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DATA

Die große Datenflut – von Big Data zu Best Data

Olaf Peters-Kim, 17. April 2024
Apropos Big Data, Bild: Bing KI

In einer immer stärker digitalisierten Marketingbranche steht die Nutzung von Big Data im Zentrum zahlreicher Strategien und Kampagnen. Jedoch werden die negativen Umweltauswirkungen dieser Praktik immer deutlicher sichtbar, was dringendes Nachdenken und Handeln erfordert, insbesondere jetzt, wo Nachhaltigkeit in den Fokus der Branche rückt.

Auch wenn Daten im Onlinemarketing bereits seit Jahrzehnten eine große Rolle spielen, erreicht die Nutzung von Big Data durch den wachsenden Hype um KI, speziell generativer KI, unbekannte Dimensionen. In Bezug auf das Zusammenspiel von Daten und Künstlicher Intelligenz hat die Branche eine Haltung ganz nach dem Motto „viel hilft viel“ eingenommen, ohne genug über die Konsequenzen eben dieser für unsere Umwelt nachzudenken. Dabei erreichen wir in Wirklichkeit nicht durch mehr Daten bessere Ergebnisse, sondern durch präzisere und relevantere.

Es ist längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden, dass im Onlinemarketing große Mengen an Daten gesammelt werden, mithilfe dessen Vorhersagen über die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe getroffen werden. Jedoch stiegen die dafür augenscheinlich notwendigen Datenmengen schnell ins Unermessliche – lange war es im Web üblich, dass jeder Schritt, jeder Klick mitgemessen wurde. Doch die Branche eifert nach immer mehr. Trotz des Aktivwerdens weltweiter Datenschutzbehörden, strenger werdender Richtlinien und des viel diskutierten Ende der Drittanbieter-Cookies lässt das Streben nach mehr Daten nicht nach.

Die große Datenflut – oder nach mir die Sintflut?

Um diese riesigen Mengen an Daten zu bewältigen und brauchbare Erkenntnisse aus ihnen zu ziehen, kommen immer öfter KI-Modelle zum Einsatz, die wiederum auch mit großen Datenmengen trainiert werden müssen. Laut des MIT kann das Training nur eines einzigen KI-Modells so viel CO2 ausstoßen wie fünf Autos in ihrem gesamten Lebenszyklus. Doch auch ohne den Einsatz von KI-Modellen sind die Auswirkungen von großen Datenmengen verheerend. Ein Report der Internationalen Energieagentur (IEA), der den Impact von Rechenzentren und Datenübertragungsnetzen auf die Umwelt analysiert, kommt zu dem Ergebnis, dass die Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und Analyse von Daten schätzungsweise 1 bis 1,5 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verursachen.

Doch der Energieverbrauch ist nicht der einzige bedenkliche Punkt. Neben der allgemeinen Stromversorgung der Technik verbrauchen Rechenzentren erhebliche Mengen an Wasser, da nur eine konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit den optimalen Betrieb gewährleisten können. Darüber hinaus ist auch der Hardware-Verschleiß dieser Zentren nicht gering. Der Austausch dieser Hardware sowie die mit den Geräten verbundene Produktion fallen ebenfalls ins Gewicht der Umweltauswirkungen. Nach Angaben eines UNO-Berichts fielen allein 2022 weltweit 62 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Zu oft wird vergessen, dass auch Daten, die uns nur in der virtuellen Welt vorliegen, ohne die entsprechende Hardware nicht existieren können.

Datenqualität entscheidet

Es wird deutlich, dass die Datenpraktiken der Branche einen nicht zu verleugnenden Einfluss auf die Umwelt und damit auf die voranschreitende Klimakrise haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie wir dieser Verantwortung gerecht werden können. Dabei geht es primär nicht darum, ob datengetrieben gearbeitet wird oder nicht. Alle guten Mediaplanende werden bestätigen, dass Daten schon immer Teil von Mediaplänen waren. Vielmehr müssen wir uns aber auf die Qualität eben dieser Daten konzentrieren, und nicht auf eine schier endlose Menge. Menschen sind viel zu individuell, als dass man anhand einiger Datenpunkte, wie das vergangene Surfverhalten, in jeder Situation die richtige Werbebotschaft erahnen kann.

Evaluieren wir, warum Performance Media in der Vergangenheit so gut funktioniert hat und weshalb derzeit Retail Media bzw. Commerce Advertising im Mittelpunkt der Branche steht. Im Middle und Lower Funnel verfügen diese Unternehmen über aussagekräftige Daten direkt von den Konsument:innen und in unmittelbarer Nähe zu entscheidenden Touchpoints. Diese Daten umfassen Käufe, Produktrecherchen, Preisvergleiche, Bedarfssituationen und die im Warenkorb liegenden Produkte. Deswegen liefern Performance-Marketing, Retail Media, Commerce Advertising und Retargeting bessere Ergebnisse, da sie auf qualitativ hochwertigeren Daten basieren, die meistens keiner Interpretation bedürfen.

Diesen Ansatz gilt es auf den Top Funnel zu übertragen, um die Werbewirkung und damit die Werbeeffizienz über den gesamten Marketingfunnel hinweg auf ein höheres Level zu bringen. Das bedeutet, dass wir Lösungen brauchen, die im Top Funnel den direkten Input der Konsument:innen nutzen, wie zum Beispiel durch selbstbestimmten Werbekonsum, um so mit weniger, aber dafür präziseren Daten einen Werbeerfolg realisieren zu können. Bei selbstbestimmtem Werbekonsum werden keine Vorhersagen über die Zielgruppe getroffen, stattdessen treffen die Nutzer:innen basierend auf ihren persönlichen Vorlieben und Interessen selbst und unmittelbar die Entscheidung, welche Werbung zu ihnen passt.

Insights zu den Interessen und Bedürfnissen der Zielgruppen machen den Kern jeder erfolgreichen Werbekampagne aus. Aber es wird Zeit, dass wir überdenken, wie wir an diese Insights kommen. Dabei wird deutlich, dass wir uns nicht fragen sollten, woher wir mehr Daten bekommen, sondern wie wir Zugang zu besseren Daten erhalten. So können wir bessere Werbung machen: besser für die Zielgruppen, besser für die Marken und besser für den Planeten.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Olaf Peters-Kim Über den Autor/die Autorin:

Olaf Peters-Kim hat mit seinem Partner Philipp Dommers die Welect GmbH gegründet. Davor war er zehn Jahre CFO der Mediacom und seit 1998 bei der Grey Global Group Middle Europe in verschiedenen Positionen beschäftigt. Seit der Gründung arbeitet Welect daran, das Prinzip des mündigen, selbstbestimmt agierenden Nutzers auf den Werbekonsum im Internet zu übertragen.

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