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DATA

Kreative Zielgruppenmodellierung mit öffentlichen Datenquellen

Anton Priebe, 8. Februar 2024
Bild: Dragos Gontariu – Unsplash

Schärfere Datenschutzbestimmungen haben die Modellierung von Zielgruppen bereits erschwert und werden es Werbetreibenden auch in Zukunft nicht einfacher machen, die gewünschten Personen mit ihren Anzeigen zu erreichen. Die Werbeindustrie muss kreativer beim Einsatz von Daten fürs Targeting werden – darin ist man sich einig. Der dänische Audience-Spezialist Digiseg hat sich dies zu Herzen genommen und greift zur Zielgruppenmodellierung ausschließlich auf Daten aus öffentlichen Institutionen zurück. Im Interview erklärt Andrew Furst, CCO von Digiseg, woher die Idee stammt, um welche Daten es sich dabei handelt und wie das Ganze technisch funktioniert.

Bild: Linkedin Andrew Furst, Digiseg

ADZINE: Hallo Andrew, magst du Digiseg in so wenig Worten wie möglich beschreiben?

Andrew Furst: Wir sind eine cookielose Targeting- und Messlösung, die IP-Adressen anhand von Haushaltsmerkmalen wie beispielsweise Einkommen, Anzahl der Kinder, Autobesitz und Bildungsniveau segmentiert.

ADZINE: Woher stammen eure Daten? Also welches sind eure Quellen für die Zielgruppenmodellierung?

Furst: Alle unsere Daten stammen aus zivilen Quellen, das heißt aus öffentlich zugänglichen Daten von Institutionen wie nationalen Statistikämtern, Fahrzeugregistern oder Gebäude- und Wohnungsregistern. Die Daten sind in Kohorten von 100 bis 500 Haushalten unterteilt und somit keine persönlichen Daten.

ADZINE: Wie seid ihr darauf gekommen und wie kommt ihr selbst an die Daten ran, insbesondere in den internationalen Märkten?

Furst: Das Modell geht auf die Erfahrungen zurück, die unser Gründer beim Aufbau des CAMEO-Klassifizierungssystems für die Nordics sammelte. CAMEO ist eines der größten, internationalen Segmentierungssysteme weltweit. Hier kam ihm die Idee, Haushaltsmerkmale zu digitalisieren.

Das Prinzip ist in allen Ländern gleich. Die Segmentierung von IP-Adressen nach Haushaltsmerkmalen ist daher universell anwendbar. So können wir in jedem der 50 Märkte, die wir bedienen, die gleiche Taxonomie anbieten.

ADZINE: Wie übersetzt ihr diese Offline-Informationen in die Online-Welt? Und vor allem, wie schafft ihr technologisch einen Match mit den Haushalten beziehungsweise den Geräten?

Furst: Wir verwenden IP-Adressen als einziges Identifizierungsmerkmal und arbeiten damit völlig ohne persönliche Daten. Unser Ansatz ordnet mathematisch hergeleitete IP-Adressen probabilistisch Haushaltsmerkmalen aus zivilen Quellen zu. Dazu berechnen wir alle IP-Adressen, die in einem Land vorkommen können, verorten sie mithilfe von Geo-Location und bündeln 100 bis 500 Haushalte, die ähnliche statistische Charakteristika vorweisen. Am Ende entstehen so IP-Adressen, die mit Haushaltsmerkmalen verknüpft sind, ohne die entsprechenden Location-Informationen.

Unsere Daten benötigen keine Cookies oder Tracking und kommen so ohne Nutzereinwilligungen aus. Damit sind sie skalierbar und respektieren die Privatsphäre der Verbraucher. Da IP-Adressen in jedem Kanal vorhanden sind, einschließlich Display, Video, CTV, Audio und In-Game, machen wir alle diese Kanäle adressierbar. Die Segmente können auch dazu verwendet werden, um Nutzer in Safari und anderen cookielosen Umgebungen anzusprechen.

ADZINE: Wo siehst du noch Raum für Innovation im Targeting?

Furst: Ich würde mir wünschen, dass mehr Werbetreibende das Targeting aus einer analytischen Perspektive angehen, anstatt ihre Zielgruppe aufgrund von Annahmen erraten zu wollen. Das Problem ist nicht neu, aber es braucht Zeit, bis sich was ändert.

ADZINE: Wie können Advertiser und ihre Agenturen in Zukunft kreativer an das Targeting herangehen?

Furst: Die meisten Werbetreibenden schauen nach einer möglichst einfachen und schnellen Lösung, nach “Targeting auf Knopfdruck”. Dabei denken sie nicht kritisch darüber nach, wer das Produkt, für das sie werben, tatsächlich kauft.

Einige der Advertiser, mit denen ich ins Gespräch komme, versuchen mich zu grillen und stellen die Genauigkeit der Digiseg-Daten infrage. Sie wollen lieber eine Audience, die hochkonzentriert aus “Intenders” oder “In-Market”-Personen für ihr Produkt besteht, anstatt Audiences auszuschließen, die nicht infrage kommen.

Daraus entstehen zwei Probleme: Erstens zahlen sie zu viel für eine zu eng gefasste Zielgruppe. Zweitens stellt sich die Frage, ob sie überhaupt inkrementelle Aufmerksamkeit generieren, wenn ihre Zielgruppe so eng gefasst ist.

Unsere Kunden sind beim Prospecting erfolgreich, wenn sie die Audiences ausschließen, die ihr Produkt einfach nicht kaufen würden. Du wirst keine Autoversicherung abschließen, wenn du kein Auto besitzt. Und du wirst auch keine Gartenwerkzeuge kaufen, wenn du keinen Garten hast. Unsere Audiences werden auf der Grundlage von Zielgruppen gebaut, die für ein bestimmtes Produkt qualifiziert sind, anstatt sich auf irgendeine Form von “Intent” zu verlassen, das ein Indikator für einen Kauf sein kann oder eben auch nicht.

ADZINE: Neben dem Targeting bietet ihr auch Zielgruppenmessung an. Wollt ihr euch künftig breiter aufstellen?

Furst: Measurement ist ein wachsendes Feld für uns. Da wir nicht auf Cookies angewiesen sind, sind unsere Daten perfekt für die Messung von Kanälen wie CTV und Audio geeignet. Wir positionieren uns breiter, einfach weil unsere Daten so vielseitig sind. Die Messung in einer Post-Cookie-Welt ist eine Herausforderung, und unsere Lösung macht sie einfach und leicht.

ADZINE: Danke für das Interview, Andrew!

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