Muster“ erkannt, die keine echte Relevanz für die Kampagne haben? Wer diesen Fragen konsequent folgt, schützt sich wirksam vor möglichen Fehlern der KI und schafft einen zusätzlichen Sicherheitspuffer. Gleichzeitig lassen sich auf diese Weise die Vorteile der KI mit menschlicher Expertise kombinieren.

Fazit

Richtig eingesetzt, bietet KI sowohl Advertisern als auch Publishern im Native Advertising durch die Automatisierung und Rationalisierung vieler Prozesse klare Vorteile. Tools leisten Hilfestellung beim schnellen Erstellen von Inhalten und Werbemitteln und sie unterstützen bei der datengesteuerten Planung, beim Management und bei der Optimierung von Kampagnen. Dazu gilt es, die richtigen Prompts zu schreiben und die richtigen Daten für das Training der Modelle aufzubereiten. Eventuelle Fehl- und Rückschläge sind dabei ein völlig normaler Bestandteil der Lernkurve für Marketingverantwortliche.

Durch die weite Verbreitung stellt sich mittlerweile auch kaum noch die Frage nach einem Wettbewerbsvorteil für Advertiser und Publisher, die KI-Tools nutzen, sondern es verhält sich eher umgekehrt: Wer sie nicht einsetzt, wird perspektivisch an Boden gegenüber der Konkurrenz verlieren. Dieser Trend wird sich mit künftigen Generationen von KI-Tools noch weiter verstärken.

So leistungsstark manche KI-Werkzeuge allerdings bereits erscheinen mögen, eines wird KI auf absehbare Zeit dennoch nicht ersetzen können: Die Erfahrung und den menschlichen Faktor, der die entscheidende Grundlage für erfolgreiche Kampagnen bildet. Wer dies realisiert und die Grenzen der KI respektiert, hat gute Karten, im Zusammenspiel aus menschlicher Expertise und KI-Unterstützung den maximalen Nutzen aus der Technologie zu ziehen.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Swen Büttner Über den Autor/die Autorin:

Swen Büttner ist Managing Director Germany bei MGID.

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