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No-Brainer: Nettoreichweite oder Verluste messen?

Sedat Polat, 4. Oktober 2023
Bild: Dan Cristian Pădureț – Unsplash

Zu viele Werbetreibende lassen sich von technischen Metriken und scheinbaren Erfolgskriterien ablenken, wenn es um Werbung in Online-Medien geht. Dabei sollten für Online-Medien die gleichen Bewertungskriterien gelten wie für traditionelle Medien: Nettoreichweite und Kontakthäufigkeit in der Zielgruppe. Die zunehmende Fragmentierung der Medienlandschaft macht dies jedoch zu einem komplizierten Unterfangen. Wer es dennoch in Angriff nimmt, wird belohnt.

Worum geht es bei Werbung eigentlich? Was wollen Werbetreibende wirklich erreichen? Statt einer “Kommt-drauf-an”-Antwort, versuchen wir es mal einfach zu halten:

Werbetreibende schalten Anzeigen, um mehr Produkte zu verkaufen. Sie schalten keine Anzeigen, um Ad Impressions zu generieren. Sie schalten auch keine Anzeigen, um jemanden zum Klicken zu bewegen oder Videoquartile zu vervollständigen. Und sie schalten auch ganz sicher keine Anzeigen, um in ihrer Demand-Side-Plattform (DSP) reihenweise Zahlenkolonnen zu erzeugen. Das sind alles nur Proxys für das eigentliche Ziel: ein höherer Absatz der beworbenen Produkte.

Nun, wie kommen Sie mit Werbung an dieses Ziel? In erster Linie müssen Sie dafür sorgen, dass so viele Menschen wie möglich von dem beworbenen Produkt erfahren. Und da alle Produkte für eine bestimmte Personengruppe relevant sind, sollten es im Idealfall möglichst viele Personen aus dieser Gruppe sein. Oder anders formuliert: Die primär zu maximierende Zielgröße und eine notwendige Bedingung für alles Nachgelagerte ist die Nettoreichweite in der Zielgruppe. Ein No-Brainer: Je mehr Personen aus Ihrer Zielgruppe Sie erreichen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Produkte gekauft werden.

Wenn die Nettoreichweite in der Zielgruppe eine so wichtige Kennzahl ist, was ist dann die logische Schlussfolgerung daraus? Dann sollten Sie diese Kennzahl auch messen, wenn Sie Anzeigen schalten.

Neben der Nettoreichweite ist es auch wichtig zu wissen, wie oft jede Person aus der Zielgruppe die Anzeige gesehen hat. Die meisten Botschaften brauchen eine gewisse Frequenz, um ihre Wirkung zu entfalten. Aber Vorsicht: Der zusätzliche Nutzen weiterer Einblendungen nimmt schnell ab und verursacht unnötige Kosten.

Orientierung in der fragmentierten Medienlandschaft

Bis hierhin sind das erstmal Basics und seit langem gängige Praxis – zumindest für traditionelle Medien wie TV. An Online-Medien hingegen wurden und werden – auch aufgrund der Historie der Gattung als zu Beginn ob seiner unsiversellen Messbarkeit und Nachverfolgbarkeit euphorisch gefeiertem Rückkopplungskanal – heute noch sehr technische Bewertungsmaßstäbe angelegt. Nur weil man technisch in der Lage ist, alles zu messen und bis auf die letzte Nachkommastelle zu erheben, bedeutet das ja nicht, dass das auch sinnvoll und zielführend ist.

Natürlich ist es einfacher, Impressions, Klicks, Landingpage Visits, Conversions und ähnliches zu zählen, und für Performance-fokussierte Anwendungsfälle mag das auch durchaus seine Berechtigung haben. Aber die Gattung Online ist inzwischen so erwachsen geworden, dass man – zumindest für Markenwerbung – erwarten sollte, dass sie nach den klassischen Maßstäben von Nettoreichweite und Kontakthäufigkeit bewertet wird.

Und dennoch können viele Werbetreibende über ihre digitalen Werbekampagnen eine so wichtige und scheinbar einfache Aussage wie die folgende nicht treffen: “Mit meiner Werbekampagne habe ich 80 Prozent aller Deutschen im Alter von 18 bis 49 im Schnitt sechsmal erreicht.”

