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DATA

Data Collaboration im deutschen Werbemarkt

Anton Priebe, 8. Dezember 2023
Bild: Taylor Smith – Unsplash

Personalisierte Werbung benötigt eine Datengrundlage, die heute schwerer zu schaffen ist als in der Vergangenheit. Dafür sorgen unter anderem verschärfte Datenschutzgesetze und das Blockieren beziehungsweise der Wegfall der Third-Party-Cookies. Als vielversprechende Basis für die Personalisierung der Werbemaßnahmen gelten mittlerweile vor allem die First-Party-Daten der Publisher und Advertiser. Doch auch diese müssen mit den Nutzer:innen verknüpft werden, insbesondere im Zusammenspiel miteinander. Unter dem Banner der “Data Collaboration” haben sich inzwischen einige Anbieter positioniert, die diese datenbasierte Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten im Werbeökosystem datenschutzkonform abbilden. Dazu gehört das US-amerikanische Liveramp, das der Branche sowohl einen sogenannten Data Clean Room als auch eine alternative ID-Lösung zum Verknüpfen der Informationen zur Verfügung stellt. Kolja Brosche, Country Manager Germany bei Liveramp, erklärt im Interview, wie weit der deutsche Markt auf dem Feld der Datenzusammenarbeit ist.

Kolja Brosche, Liveramp / Bild: Raimar von Wienskowski

ADZINE: Liveramp nennt sich selbst “Data-Connectivity-Plattform”. Wie connected sind denn die Daten in der deutschen Werbeindustrie in deinen Augen derzeit?

Kolja Brosche: Wenn man sich das Business-Potenzial, das Unternehmen durch Data Collaboration erhalten können, bewusst macht, wird deutlich, dass jeder Markt – auch Deutschland – erst am Anfang einer großen Reise steht. Viele deutsche Unternehmen und Marketer sammeln gerade erste Erfahrungen mit Daten und setzen Insights, die sie in internationalen Märkten gewonnen haben, in Deutschland ein. Wir arbeiten mit vielen Partnern, Publishern und Werbetreibenden zusammen und die Dynamik nimmt immer weiter zu.

ADZINE: Welches sind die bevorzugten Strategien auf Publisher- und Advertiser-Seite, um Daten für datengetriebene Online-Werbung nutzbar zu machen?

Brosche: Es gibt mehrere zentrale Herausforderungen, auf die wir uns mit neuen Lösungen und Tools für Publisher und Werbetreibende konzentrieren sollten. An erster Stelle dreht sich alles um First-Party-Daten, die für die Personalisierung von Kundenerlebnissen, die Erschließung neuer Einnahmequellen und die Differenzierung von der Konkurrenz entscheidend sind.

Die Grundlage einer First-Party-Data-Strategie besteht darin, eine Beziehung zu den Verbrauchern aufzubauen und zu pflegen. Der entscheidende Punkt ist, dass Publisher und Marketer die Verbraucher darüber informieren, wie ihre Daten verwendet werden und wie sie die Kontrolle darüber behalten können, während sie den Verbrauchern einen größeren Mehrwert und personalisierte Erfahrungen bieten. Auf diese Weise wird die Beziehung zu den Verbrauchern weiter ausgebaut, was wiederum zu noch mehr Insights und Mehrwert für alle Seiten führt.

An zweiter Stelle müssen Unternehmen diese Daten anreichern, um sich ein vollständigeres Bild von den Verbrauchern zu machen und die Nutzung dieser Daten zu erweitern, um mehr Wert und mehr Einnahmequellen zu schaffen. Untrennbar damit verbunden ist eine datenschutzfreundliche Identity-Lösung, die dies erleichtert und gleichzeitig eine einheitliche Sicht auf den Kunden ermöglicht. Unternehmen können dann im Bereich Data Collaboration aktiv werden, um ihre Daten anzureichern und mehr Insights zu gewinnen, die über die Grenzen ihrer eigenen Daten hinausgehen – dazu gehören Plattformen für Data Collaboration, die auch Data-Cleanroom-Funktionen umfassen.

Die Reise ist dann aber noch nicht zu Ende. Publisher und Marketer konzentrieren sich auf Daten, aber sie müssen auch in der Lage sein, aus den Daten Erkenntnisse abzuleiten, um den Wert zu steigern und diese Insights in Maßnahmen umzusetzen, um die gewünschten Zielgruppen zu erreichen. Das bedeutet, dass Publisher und Marketer auf Lösungen setzen müssen, die nicht nur Measurement, sondern auch die Aktivierung ihrer Daten ermöglichen, und zwar genau da, wo sie ihre Kunden erreichen wollen.

