Programmatic hat die Außenwerbung inzwischen erreicht und die programmatische Buchung von digitalen Out-of-Home-Flächen nimmt kontinuierlich zu. Auch an der Bereitstellung der klassischen Außenwerbeflächen für den Programmatic-Kosmos wird schon länger gefeilt. Vor allem auf Agenturseite herrscht Interesse an einer übergreifenden Lösung, denn hier steckt noch sehr viel mehr Reichweite als in DOOH. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch gleich an mehreren Punkten schwierig. Die Agentur Planus Media glaubt nun eine pächterübergreifende Lösung für Deutschland gefunden zu haben und schickt die Mobile Audience Solutions (MAS) als Tochterunternehmen ins Rennen. Martin Hubert, Geschäftsführer der MAS, erklärt im Interview, wie die programmatische Planung und Buchung von analogen OOH-Flächen funktionieren kann und welche Daten dabei ins Spiel kommen.
ADZINE: Hallo Martin, die Mobile Audience Solutions ist ein Tochterunternehmen von Planus Media, eine Spezialagentur für Außenwerbung. Magst du kurz skizzieren, wer Planus ist und warum ihr MAS gegründet habt?
Martin Hubert: Planus ist eine Mediaagentur für Out-of-Home- und Geomarketing. Wir beschäftigen uns seit der Gründung 2006 mit Zielgruppen. Dahinter steht immer die Frage, wie wir sie bestmöglich im öffentlichen Raum erreichen können. Wir unterscheiden dabei nicht zwischen klassisch analogem OOH und digitalem OOH.
Die programmatische Logik hat schon seit Jahren Einzug in das Thema DOOH gehalten, aber es gab bis dato keine Möglichkeit, die analogen Werbeträger in eine ähnliche Logik zu überführen. Dabei kommt die große Reichweite immer noch von klassischen Plakaten. Wir wollten diese Herausforderung lösen und haben dafür eine eigene GmbH, die Mobile Audience Solutions, gegründet – eine strategische Kooperation mit der SSP1 der One Tech Group.
ADZINE: Was kann klassische Außenwerbung dem programmatischen Ökosystem bieten?
Hubert: Das ist ganz klar die Reichweite im Superlativ. Außenwerbung bietet die größte Medienreichweite in Deutschland. Selbst mit dem WM-Finale im TV bekommt man da kaum ran.
Dazu kommt die POI-Orientiertheit. Man kann mit mobilen Geofences im Marketing so lange herumprobieren, wie man möchte. So bekommt man nie direkt die Menschen, die sich an einer bestimmten Stelle gerne aufhalten, wie zum Beispiel an Apotheken, Schulen oder am LEH. Außerdem schnellen online die TKPs in die Höhe.
ADZINE: Wie viele analoge Werbeträger gibt es in Deutschland im Vergleich zu den digitalen Screens?
Hubert: Alle Medien zusammengenommen sind es rund 300.000 Werbeträger. Bei den digitalen kommen wir auf 100.000, also ein Verhältnis von drei zu eins. Die meisten digitalen Flächen sind allerdings indoor, also in Bahnhöfen, in Malls oder in der Gastronomie zu finden. Wer die Menschen an der Straße erreichen möchte, kommt an den analogen Flächen nicht vorbei. Bestimmte Zielgruppen lassen sich über die digitalen Werbeträger darüber hinaus gar nicht erreichen, zum Beispiel in ländlichen Regionen.
ADZINE: Analoge Außenwerbung programmatisch buchen – das habe ich schon von anderer Seite aus gehört. Worin besteht der Unterschied bei euch?
Hubert: Bei anderen Anbietern lag der Fokus auf Digital-Out-of-Home, perspektivisch sollte die klassische Außenwerbung hinzukommen. Wir haben es bereits umgesetzt, ohne dass irgendwelche Zwischenschritte notwendig sind.
ADZINE: Wie habt ihr das geschafft?
Hubert: Wir haben einen geschlossenen Datensatz aufgearbeitet, der Informationen über alle Pächter enthält und zyklisch so bereitgestellt wird, dass wir keinen Flickenteppich nach oben durchreichen müssen. Nach unten hin ergibt dies natürlich Aufwand und Arbeit. Wir haben Verträge und Vereinbarungen mit den Pächtern geschlossen sowie technische Schnittstellen eingerichtet, worüber wir Daten mit Werbeträger-Informationen verschneiden, um dann ein Gesamtdatenmodell liefern zu können. Aber im Grunde genommen sind die Vereinigung der gesamten Informationen, die engen Stücke der Bereithaltung und die Schnittstelle zur SSP1 die Errungenschaft.
