Pay-or-Consent als elementare Finanzierungsquelle für Publisher auf dem Prüfstand?
12. April 2024 (jh)Werbung im Internet ist ein alter Hut und im täglichen Leben omnipräsent. Was einige Verbraucher:innen als störend oder nervig empfinden könnten, ist eine elementare Finanzierungsquelle für Publisher aller Art. Bei der Bereitstellung von Inhalten fallen Kosten an, die wiederum gedeckt werden wollen. Gerade im unabhängigen Journalismus stellt Werbung damit eine wichtige Monetarisierungssäule dar. Hier gilt: Je gezielter und personalisierter die Werbung geschaltet werden kann, desto besser lässt sich die Fläche vermarkten. Im Zuge sich verschärfender Datenschutzbestimmungen rückte die Einwilligung der User bei der personalisierten Werbung immer stärker in den Fokus und zeigt sich mittlerweile überall in Gestalt eines Consent-Banners. Wer seine Einwilligung nicht geben möchte, kann aber immer häufiger auch für Internetdienste zahlen. Hier handelt es sich um das “Pay-or-Consent”-Modell, welches der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) einmal genauer unter die Lupe genommen hat. Grund ist, dass verschiedene Behörden dieses Modell erneut in den Fokus einer Diskussion um Rechtmäßigkeit gerückt haben.
Konkret sind “Pay-or-Consent”-Modelle (auch PUR genannt) eine von mehreren Lösungen, um datengetriebene Geschäftsmodelle rechtskonform abbilden zu können und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit von zahlreichen Internetdiensten sicherzustellen. Den Verbraucher:innen wird also die Wahl gelassen zwischen Consent oder Bezahlung, um so den jeweiligen Dienst oder die Website refinanzieren zu können. Der EuGH, die deutsche Datenschutzkonferenz (DSK), die französischen Datenschutzbehörde (CNIL) und andere europäische Datenschutzbehörden haben die Zulässigkeit dieses Konzepts bereits bestätigt. Dennoch beschäftigen sich aktuell der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) sowie das Information Commissioner's Office (ICO) im Vereinigten Königreich mit diesem Modell. Dabei sollte es um die Festlegung einheitlicher Bewertungskriterien für die Einzelfallprüfung der Rechtmäßigkeit gehen, meint der BVDW, und nicht um Verbote.
Aktuelle Marktübersicht
Der BVDW will zu dieser Debatte seinen Beitrag leisten und hat daher seine Marktübersicht zu PUR-/“Pay-or-Consent”-Modellen aktualisiert. Darin betrachtet der Digitalverband umfangreich unterschiedliche Modelle sowie deren Rechtmäßigkeit nach verschiedenen Aspekten und die Positionierung der jeweils Beteiligten. Generell sollte es laut dem BVDW nicht zu Verbotsdebatten in der aktuellen Diskussion kommen:“Im Mittelpunkt stehen die transparente Darstellung der Wahlmöglichkeiten sowie die technische Gewährleistung des Leistungsversprechens. Eingriffe in Preisbildung gehen zu weit, greifen aktiv in Geschäftsmodelle ein und führen zu Rechtsunsicherheit auf dem Markt”, erklärt Philipp Hagen, Director Legal Affairs & Data Privacy beim BVDW. “Sobald einheitliche Kriterien auf Basis der DSGVO festgeschrieben wurden, sollten die Modelle am Markt daran gemessen werden. Das bedeutet auch, dass Anforderungen nicht kontinuierlich erhöht und somit unerfüllbar werden. Es geht schlichtweg um die Frage, wie ein digitaler Dienst genutzt und finanziert wird: Bezahle ich Geld dafür oder ermögliche ich eine Querfinanzierung durch Werbetreibende?”
In der aktualisierten Marktübersicht blickt der BVDW unter anderem auf die Modelle von Bild, Spiegel, Facebook und Instagram sowie webseitenübergreifende Anbieter und nimmt weitere werbe- und trackingfreie Modelle in den Fokus. Bei der Rechtmäßigkeit von “Pay-or-Consent” wird die Freiwilligkeit der Einwilligung in unterschiedlichen Kontexten beleuchtet: im Kontext eines möglichen Machtungleichgewichts, der Preisgestaltung und im Zusammenhang mit der Zweckbündelung. Außerdem betrachtet der BVDW weiterhin zulässige Datenverarbeitung im Abonnementmodell. Die rechtliche Konformität des jeweiligen Modells hängt jedoch davon ab, wie es in jedem einzelnen Fall gestaltet ist. Dem BVDW geht es konkret darum zu zeigen, dass diese Modelle das freie und offene Internet erhalten, wie wir es kennen, da die einzige Alternative für viele Dienste wäre, ihre Dienste komplett hinter Paywalls anzubieten.
Die Aufgaben des BVDW und seiner Mitglieder
Beim BVDW handelt es sich um eine Interessenvertretung für Unternehmen aller Größen, die digitale Geschäftsmodelle betreiben oder deren Wertschöpfung auf dem Einsatz digitaler Technologien beruht. Der Digitalverband vertritt damit die Interessen der Digitalen Wirtschaft gegenüber Politik und Gesellschaft und setzt sich für die Schaffung von Markttransparenz und innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen ein. Zu den 650 Mitgliedern gehören Digitalunternehmen aller Couleur, darunter globale Player, Mittelständler und Start-ups.
Eines der neusten Mitglieder ist das ukrainische Unternehmen MGID. Das Unternehmen wurde bereits 2007 gegründet und ist Anbieter einer Native-Advertising-Technologie, die sich an Medien und Advertiser richtet und Werbung in nativen Formaten ermöglicht. Auch MGID beschäftigt sich mit den optimalen Finanzierungsmöglichkeiten von Publishern und den damit zusammenhängenden Monetarisierungsmodellen. Das Unternehmen ist weltweit aktiv und beschäftigt rund 800 Mitarbeiter:innen.
“Zu unseren zentralen Anliegen zählt das Thema Datenschutz beziehungsweise der Umgang mit personenbezogenen Daten in der digitalen Werbung”, erklärt Swen Büttner, Managing Director Germany bei MGID. “Zusammen mit dem BVDW möchten wir dazu beitragen, in Deutschland ein transparenteres und datenschutzfreundlicheres Ökosystem für digitale Werbung zu schaffen. Es macht uns sehr stolz, jetzt Mitglied dieses wichtigen Interessenverbands zu sein und unser Netzwerk zu erweitern. Wir freuen uns darauf, uns mit unserer Expertise in den entsprechenden Fachkreisen, Fokusgruppen und Initiativen des BVDW einzubringen und damit auch zukünftige Entwicklungen aktiv mitzugestalten.”