Retail Media braucht Zusammenarbeit – und einen thematischen Fit
Lauren Wetzel, 18. Oktober 2023An Retail Media führt in der Branche derzeit kein Weg vorbei. Die Diskussionen rund um die Werbegattung, die mit ihren vielfältigen Anwendungsfällen Händlern die Monetarisierung ihrer First-Party-Daten ermöglicht, sind derzeit allgegenwärtig. Durch die Zusammenarbeit von Advertisern, Händlern, Publishern, Datenanbietern und weiteren Akteuren eröffnen sich neue Inventarflächen und Zugänge zu First-Party-Datensätzen.
Mit Retail Media befindet sich die Werbebranche derzeit an einem spannenden und entscheidenden Wendepunkt. Die Ära des Third-Party-Cookies geht zu Ende und verschiedene Alternativen tun sich auf. Sollten sich Werbetreibende und Inventaranbieter deshalb jetzt um jeden Preis und so schnell wie möglich auf das viel diskutierte “datenreiche” Retail Media stürzen? Auch ohne blindlings dem Hype zu folgen, sollte jedes Unternehmen zumindest das Potenzial von Retail Media für die eigene Geschäftsstrategie prüfen.
Retail Media ist eine Win-win-Situation
Denn grundsätzlich eignet sich Retail Media für alle Händler, die als datengetriebenes Unternehmen ihre Kundendaten für Advertiser und Publisher zugänglich machen wollen, um dadurch von personalisierter Werbung zu profitieren. Das gilt insbesondere für Werbetreibende, die keinen Direktvertrieb betreiben und daher nur über wenige eigene Daten verfügen. Die können von Retail Media profitieren, indem sie das Wissen über ihre Kund:innen mit den Erkenntnissen von Händlern sowie Medien- und gegebenenfalls Datenanbietern ergänzen. Diese Second-Party-Daten können aus strategischen Partnerschaften oder aus Kampagnendaten stammen. Aufschluss über Verhaltensweisen, Umfelder, technische Rahmenbedingungen oder die Anzahl und Dauer des Werbekonsums sind Beispiele für ergänzende Daten zur Optimierung. Darüber hinaus können Werbetreibende teilweise auch auf Third-Party-Daten zurückgreifen, die von verschiedenen Anbietern zur Verfügung gestellt werden.
Dabei erfordert die Zielgruppenansprache auf Basis von Shopping-Daten, die direkt am POS erhoben wurden, einen thematischen Fit. Auch bei Retail Media sollte das Produktumfeld berücksichtigt werden, da es beeinflusst, wie Kund:innen eine Marke wahrnehmen und mit ihr interagieren. Mit hochwertigen First-Party-Daten können Marketer ihre Kampagnen viel präziser im passenden Umfeld aktivieren als nur mit Keywords. Beim Kauf eines Produktes werden den Verbraucher:innen dann anhand der vorhandenen Kaufdaten Produkte angezeigt, die besser zu ihren vorangegangenen Käufen passen. Die Kombination von Insights aus First-Party-Daten mit einem thematischen Fit kann das Kundenerlebnis verbessern, damit die Corporate Story überzeugender transportieren und das Kaufverhalten der Konsument:innen positiv beeinflussen.
Natürliche Synergien zwischen Zielgruppen erkennen und nutzen
Retail Media besitzt ein großes Marktpotenzial: Fast 25 Milliarden Euro Werbeumsatz hat der IAB Europe für das Jahr 2026 in Europa prognostiziert. Das liegt daran, dass Kund:innen genau dort angesprochen werden, wo ihre Kaufabsicht am größten ist. Aber auch im Zeitalter des E-Commerce gilt: Der Großteil der Verkäufe findet immer noch offline statt. Die First-Party-Daten der Händler sind für Werbetreibende auch deshalb so attraktiv, weil sie Daten aus dem stationären Handel umfassen können. Durch den Abgleich dieser First-Party-Daten können Händler und Werbetreibende natürliche Synergien zwischen verschiedenen Zielgruppen erkennen und nutzen. Ein auf den ersten Blick unpassendes Inventar wird dann durch das Kundenwissen des Händlers zu einer wertvollen Geschäftschance. Das erfordert ein Umdenken – sowohl in unternehmensstrategischer als auch in technologischer Hinsicht.
Zusätzliche Instanzen zwischen Händlern und Advertisern
Wie Retail-Media-Kampagnen heute und in Zukunft umgesetzt werden können, zeigen führende Unternehmen in Deutschland, die Retail-Media-Tochterunternehmen ausgegliedert haben. Als zusätzliche Verbindung zwischen Händlern und Advertisern können diese Tochterunternehmen weitere Werbetreibende außerhalb eines etablierten Partnernetzwerks integrieren und die Vermarktung dieser Brands im Retail-Media-Umfeld übernehmen. Mit dem Wissen über die verschiedenen Customer Journeys können so für die Kund:innen relevante Kampagnen auf Basis von First-Party-Daten aktiviert werden.
