Die heutige Medienlandschaft ist stark fragmentiert und zwingt Werbetreibende mehr denn je dazu, mehrkanalige Werbekampagnen aufzusetzen. Die Herausforderungen bei Multi-Channel-Kampagnen sind zahlreich. Sie beginnen schon damit, dass ein Advertiser erst einmal ein Ziel definieren muss, das kanalübergreifend verfolgt werden kann und soll. Ob sich dies anhand einer einzigen Kennzahl festlegen lässt, die für alle Kanäle funktioniert, sei dahingestellt. Hinzu kommen operative Herausforderungen und Differenzen, wie Gunnar Neumann, Geschäftsführer des Martech-Unternehmens Mercury Media Technology, weiß.
Vielfältige Herausforderungen
Der Fachmann teilt diese konkret in drei wesentliche Dimensionen auf. “Erstens der ‘Way of working’ von A bis Z. Jede Gattung, jeder Kanal wird heute noch komplett unterschiedlich geplant, gebucht, gemessen et cetera”, meint Neumann. Das bedeute auch, dass in Agenturen andere Teams, unterschiedliche Planungs- und Optimierungs-Tools sowie andere Zeitdimensionen – etwa mit Blick auf die Vorlaufzeiten – ins Spiel kommen. So würden beispielsweise besonders in Kanälen wie ATV oder DOOH noch “Grabenkämpfe” zwischen digitalen und klassischen Teams herrschen.
Zweitens verweist der Ex-Agenturler auf die Abrechnungswährung. “Klassisch GRP, TRP, moderner CPM, oder doch CPC, CPL, CPX, Festpreis? Jede Gattung hat eine Art von ‘Standard’ – und der unterscheidet sich oft stark voneinander”, sagt Neumann. Hinzu kämen Themen wie Sichtbarkeit, Fraud & Co. “Kunde A rechnet anders ab als Kunde B”. Die dritte Dimension ist eng damit verbunden und betrifft die Messmethoden. So würden in klassischen Gattungen sehr kleine und differente Panels zum Einsatz kommen, wobei starke Hochrechnungen bei der Auslieferung an der Tagesordnung seien. In Digital hingegen werde nicht 1:X, sondern 1:1 gemessen, teilweise mit eigenem Adserver, teilweise nur belegt durch die Daten des Vermarkters. Oft sei dies bei den Plattformen der Fall, wobei die wirklich sichtbare Auslieferung uneindeutig bleibe. “Am Ende findet fortlaufend ein riesengroßer Kampf pro Gattung, pro Kanal, pro Vermarkter et cetera um die jeweilige Maximierung der eigenen Marge gegen die Abrechnungswährung statt”, erläutert Gunnar Neumann. Trotz der chaotischen Situation erwartet der Mercury-Geschäftsführer in den nächsten Jahren immerhin eine Angleichung in Richtung TKP.
Kanal für Kanal
Jeder Kanal und jede Gattung hält wiederum seine eigenen Problemstellungen bereit und braucht seine Expert:innen. So sieht Neumann bei den Plattformen nur minimale Chancen, eigene Messungen durchzuführen. Im Influencer Marketing mangele es an Standards und Messbarkeit, im Affiliate Marketing hapere es an Transparenz. Im TV seien die Panels bei vielen Sendungen und Sendern an der maximalen Untergrenze, während die durchschnittliche Leseranzahl in Print ebenfalls fragwürdig berechnet werde. Mit Blick auf die Buchungsform wird es noch komplizierter. Bei Programmatic steht die Frage im Raum, was wirklich in den Maschinen passiert, “Stichwort SPO, Stichwort Blackbox zwischen SSP und DSP und so weiter”, meint Neumann.
Ein Player, der zumindest im TV für mehr “harte Daten” sorgen möchte, ist das französische Realytics, das mittlerweile zur RTL-Tochter Smartclip gehört. Der Attributionsspezialist wurde 2014 gegründet und misst übergreifend CTV, ATV und lineares TV. Dazu erstellt die Lösung eine Haushalts-ID für anonymisierte IP-Adressen, indem sie Mikrozellen bildet, also mehrere IP-Adressen bündelt, um Unschärfe zu erzeugen. “Der Werbemarkt fordert seit der Existenz der Videowerbung eine einheitliche Messung jeder Art von Video”, meint Valérie Teboul-Weber, Director of Research and Media Expertise von Realytics. “Das ist einer der Säulen, die wir ‘Total Video’ nennen, und da macht der Fernsehbildschirm keine Ausnahme.” Der Markt müsse Wege finden, um Multichannel-Videoquellen transparent messen und vergleichen zu können. Dafür gebe es unterschiedliche Ansätze. “Bei Realytics haben wir unsere Methode deterministisch aufgebaut und stützen uns auf eine einzige Datenquelle, um eine echte Datennutzung zu liefern”, sagt Teboul-Weber. “Mit der Methode erhalten Werbetreibende mehr Genauigkeit und ein reales Bild davon, wo sich ihre Zielgruppe aufhält.”
Mercury selbst hält mit seinem MMM-Ansatz an dem Werbeeuro als gemeinsame Grundlage fest. “Dies ist die einzige Größe, die übergreifend ‘steuerbar’ ist. Ich kann mehr Geld oder weniger Geld ausgeben. Natürlich muss man dabei auch prüfen, ob innerhalb der Kanäle gut gearbeitet wird”, sagt Gunnar Neumann.
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