ADZINE: Wenn ich eine analoge Werbefläche programmatisch buche, muss immer noch ein Plakat “geklebt” werden. Reicht dafür tatsächlich ein Knopfdruck?
Hubert: Im Prinzip schon. Wir bieten auf der SSP in den meisten Fällen vorgefertigte Vermarktungseinheiten an. Dort lassen sich beispielsweise alle 18.000 Apotheken in Deutschland im Umfeld von 200 bis 300 Metern adressieren. Auf der DSP kann man dann etwa alle Apotheken in einem bestimmten Bezirk oder Bundesland auswählen. Im Endeffekt fährt jemand los, bringt die Plakate an und fotografiert diese, um die Informationen in den digitalen Kreislauf einzuspeisen. Es ist allerdings ein Produktionsvorlauf von drei Wochen notwendig.
ADZINE: Welche Datengrundlage habe ich für das Targeting?
Hubert: Wir haben selbst eine große Datenbank aufgebaut über die Jahre. Wir sammeln eigene Daten, kaufen aber auch welche hinzu, beispielsweise von Acxiom, der GFK oder der Deutschen Post. Best of Planning ist auch eine unserer wichtigsten Studien. Außerdem sind Mobilitätsdaten sehr spannend für uns.
Damit haben wir sowohl Echtzeit-Daten als auch Informationen darüber, welche Milieus oder Soziodemografien sich an Werbeträgern vorbeibewegen. Daraus ergeben sich nicht nur POI-relevante, sondern auch Zielgruppen-relevante Netze. Wir wissen zum Beispiel, wo sich Business-Entscheider überwiegend aufhalten und wie oft diese an bestimmten Werbeträgern vorbeikommen.
ADZINE: Was ist mit der Auswertung? Welche KPI sind im traditionellen OOH relevant? Die sind ja nicht deckungsgleich mit den digitalen KPI, oder?
Hubert: Stimmt. Im Digitalen sind die Impressions gerne das absolute Großformat. Daraus abgeleitet CPCs und CPLs bis hin zum CPO und so weiter.
Grundsätzlich haben wir auch hier Impressions und Reichweiten. Doch sprechen wir von Kontakten. Wir melden also die Zahl der Kontakte über die bestimmten Zeiträume in den Locations als Datensatz in der Form, dass sie etwa mit Tools wie Microsoft Power BI, aber auch vielen Reporting-Systemen, über einen Connector abgegriffen werden können. So bekommt man Informationen wie Kontakte, Kampagnenzeitraum, das eingesetzte Budget und damit auch die Kosten per Kontakt in sein digitales Dashboard. Dies lässt sich wiederum mit anderen Daten kombinieren, wie etwa dem Abverkauf in den jeweiligen Gegenden, um den Effekt zu messen. Diese Auflösung in bestimmte Segmente und feine Strukturen, gemappt auf parallele digitale Aktivitäten, gab es vorher bei Out-of-Home noch nicht.
ADZINE: Welchen Stellenwert hat klassische Außenwerbung bei den digitalen Agenturen? Denken die nicht rein digital?
Hubert: Stimmt, die Disziplinen begegnen sich in den digitalen Marketingagenturen eigentlich nicht. Der Grund dafür ist, dass die Kennzahlen nie vergleichbar waren. Out-of-Home war immer eine eigene Welt für sich und nicht kompatibel mit der digitalen.
Wir wollen nun zeigen, dass Außenwerbung eine gute, reichweitenstarke Lösung im Upper Funnel sein kann. Dass es die Ergänzung zum rein digitalen Marketing sein kann, die man sucht.
ADZINE: Können alle DSP-Partner über die SSP One bereits die Außenwerbung programmatisch buchen?
Hubert: Das ist ein Perspektiv-Szenario, aber in sehr greifbarer Nähe. Mit Splicky und Hawk funktioniert es bereits. Mit den anderen sind wir in Gesprächen. Wir wollen erreichen, dass die DSPs die Vielzahl der analogen Werbeträger visualisieren können und auch ein räumliches Gefühl vermitteln – so wie es bereits bei den digitalen läuft. Diese Informationen sind noch nicht in allen DSPs implementiert.
ADZINE: Danke für das Gespräch, Martin!
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