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Die Folgen der Content-Flut für die Werbung

Karsten Zunke, 18. Juni 2024
Bild: Lance Asper – Unsplash

Die Content-Flut steigt. Der Informations-Overload ist aber nicht nur ein Problem für Konsumenten. Auch für Werbetreibende wird es schwerer, mit passenden Botschaften herauszustechen. Umso wichtiger ist es, Kampagnen dort auszuliefern, wo sie ihre Werbewirkung entfalten können. Welche Rolle dabei der Kontext, die Aufmerksamkeit und Künstliche Intelligenz spielen – darüber hat ADZINE mit Christian Zimmer, Managing Director Teads Deutschland, gesprochen.

Bild: Teads Christian Zimmer, Teads

ADZINE: Wir erleben aktuell eine wahre Content-Flut, die sich dank KI noch verstärken dürfte. Wird es dadurch künftig schwieriger, Aufmerksamkeit auf die Werbung zu lenken – oder einfacher?

Christian Zimmer: Diese Entwicklung muss man aus Konsumentensicht betrachten, weil das die Zielgruppe ist, für die wir Werbung schalten. Durch die Weiterentwicklung der Endgeräte haben Konsumenten einerseits neue Möglichkeiten erhalten, welchen Content sie wo und wie konsumieren möchten. Andererseits ist der Content mittlerweile deutlich fragmentierter, weil man mit KI viel schneller Content produzieren kann. Für Konsumenten wird es aufgrund der Fülle an neuem Content deutlich komplexer, relevante Inhalte zu konsumieren. Content ist der König, aber die Auffindbarkeit der Inhalte ist „die Königin“. Die Art von Intelligenz, die wir benötigen, ist die Fähigkeit zu erkennen, ob dieser Inhalt für die Zielgruppe von hoher Relevanz ist, sodass sich das Schalten von kontextbezogener Werbung darin lohnt.

ADZINE: Welche Folgen hat diese Entwicklung?

Zimmer: Es wird mehr Cherry-Picking-Lösungen geben. Künstliche Intelligenz wird uns dabei helfen zu erkennen, welche Zielgruppen sich in welchen Inhalten und Kontexten erreichen lassen, um dann im nächsten Schritt zu entscheiden, wie das Werbemittel aufgesetzt werden muss, damit es auch tatsächlich gesehen wird. Die Auffindbarkeit des relevanten Contents ist die größte Herausforderung für den Konsumenten – und auch für uns.

ADZINE: Wird Aufmerksamkeit die neue Währung im Advertising?

Zimmer: Wir haben bereits vor drei Jahren gemeinsam mit Lumen begonnen, Aufmerksamkeit zu messen. Lumen ist ein Predictive-Tool mit hinterlegtem Eye-Tracking, das ermittelt, wie lange ein Werbemittel im Augenkontakt mit einem User gewesen ist. Diese Zahlen lassen sich als „attentive seconds“ als Währung für die Aufmerksamkeit abbilden. Das ist gut messbar und aus unserer Sicht der richtige Weg. Noch wird eine digitale Werbeform sehr gerne über eine Viewability abgebildet, die als KPI herangezogen wird. Aber Viewability stellt nicht dar, ob die notwendige Werbewirkung erzielt wurde. Wir wissen, dass Aufmerksamkeit als KPI den Erfolg einer digitalen Werbung um zwei Drittel besser prognostizieren kann als die reine Sichtbarkeit. Aus unserer Sicht ist daher Attention der KPI, mit dem wir in Zukunft Media optimieren müssen.

ADZINE: Auch in der Post-Cookie-Ära wird der Erfolg der Werbung von ihrer Relevanz abhängen. Mit dem Third-Party-Cookie wird ein wichtiger Baustein für die gezielte Nutzeransprache – irgendwann – abgeschafft. Wie seht ihr die aktuelle Diskussion?

Zimmer: Wer auf Third-Party-Cookies setzt, ist in seiner Zielgruppenansprache sehr limitiert und erreicht schon heute nur maximal 30 Prozent der Nutzer. Insofern ist die Aufregung um die Cookie-Abschaltung aus unserer Sicht unverständlich. Wir haben schon seit geraumer Zeit verschiedene Lösungen im Portfolio, die cookieloses Targeting beispielsweise mithilfe von kontextuellen Signalen ermöglicht. Die Ergebnisse sprechen für sich und zeigen eine Performance auf Augenhöhe mit cookiebasierten Methoden.

ADZINE: Wie schafft ihr diese Performance auf Augenhöhe?

Zimmer: Wir sind bei unseren Publishern fest verbaut, zum Beispiel mit unserem Tag in deren Header Bidding Stack. Deshalb können wir mit einer hohen Granularität auf Nutzerdaten zugreifen – von Informationen zum Content über die Endgeräte bis hin zum Ladezustand. Wir können diese Daten zusammenfügen und flankiert von semantischen Informationen ein präzises kontextuelles Targeting anbieten. Aber wir sehen auch, dass kontextuelles Targeting nicht die alleinige Lösung sein wird, die sich im Markt durchsetzt. Es wird weiter Werbekunden geben, die beispielsweise mit unterschiedlichsten Identifier arbeiten. Und auch dafür haben wir Lösungen. Als Vermarkter kann man nicht nur mit einer Lösung im Markt bestehen, sondern muss agnostischer agieren und auch Möglichkeiten für andere Lösungen bieten.

ADZINE: Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz für eure Vermarktungsaktivitäten?

Zimmer: KI ist für uns absolut notwendig, denn wir haben rund 1.000 Websites in der Vermarktung. Im programmatischen Prozess muss man entscheiden, welches Werbemittel in welchen Content für welche Zielgruppe passt. Innerhalb des gesamten Auslieferung-Prozesses hat man nur 100 Millisekunden Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Darum nutzen wir eine KI, die uns bei solchen Entscheidungen hilft. Wir haben 150 Milliarden User Interactions als Trainingsdaten in die KI gegeben und auf dieser Basis können wir sehr genau die Auslieferung garantieren – also dass wir zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Umfeld auf dem richtigen Device die Werbung ausliefern.

ADZINE: Seit ChatGPT öffentlich verfügbar ist, wird KI in allen Marketingbereichen eingesetzt. Inwieweit haben sich die Möglichkeiten für eure Einsatzzwecke weiterentwickelt?

Zimmer: Als wir 2018 mit unserer KI gestartet sind, haben wir nur Gender-Targeting angeboten. Mittlerweile können wir über 500 unterschiedliche soziodemografische Segmente ansprechen. Wir haben die Ansprache in die Breite entwickelt und wir bemühen uns ständig, mit unserer Taxonomie weitere relevante Bereiche zu erschließen.

ADZINE: Und wie geht es weiter? Welche Themen stehen bei euch aktuell auf der Agenda?

Zimmer: Der nächste Schritt ist für uns das Thema KI-gestützte Werbemittelerstellung. Wie man über einen Dynamic-Creative-Ansatz ein Werbemittel in Echtzeit angepasster an die jeweilige Zielgruppe herunterbrechen kann, ist ein Thema, an dem wir aktuell arbeiten. Wir testen bereits intensiv die Möglichkeiten in diesem Bereich. Außerdem wollen wir Attention als KPI stärker im Markt implementieren. Parallel übertragen wir unsere KI-basierte Zielgruppenansprache von unserem klassischen Outstream-Geschäft in Richtung CTV. Unser Ziel ist es, die Trefferwahrscheinlichkeit in den Zielgruppen über alle unsere Kanäle hinweg weiter zu verbessern.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Christian!

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