ADZINE: Das Interesse an Data Clean Rooms scheint groß, dennoch sehen wir nur sehr wenig Cases im deutschen Markt. Woran liegt das?

Brosche: Wir sehen schon sehr vielversprechende Entwicklungen im deutschen Markt, aber es stimmt, dass es für viele Unternehmen noch zu früh ist. Und selbst bei denjenigen, die bereits wertvolle Ergebnisse für ihr Unternehmen erzielen, konzentrieren sich viele mehr darauf, diesen Mehrwert zu steigern, als öffentlich darüber zu sprechen. Im Mittelpunkt von Data Collaboration steht die Wahrung der Privatsphäre der Verbraucher, insbesondere bei der Gewinnung neuer Kundeninsights, und das hat, insbesondere für deutsche Unternehmen, wahrscheinlich Priorität in diesem Bereich.

ADZINE: Selbst im Clean Room sind die Parteien noch immer auf einen Identifier angewiesen, um Daten matchen zu können. Mit der nahenden Cookie-Deadline fällt die bislang meist genutzte Option Third-Party-Cookie bald weg. Bereitet euch dies Sorgen?

Brosche: Ganz und gar nicht. Doch trotz seiner vielen Schwächen war das Third-Party-Cookie interoperabel und bot eine gemeinsame Infrastruktur für digitale Werbung. Demnach konnten alle Anbieter des Ökosystems miteinander arbeiten und das mit hohen Reichweiten.

In der Post-Cookie-Zukunft brauchen die Publisher hohe Reichweiten, um erfolgreich zu sein, und Interoperabilität ist der Schlüssel dazu – unser Ziel ist es, Interoperabilität für Publisher zu ermöglichen, damit sie eine Reihe von ID-Lösungen auf der Grundlage authentifizierter Logins einsetzen können.
Deshalb haben wir uns sehr gefreut, als Clean-Room-Partner an Googles Display & Video 360 PAIR mitzuwirken, da PAIR ebenfalls auf einer authentifizierten Identity mit Einwilligung basiert. Mit nur einem Deployment können Publisher nicht nur auf unsere ID, sondern auch auf Google Display & Video 360 über PAIR zugreifen.

ADZINE: Haben sich alternative ID-Lösungen mittlerweile in Deutschland etabliert? Wir hören, dass Publisher startklar sind, aber die Advertiser-Seite noch immer zögert, sich auf IDs festzunageln. Wie sind eure Erfahrungen hier?

Brosche: Wir sind der Meinung, dass sich Identity-Lösungen weiter etablieren werden, da sich immer mehr Akteure mit der bevorstehenden Abschaffung von Third-Party-Cookies befassen. Publisher stehen hier an erster Stelle, denn sie wollen eine Adressierbarkeit, die auch ohne Third-Party-Cookies funktioniert. Sie stellen sicher, dass adressierbares Inventar für Werbetreibende zum Kauf verfügbar ist.

Werbetreibende zögern vielleicht, sich auf einen einzigen Identifier festzulegen, aber das liegt an den Use Cases, die Werbetreibende mit der Nutzung von Identity entwickeln. Sie möchten ihr Adtech-Stack nicht mehrfach aufbauen und umgestalten. Wichtig ist aber, dass Unternehmen durch die Wahl einer interoperablen Identity-Lösung sicherstellen, dass sie über alle Plattformen und Lösungen hinweg verbunden sind, und zwar mit so wenigen Integrationen wie möglich. Je früher Unternehmen mit dem Testen eines neuen Identifiers starten, desto eher können sie die Vorteile nutzen.

ADZINE: Wann werden Clean Rooms zum Standard-Werkzeug im Digital Advertising?

Brosche: Es ist wichtig zu verstehen, dass Clean Rooms nicht für jeden Use Case der digitalen Werbung benötigt werden. Wenn ein Unternehmen nur seine eigenen First-Party-Daten für die Aktivierung nutzen möchte, kann es problemlos eine Identity-Lösung einsetzen, um einen umfassenden Überblick über seine Kunden zu erhalten und seine First-Party-Daten im gesamten Ökosystem zu aktivieren.

Für Unternehmen, die verstärkt mit anderen Marken und Einzelhändlern zusammenarbeiten, die über einen großen Bestand an First-Party-Daten verfügen, wird Data Collaboration immer alltäglicher werden. Allerdings müssen die wichtigen Schritte zum Schutz und zur Verwaltung der Daten für Unternehmen ganz selbstverständlich werden. Unternehmen müssen ihre eigenen Daten vereinheitlichen, sie müssen potenzielle Partner und Lösungen sorgfältig prüfen und lernen, wie sie die Datenverwaltung mit diesen Lösungen nutzen können, bevor sie zu Standardwerkzeugen werden.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Kolja.

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