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MEDIA

Analoge Außenwerbung und digitale Flächen gehören zusammengedacht

Anton Priebe, 15. Dezember 2023
Bild: Edgar – Unsplash

Mit der Digitalisierung der Außenwerbung eröffnen sich Advertisern spannende neue Möglichkeiten, um ihre Zielgruppen zu erreichen. Die Diskussion dreht sich oftmals um innovatives Targeting, Measurement oder personalisierte Werbemittel. Dabei geraten oftmals die analogen Werbeträger aus dem Fokus – ein Fehler, wie Bernd Rabsahl, Geschäftsführer der It Works Group, weiß. Das Martech-Unternehmen ist spezialisiert auf die Bereiche Out-of-Home sowie Digital-Out-of-Home und stellt gleichzeitig eine technische Infrastruktur für die Planung und Buchung zur Verfügung. Im Interview erklärt Rabsahl, wieso analoge Außenwerbung bei aller Digitalisierung auch in zehn Jahren noch eine große Rolle spielen wird und wie sich die beiden Welten, analog und digital, in der Praxis intelligent miteinander verknüpfen lassen.

Bild: It Works Bernd Rabsahl, It Works Group

ADZINE: Hallo Bernd, ihr konzentriert euch auf den Bereich “Public Media”. Was verbirgt sich dahinter?

Bernd Rabsahl: Unter dem Begriff bündeln wir Out-of-Home, Digital-Out-of-Home, Mobile und Digital Signage. Wir denken sehr stark in Räumen. Die Kombination von Außenwerbung, die Awareness schafft, mit dem Rückkanal Mobile ist sehr erfolgreich. Darüber hinaus entstehen im semi-öffentlichen Bereich – zum Beispiel in Bahnhöfen, Flughäfen, Hotels – immer mehr Werbeträger, die für uns relevant sind und dort mit hineinfallen.

ADZINE: Ihr habt dafür Ende des Sommers die programmatische Planungs- und Buchungsplattform Locatrics gelauncht. Wie ist das angelaufen? Welches Feedback bekommt ihr vom Markt?

Rabsahl: Bisher haben wir sehr gutes Feedback erhalten. Locatrics ist eine Plattform, die einen DOOH-Planer, eine DSP und eine DMP miteinander verbindet. Dabei wird die klassische Außenwerbung in den programmatischen Buchungsprozess miteinbezogen. Unser Ziel ist es, den gesamten Prozess ohne Systembrüche auf einer Plattform abzubilden und zu automatisieren.

Genau wie Ströer und Wall sich für die Entwicklung einer eigenen Lösung in Form einer SSP entschieden haben, haben wir die Notwendigkeit gesehen, auf der Nachfrageseite die spezifischen Anforderungen des DOOH-Marktes abzubilden. Gerade von kleineren Agenturen wird die Plattform gut angenommen, da Locatrics auf das Tagesgeschäft zugeschnitten ist.

ADZINE: Was steht bei Locatrics als Nächstes auf der Agenda?

Rabsahl: Die spannendste Aufgabe ist es, die Selektionsmechanismen weiter zu schärfen und zu verbessern. Das wird künftig die KI übernehmen. Wir werden sukzessive mehr Daten einbeziehen, um dadurch immer besser planen zu können.

ADZINE: Hast du ein konkretes Beispiel dafür?

Rabsahl: Wir haben mit Adsquare einen Datenpartner, der im Bereich Out-of-Home eine gesetzte Größe ist, aber genauso auch die Mikromarktdaten, wo wir zum Beispiel mit der Michael Bauer Mikromarketing GmbH zusammenarbeiten. Diese Daten sind in der DMP bei uns integriert.

Das heißt, ich muss nicht extra eine Auswertung machen, sondern kann die Daten direkt in Locatrics nutzen. Das ist ein Prozessvorteil und geht also deutlich schneller. Normalerweise bekommen Kunden ja nicht nur eine Planvariante, sondern mehrere Planvarianten, aus denen sie wählen – dann ist ein schneller Prozess mit flexiblen Anpassungsmöglichkeiten von Vorteil.

ADZINE: Kommen wir zur digitalen Wirtschaft in Deutschland selbst. Wie entwickelt sich die digitale Außenwerbung in Deutschland derzeit, insbesondere mit Blick auf den programmatischen Handel?