Man muss ihnen jedoch zugutehalten: Die Messung von Nettoreichweite und Kontakthäufigkeit ist bei Online-Medien im Gegensatz zu traditionellen Medien aufgrund der zunehmenden Fragmentierung der Medien- und Gerätelandschaft weitaus komplizierter geworden. Unterschiedliche Geräte und Kanäle schaffen eine schier unendliche Anzahl an Medienangeboten, die alle voneinander getrennte Daten produzieren.

Wie sollen Sie also herausfinden, wie viele “junge Männer zwischen 20 und 39 Jahren” Sie insgesamt erreicht haben? Wer weiß schon, wie groß die Überschneidungen zwischen all den verschiedenen Geräten und Kanälen sind? Wenn ein 25-jähriger Mann die Werbung eines Werbetreibenden in einer CTV-App auf dem Fernseher sieht, sie aber zuvor schon auf seinem Laptop beim Surfen auf einer Online-Nachrichtenseite und auf seinem Smartphone in einer Social-Media-App gesehen hat, weiß der Werbetreibende dann, dass er eine Person dreimal erreicht hat, oder glaubt er, drei Personen jeweils ein Mal erreicht zu haben? Die Implikationen sind weitreichend!

Der wirtschaftliche Wert crossmedialer Messungen

Laut einer Studie der Universität Oxford könnte der durchschnittliche Mediaplan mit einem anderen Mediamix 2,6-Mal effektiver beim Aufbau von Reichweite sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Sie mit nur etwa 38 Prozent des investierten Budgets die gleiche Reichweite erzielen könnten.

Um dieses ungenutzte Potenzial erschließen zu können, müssen Sie jedoch über alle Geräte und Kanäle hinweg wissen, wie viele Menschen Sie mit Ihrer Werbekampagne erreichen (und zwar überschneidungsfrei), wie oft Sie sie erreichen und ganz wichtig: welchen Beitrag die einzelnen Mediabuchungen zum Gesamtergebnis leisten. Wie viel haben die Youtube-Buchungen zur Gesamtnettoreichweite beigetragen, und wie viel die Facebook- und Instagram-Buchungen? Wie viel niedriger wäre die Gesamtnettoreichweite gewesen, wenn ich auf die programmatische Buchung verzichtet hätte? Nur mit Antworten auf solche Fragen können Sie die einzelnen Medien datengestützt und fair miteinander vergleichen und feststellen, welche am effektivsten waren, damit Sie Ihr Budget beim nächsten Mal effizienter einsetzen können.

Was braucht man also dafür, neben der grundsätzlichen Einsicht, dass Nettoreichweite und Kontakthäufigkeit in der Zielgruppe auch für Online-Werbung entscheidende Metriken für die Erfolgsmessung sind? Eine umfassende crossmediale Messung, die auf großen und repräsentativen Panels basiert, Walled Gardens durch direkte Integrationen einbezieht und fortschrittliche Technologien und statistische Methoden unter einen Hut bringt. Und schließlich noch etwas Geduld, um sich langsam aber sicher der optimalen Budgetallokation immer weiter anzunähern.

Und was ist die Belohnung? Eine größere Nettoreichweite in der Zielgruppe und die Reduzierung überschüssiger Kontakte führen automatisch zu einer Senkung der Kosten.

Sie haben also die Wahl: Messen Sie Ihre Nettoreichweite oder messen Sie Ihre Verluste. Auch ein No-Brainer.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Sedat Polat Über den Autor/die Autorin:

Sedat Polat ist Solution Director bei AudienceProject. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Bereichen Werbetechnologie und Markt- und Mediaforschung. Ab 2019 baute er erfolgreich das deutsche Geschäft von AudienceProject auf. Davor führte er unter anderem als General Manager die Geschäfte der Targeting-Plattform nugg.ad. Seine Karriere startete der Diplom-Kaufmann 2007 bei Interrogare und arbeitete dort an den internet facts der AGOF mit.

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