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Warum Marketer bei der Definition von Attention gefragt sind

André Pätzold, 13. November 2023
Bild: Drew Beamer - Unsplash

In den letzten Jahren war es für Marketer und Tech-Anbieter entscheidend, ein immer besseres Verständnis der Wirkungsmechanismen von Media-Kampagnen über den gesamten Marketing-Funnel hinweg zu entwickeln. Aufgrund der zahlreichen verfügbaren Daten müssten sich Kunden doch gut durch den Funnel führen lassen. Doch die individuelle Customer Journey ist in der Praxis meist gar nicht so eindeutig vorherzusagen. Eine zusätzliche Herausforderung wird zukünftig die stark reduzierte Datenbasis bilden. Hiervon sind alle Marktteilnehmer gleichermaßen betroffen.

Sobald die erste Auseinandersetzung mit einer Marke oder einem Produkt stattfindet, beginnt ein schwer zu definierender Kreislauf aus Exploration und Evaluation, der nicht nur klassische Branding-KPIs wie Recall oder Recognition stärkt, sondern idealerweise mit der Conversion den Abschluss findet, sei dies ein Kauf, eine Anmeldung oder ein Download. Marketer versuchen nun verstärkt, die Trigger zu Beginn und am Ende des Prozesses zu steuern: zu Beginn die echte Aufmerksamkeit, oder “Attention”, für eine Marke und am Ende die Conversion.

Während Performance Marketer schon seit Jahren Conversions optimieren und Tools sowie KPIs klar zu sein scheinen - mit allen Herausforderungen, die sich im Cookieless-Zeitalter dabei ergeben - verändert sich die Betrachtung des Mid- und Upper Funnels. Viewability, die seit Langem als Metrik für die Abrechnung und Messung von Branding-Aktivitäten verwendet wird, reicht vielen Werbetreibenden nicht mehr aus. So geben nur 11 Prozent der Marketer an, dass die Viewability-Messung nach iab-Standard ideal sei. Schließlich kann hinterfragt werden, ob nach einer oder zwei Sekunden und über nur 50 Prozent Sichtbarkeit des Werbemittels überhaupt Aufmerksamkeit erzielt werden kann.

Studien gehen davon aus, dass erst nach drei Sekunden eine wirkliche Wahrnehmung stattfindet. Vor diesem Hintergrund darf die Wirkung eines Großteils der abgerechneten “viewable” Ads bezweifelt werden. Attention sollte als neue KPI daher Viewability als Metrik erweitern, um die Effektivität von Branding-Kampagnen besser bewerten zu können. Marketer erhalten neben der reinen Sichtbarkeit ihrer Anzeigen auch Informationen über die Aufmerksamkeitswahrscheinlichkeit ihrer Werbekampagnen. Ziel ist es, den Prozess der echten Auseinandersetzung mit einer Marke besser zu verstehen und vergleichbarer zu machen.

Faktoren bei der Messung von Attention

Bei der Messung von Attention sind mehrere Faktoren entscheidend:

  • die Plattform, über die das Werbemittel ausgespielt wird
  • das Anzeigenformat
  • die Platzierung und der Kontext auf der spezifischen Seite, auf der das Werbemittel erscheint
  • die Zielgruppe
  • die Gestaltung des Werbemittels

Derzeit führende Attention-Measurement-Anbieter wie Lumen, Adelaide oder Amplified Intelligence gewichten die einzelnen Faktoren durchaus unterschiedlich und verfolgen unterschiedliche Ansätze, Attention messbar zu machen. Die Krux besteht darin, etwas höchst Individuelles und Persönliches wie die Aufmerksamkeit von Menschen mit Algorithmen zu erfassen und berechenbar zu machen, um Skalierbarkeit und Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Schließlich lässt sich nicht für jede Kampagne eine Eye-Tracking-Studie samt Befragung umsetzen.

Schwierig wird die Messung durch die Tatsache, dass einzelne KPIs das System ins Ungleichgewicht bringen können, wenn sie überproportional gewichtet werden und in der Folge Kampagnen überwiegend auf diese optimiert werden. Ein Beispiel wäre die Betrachtungszeit einer Anzeige. Da ältere Personen langsamer Content konsumieren als Jüngere, was auch die Betrachtungszeit von Anzeigen erhöht, würden in der Folge diese Zielgruppen sowie die Formate und Kanäle bevorzugt werden, mit denen sie besser erreicht und angesprochen werden. Marken, die jedoch jüngere Zielgruppen ansprechen möchten, würden ihre eigentlichen Ziele verfehlen - obwohl ihre Kampagnen theoretisch hohe Attention-Werte erzielen.

Daher kommt in dieser Debatte den Advertisern eine Schlüsselrolle zu. Sie sollten unterschiedliche Ansätze in Bezug auf eine nachhaltige Kampagnen-Effizienz testen und idealerweise die Verbindung zwischen Attentionwerten und Mid- sowie Lower-Funnel-Resultaten herstellen, um die für sie funktionierenden Measurement-Verfahren und Kanäle zu identifizieren. Noch ist nicht absehbar, wann wir einen vergleichbaren Marktstandard für Attention haben werden. Marketer haben jetzt allerdings die einzigartige Chance, auf die Diskussion Einfluss zu nehmen und an der Ausarbeitung der Metriken mitzuwirken, die sich auch in der Praxis als relevant erweisen.

Idealerweise lassen sich Kampagnen in einem nächsten Schritt zukünftig mit Blick auf hohe Attention-Werte planen und umsetzen. Measurement-Anbieter und Vermarkter stellen Marketern bereits Attention Scores zur Auswertung oder gleich Planungs-Tools und Deal-Pakete zur Verfügung, mit denen sie ihre Kampagnen ausspielen und auf Attention optimieren können. Attention hilft folglich dabei, die Brücke zu schlagen zwischen notwendiger Sichtbarkeit von Werbemitteln und Brand Impact. Ohne diese Verknüpfung bleiben viele Annahmen zukünftig nebulös und theoretisch.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild André Pätzold Über den Autor/die Autorin:

André Pätzold ist seit Anfang des Jahres Country Manager bei Outbrain und verantwortet das Vermarktungsgeschäft in der DACH-Region und den Niederlanden. Pätzold hat internationale Betriebswirtschaft studiert und war unter anderem bei der Bertelsmann Music Group, L’Oréal und AOL beschäftigt. Zuletzt verantwortete er das crossmediale Vermarktungsgeschäft der SPIEGEL-Gruppe und dort insbesondere den Ausbau des Digitalgeschäftes.

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