Rabsahl: Wenn man den Nielsen-Zahlen glauben darf, dann ist Digital-Out-of-Home natürlich ein großer Treiber. Die Auswahl an Screens wird deutlich größer und wir bekommen immer interessantere Touchpoints. Damit wird nicht nur die Abdeckung der Räume erweitert, sondern tatsächlich werden auch die Touchpoints vielfältiger. So kommen neue Kunden, die diese Touchpoints und damit das Medium DOOH für sich entdecken. Für die nächsten zwei Jahre sehe ich hier weiterhin einen starken Ausbau, weil mehr investiert wird.

ADZINE: Lösen die digitalen die analogen Werbeträger ab?

Rabsahl: Die Anzahl analoger Werbeträger sinkt, die digitalen steigen und der Anteil der programmatischen wächst besonders stark. Aber selbst in zehn Jahren ist der Anteil der analogen Werbeträger mit 30 bis 40 Prozent noch relevant.

Daher müssen analoge Außenwerbung und die digital-programmatischen Flächen weiterhin zusammen gedacht werden. Deutschland ist mit seiner föderalen Struktur ein Land der großen Städte und Ballungszentren, aber auch durchzogen von ländlichen Strukturen. Früher habe ich alle mit Fernsehen erreicht, das geht heute nicht mehr.

Out-of-Home ist das letzte verbliebene Massenmedium, das in der Lage ist, die verschiedenen Räume abzudecken. So kann man beispielsweise auch in den Bayerischen Wald gelangen, was mit digitalen Werbeträgern nicht möglich ist. Die beiden Bereiche dürfen also nicht voneinander isoliert betrachtet werden.
Dem Kunden ist letztendlich egal, ob er den Werbedruck analog oder digital erreicht oder ob die Werbemittel programmatisch ausgespielt werden. Er will seine Audience mit seinen Botschaften erreichen und Wirkung erzielen.

ADZINE: Steckt in DOOH noch Innovation drin?

Rabsahl: Die Aufmerksamkeit, die uns zuteilwird, spornt uns natürlich an. Und häufig liegt die Kraft in der intelligenten Verknüpfung von Kanälen. TV und Digital-Out-of-Home können sich beispielsweise wunderbar ergänzen, um zum Beispiel Reichweite, die TV fehlt, mit DOOH aufzufüllen.

Außerdem stellen Trigger, mit denen man Außenwerbung just in time intelligent nutzen kann, eine innovative Möglichkeit dar. Wir haben zum Beispiel einen sogenannten Staudetektor realisiert. Über Mobilitätsdaten haben wir so den Straßenverkehr gemessen, ob er fließend, zähflüssig oder stehend ist. Je nach Aggregatzustand wurde unterschiedliche Werbung in der passenden Frequenz ausgestrahlt.

Das nächste Thema ist 3D-Animation. Dies geht auch auf 2D-Flächen und es lässt sich heute schon eine Menge kreativ darstellen. Darüber hinaus existieren bereits die ersten Werbeträger im Raum, die auch Audio, also Sound ausspielen können.

ADZINE: Hast du weitere konkrete Beispiele für mich? Neulich machte man mich auf DCO in dem Bereich aufmerksam.

Rabsahl: In erster Linie muss man sich fragen, was man damit eigentlich erreichen will. Will ich nur eine Technologie nutzen, weil sie schick und modern ist? Oder steckt da wirklich ein Sinn dahinter? Es geht darum, die Relevanz der Werbung zu steigern. Wenn sie dadurch eine höhere Relevanz an dem Standort zu der Tageszeit und genau an diesem Ort bekommt, dann hat sie das Ziel erreicht.

Wir nutzen DCO regelmäßig. Unser aktueller Rekord liegt bei 900 Motiven innerhalb einer Kampagne. Die Motive waren abhängig vom Standort, dem Produkt, der Tageszeit sowie der jeweiligen Stadt. Für DOOH ist das schon eine ganze Menge. Ohne die technische Infrastruktur wäre die Umsetzung unmöglich. Aber es darf kein Selbstzweck sein, sondern muss aus dem Mix aus Produkt und Audience kommen. Damit kann man sogar ganze Geschichten erzählen.
KI wird hier sicherlich noch mehr Dynamik hineinbringen, weil die Kreation deutlich einfacher wird. Ein gewisses Framing wird Voraussetzung sein, denn es gibt rechtliche Auflagen für den öffentlichen Raum. Wenn dieses Framing einmal gesetzt ist, kann KI wirklich dabei helfen, entsprechend zu adaptieren.

ADZINE: Danke für das Interview, Bernd!

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