Wenn wir in Zukunft in den Baumarkt gehen, um einen Grill zu kaufen, sehen wir vielleicht nicht nur die bekannte Marke für Gasgrills, sondern auch die Werbung für den Supermarkt, der gerade Grillkäse im Angebot hat. Durch dieses Eingehen auf die potenziellen Bedürfnisse der Kund:innen kann nicht nur die Kundenbindung gestärkt, sondern auch dem Baumarkt und dem Supermarkt zu mehr Umsatz verholfen werden. Damit diese Kollaboration gelingt, bedarf es aber entsprechender werbetechnischer Infrastrukturen.
Retail-Media-Netzwerke für First-Party-Datenkollaborationen
Eine Möglichkeit, verschiedene Akteure an einen Tisch zu bringen, sind neue Formen der Datenkollaboration in Retail-Media-Netzwerken. Sie bringen Händler, Advertiser, Publisher und Datenanbieter für Kooperationen auf Basis von First-Party-Daten zusammen. Im Rahmen solcher First-Party-Datenkollaborationen tragen alle Beteiligten durch die gemeinsame Analyse und Nutzung der Datensätze ihren jeweiligen Teil zum Erfolg einer Retail-Media-Kampagne bei. Über das klassische Shopper-Marketing auf Online-Marktplätzen und in Online-Shops hinaus ermöglichen Retail-Media-Netzwerke auch, das Kundenwissen der Händler für die Werbeansprache bei anderen Publishern und auf anderen Kanälen zu nutzen und so das Kundenengagement zu verbessern.
Durch den Abgleich der First-Party-Daten der eingeloggten Kund:innen kann beispielsweise ein bestimmter Werbespot im passenden Umfeld auch ohne den Einsatz von Third-Party-IDs zielgruppenspezifisch aktiviert werden. Gleichzeitig ermöglicht die integrierte Analyse von Shopping- und Exposure-Daten eine schnellere und genauere Messung des inkrementellen Kampagnenerfolgs.
First-Party-Daten monetarisieren, ohne sie zu teilen
Retail-Media-Netzwerke ermöglichen es den Beteiligten, First-Party-Daten miteinander zu verknüpfen. Wenn jedoch wertvolle First-Party-Daten in einem solchen Netzwerk ohne weiteres geteilt werden, dann steigt das Risiko, dass das den anderen Unternehmen entgegengebrachte Vertrauen missbraucht wird. Beispielsweise dadurch, dass diese Daten mangels einer technisch und datenschutzrechtlich geschützten Umgebung von anderen Akteuren wissentlich oder unwissentlich mit anderen Datensätzen vermischt werden. Bei der Nutzung von übergreifenden IDs könnten beispielsweise die verschiedenen Beteiligten bei für alle einsehbaren Analysen Rückschlüsse auf die Interessen der Nutzer:innen über die Kampagne hinaus ziehen. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit von Datenschutzverletzungen und eines Vertrauensverlustes der Verbraucher:innen, dem durch den Einsatz von Data-Clean-Room-Technologien in einem Retail-Media-Netzwerk vorgebeugt werden kann.
Data Clean Rooms schützen First-Party-Daten, indem sie den Beteiligten die Möglichkeit geben, nie ihre Daten aus ihrer Kontrolle zu lassen und genau zu bestimmen, wie, von wem und in welchem Umfang ihre wertvollen First-Party-Daten genutzt werden. Sie können so bloßes Geschäftsvertrauen durch technologische Gewissheit ersetzen und es Unternehmen ermöglichen, datenschutzsicher mit anderen Partnern zu zusammenzuarbeiten, was ihnen sonst aufgrund interner Compliance-Richtlinien nicht möglich wäre.
Datenschutzsichere Retail-Media-Netzwerke unterstützen Händler und Werbetreibende darin, das große Potenzial von Retail Media voll auszuschöpfen, indem sie sicherstellen, dass alle Akteure jederzeit die Hoheit über ihre First-Party-Daten behalten. So können Händler ihre First-Party-Daten monetarisieren, ohne sie tatsächlich teilen zu müssen. Marketer können sich dann darauf konzentrieren, effektive Retail-Media-Kampagnen zu planen, die thematisch mit der Präsenz der Händler abgestimmt sind und eine hohe Relevanz für die Kund:innen besitzen. So können alle Beteiligten von Retail Media profitieren – einem Trend, der ganz sicher gekommen ist, um zu bleiben.
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