Webtraffic ist nicht gleich Webtraffic. Das wohl wichtigste Unterscheidungsmerkmal für Advertiser ist dabei, ob der Websitebesuch von einem Menschen oder einer Maschine abgestattet wird. Gerade wenn es um Werbung geht, ist die Aufmerksamkeit menschlicher Konsumenten gefragt. Daher spricht man auch von “Invalid Traffic”, wenn Bots und Maschinen am Werk sind. Dahinter steckt jedoch nicht immer eine Betrugsabsicht. In seinem aktuellen Bericht will das Münchener Technologie-Unternehmen Fraud0 aufzeigen, wie hoch der Anteil von Invalid Traffic ist und wie viel ungültiger Onsite-Traffic durch die verschiedenen Marketing-Kanäle generiert wird.
Für den Report “Unmasking the Shadows: Invalid Traffic 2024” analysierte Fraud0 über 2,9 Milliarden Sessions aus dem Jahr 2023 von über 100 ihrer Kunden. Dabei tritt eine durchaus erstaunliche Zahl zutage. Demnach ist rund 21 Prozent des untersuchten Onsite-Traffics Invalid Traffic. Dies würde konkret bedeuten, dass einer von fünf Website-Besuchern keine reale Person ist. Vielmehr würde der Traffic in diesen Fällen durch ein automatisiertes Programm, ein Bot, erzeugt werden und somit keinen Mehrwert für werbetreibende Unternehmen bieten.
Guter Bot, böser Bot
Invalid Traffic kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht zwangsläufig mit einem Betrugsversuch gleichgesetzt werden. Es wird hierbei zwischen General Invalid Traffic (GIVT) und Sophisticated Invalid Traffic (SIVT) unterschieden. GIVT meint “gutartige” Bots wie beispielsweise Crawler von Suchmaschinen. Auch diese verursachen Impressions, wenn sie eine Website besuchen, können vom Seitenbetreiber in der Regel jedoch einfach aussortiert werden. Schwieriger wird es beim SIVT. Dabei handelt es sich um Bots und Methoden, die tatsächlich zum Betrügen entwickelt wurden. So treiben etwa die Mediaverkäufer ihre Traffic-Zahlen künstlich nach oben, um durch Werbung höhere Umsätze erzielen zu können. Beispiele für SIVT sind Ad Stacking, Proxy-Traffic, Malware oder Domain Spoofing. Diese Art des Invalid Traffic lässt sich teils schwer erkennen.
Die genannten 21 Prozent repräsentieren laut Fraud0 jedoch tatsächlich den durchschnittlichen Anteil an SIVT, der im Onsite-Traffic ihrer Kunden identifiziert wurde. Dieser Wert wurde bereits um bekannte Suchmaschinen-Crawler bereinigt. Somit setzt sich der Prozentsatz ausschließlich aus nicht-legitimem Traffic zusammen, der aufgrund von “bösartigen” Aktivitäten wie Ad Fraud oder Scraper Bots entsteht. Diese Bots werden beispielsweise dazu eingesetzt, um Informationen von Websites zu extrahieren. Mithilfe der extrahierten Daten verschaffen sich Konkurrenten unter anderem einen Wettbewerbsvorteil.
Die betroffenen Industrien im Fokus
Bezogen auf die unterschiedlichen Marketing-Kanäle zeigt die Analyse, dass Sophisticated Invalid Traffic in allen Kanälen vorkommt. So wurden etwa knapp 48 Prozent SIVT bei Linkedin Ads entdeckt. Bei X (vormals Twitter) liegt dieser Wert bei circa 23 Prozent, bei Tiktok bei 38 Prozent und bei Google Shopping sogar bei 67 Prozent. Demnach stammt nur jeder dritte Seitenaufruf bei Google Shopping von einem echten Menschen. Gerade hier ist laut Fraud0 eine signifikante Präsenz von Scraper Bots zu beobachten, die gezielt nach spezifischen Keywords suchen und sich durch die Online-Shops navigieren. Trotz dieser hohen Zahl an SIVT würde sich Google Shopping für die Mehrheit der Fraud0-Kunden aber dennoch als effektiver Kanal herausstellen.
Die betroffenen Industrien sind ebenso vielfältig. Besonders häufig kommt Invalid Traffic demnach in den Bereichen Glücksspiel (39 Prozent) sowie E-Commerce (29 Prozent) vor. In der Glücksspielbranche sind somit fast 40 Prozent des Onsite-Traffics als ungültig zu bewerten. Hier kann Fraud0 nach eigenen Aussagen vermehrt beobachten, dass Bots die “Free Account”-Angebote nutzen, um sich den Anmeldebonus zu sichern. Ebenso spielt Affiliate Fraud eine bedeutende Rolle. Dieser Betrug erfolgt in der Regel nicht durch Bots, sondern durch sogenanntes “Cookie Stuffing”, um das Attributionsmodell zu täuschen und mehr Provisionen zu kassieren.
Der überwiegende Teil des gefundenen Sophisticated Invalid Traffics (63 Prozent) kommt aus Deutschland. Allerdings darf diese Zahl nicht überinterpretiert werden und ist kaum überraschend. Denn das Unternehmen ist vorwiegend im deutschsprachigen Raum aktiv und so stammen auch die untersuchten Unternehmen mehrheitlich aus Deutschland. Außerdem ist ein Merkmal für “Fake-Traffic” das falsche Herkunftsland. Dementsprechend könnten sich die Bots auch gut getarnt haben.
Einordnung der Ergebnisse
Die Ergebnisse von Fraud0 zeigen ein durchaus aussagekräftiges und erschreckendes Bild ihres eigenen Kunden-Kosmos, müssen aber auch im Gesamtmarkt eingeordnet werden. Andere, global agierende Analyse- und Messanbieter wie etwa Integral Ad Science (IAS) sprechen von deutlich niedrigeren Zahlen für Deutschland. So wurden im Desktop-Display-Bereich im zweiten Halbjahr 2022 von IAS 2,4 Prozent der ausgelieferten Impressions gegen Invalid Traffic optimiert. Für Desktop-Video waren es 2,5 Prozent. Im Mobile-Bereich kommen bei den IAS-Kunden 1,5 für Display beziehungsweise 1,3 Prozent Invalid Traffic für Video zusammen. Ob das allein an der eingesetzten Technologie liegt, am unterschiedlichen Kundenquerschnitt oder an der zugrundeliegenden Methode, ist zumindest diskussionswürdig.
Takeaways
- Einer von fünf Website-Besuchern ist laut Fraud0 eine Maschine.
- Bezogen auf die unterschiedlichen Marketing-Kanäle zeigt die Analyse, dass Invalid Traffic in allen Kanälen vorkommt.
- Invalid Traffic ist aber nicht immer einem Betrugsversuch zuzuordnen.
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