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Bewegtbildplanung: Gewusst wie

Karsten Zunke, 11. Oktober 2023
Bild:  Zach Lucero – Unsplash

Die meisten Marken können auf Bewegtbild nicht verzichten. Doch im digitalen Bereich werden sie zunehmend mit neuen Kanälen und entsprechend neuen Planungs- und Messmöglichkeiten konfrontiert. Bewegtbildwerbung ist komplexer geworden, besonders junge Zielgruppen werden mit klassischer TV-Werbung weniger erreicht. Stattdessen haben Marken und Advertiser die Qual der Wahl: Sie können via CTV auf dem Big Screen werben oder via Vertical Video auf Social-Media-Plattformen, Online-Video auf klassischen Websites schalten oder sich auf Streaming-Plattformen wie Twitch in Szene setzen. Wofür soll man Bewegtbild nun einsetzten – und in welchen Kanälen?

Bild: JOM Sai-Man Tsui, JOM

Messbarkeit kann Klarheit in die Planung bringen. So lassen sich die Kanäle zumindest einzeln besser beurteilen – auch wenn die übergreifende Planung ein Flickenteppich bleibt. Dafür muss man sich aber mit den entsprechenden Technologien auskennen. „Neben dem Know-how über die einzelnen Kanäle und Werbeformen ist zunehmend auch eine Datenkompetenz erforderlich, um die Kanäle übergreifend steuern und messen zu können“, sagt Sai-Man Tsui, Managing Director JOM Group.

Videos sind wichtiger Bestandteil im Medien Mix für Marken

Bild: Linkedin Ralf Brüser, H&M

Für die Modekette H&M beispielsweise ist Video – geräteübergreifend – ein wichtiges Format im Marketing- und Media-Mix. Insbesondere dienen Videos hier dem Markenaufbau und zur Aktivierung neuer Kollektionen. Dabei setzt H&M auf einen breiten Channel-Mix von TV, Kino, I/O- sowie Programmatic-basiertes Online Video und Social Video. „Über unser Marketing Mix Modelling können wir den Impact der einzelnen Channels sehr gut abbilden. Gepaart mit Campaign Lift Studies und Brand Lift Studies erhalten wir hinreichend gute Informationen, um die Kampagnen entsprechend unserer Ziele auszusteuern“, sagt Ralf Brüser, Media Manager Region Central Europe bei H&M.

Bild: Pandora Annemarie Besenthal, Pandora

Auch für das Schmuckunternehmen Pandora spielt Bewegtbild eine wichtige Rolle im Media-Mix, „da es uns besser ermöglicht, unsere Brand emotional aufzuladen, als es zum Beispiel über Display oder statische Ads möglich ist“, sagt Annemarie Besenthal, Paid & Owned Marketing Manager Northern Europe bei Pandora. Somit prägt Bewegtbild den Upper Funnel bei Pandora, ist aber auch im Mid Funnel relevant und vorhanden. „Darüber hinaus stellt Bewegtbild innerhalb der Walled Gardens einen signifikanten Teil des Inventars dar – ganz inline mit dem Konsumverhalten der User auf diesen Plattformen“, erläutert Besenthal. Um die Marke emotional aufzuladen, setzt das Unternehmen auf einen diversen Mix an Bewegtbild über alle verfügbaren Mediakanäle hinweg – vorrangig digitale, aber auch traditionelle. „In der Planung erweisen sich die Walled Gardens aufgrund ihrer Datenhoheit und verfügbaren Tools als besonders einfach und eher zuverlässig – während man bei den Inventaren im Open Internet, welche nicht als PG oder I/O eingekauft werden, immer eine gewisse Planungstoleranz berücksichtigen muss. Letzteres erfordert – aus meiner Sicht – darüber hinaus eine höhere technische Expertise als es für die Walled Gardens notwendig ist“, sagt Besenthal.

Digitale Bewegtbildplanung benötigt viel Know-how

Bild: AEOS Christian Nienaber, AEOS

Christian Nienaber, Chief Commercial Officer bei All Eyes On Screens (AEOS, vormals Adscanner) sieht ebenfalls neue Herausforderungen für die Bewegtbildplanung. „Wenn wir über die TV-Planung sprechen, steht die Erfahrung im Vordergrund – das Know-how kann heute schneller erlernt werden, da die Systeme komfortabler und intuitiver geworden sind, dennoch hilft hier die Erfahrung enorm. Sprechen wir über Bewegtbildplanung und -ausspielung auf digitalen Plattformen, ist ein hoher Grad an Know-how erforderlich, insbesondere durch den hohen Komplexitätsgrad“, so der Experte. Unterschiedlichste Plattformen, Ausspielwege und Buchungssysteme erfordern seiner Einschätzung nach einen hohen Spezialisierungsgrad, auch muss die zuständige Person ständig up to date bleiben, da sich die Planungsvariablen kontinuierlich erweitern und ändern. Seitens AEOS fokussiert man sich derzeit auf die Planung von TV-Kampagnen. Basis dafür sind die über mehrere Jahre erhobenen Daten von über einer Million Haushalten aus Deutschland, kombiniert mit umfangreichen Electronic-Program-Guide-Daten und einem selbst entwickelten, AI-basierten Prognosealgorithmus. „In Kürze werden wir über das Modul auch die Buchung von CTV-Inventaren ermöglichen. Das System errechnet dabei die genaue Planung selbständig, der Planer muss ‚nur‘ noch das Briefing erstellen und die Ergebnisse prüfen und korrigieren“, kündigt Nienaber an.

Bild: Samsung Ads Christian Russ, Samsung Ads

Je nachdem, wo man nachfragt, gilt Connected TV als gut planbar – oder auch nicht. In Kombination mit linearen TV-Kampagnen können damit jedenfalls auch inkrementelle Reichweiten aufgebaut werden. In Sachen Targeting hilft unter anderem die vielfach eingesetzte ACR-Technologie (Automatic Content Recognition), die das TV-Zuschauer:innen-Verhalten und deren Vorlieben sowie Interessen misst. „Der kombinierte Einsatz dieser Datenquelle mit soziodemografischen und kontextuellen Daten hilft dabei, sowohl Nettoreichweiten als auch Frequenzen zu optimieren“, meint Christian Russ, Head of Sales DACH bei Samsung Ads. CTV vereint ihm zufolge die Vorzüge des linearen TV, wie Big Screen, Lean-Back-Modus und Premium-Inventar, mit den Vorteilen der digitalen Werbung, wie Targeting, Messung und Analyse. „Die Herausforderung für Werbetreibende besteht momentan darin, sich in der fragmentierten Anbietervielfalt zurechtzufinden“, sagt Russ. Es herrscht ein sehr großes und vielseitiges Angebot. Deshalb spielen aus Sicht des Experten Agenturen eine wichtige Rolle, da sie sowohl beratend als auch im Einkauf unterstützen können.

Mediaplaner sind gefordert

Bild: Masterplan Carsten Riemann-Kafsack, Masterplan Media

Somit stellt sich die Frage, welche Kenntnisse speziell Agenturen und Mediaplaner heutzutage mitbringen müssen, um Bewegtbildkampagnen effizient planen zu können. „Die Basis ist ein gutes Grundverständnis hinsichtlich der Herausforderungen und Zielsetzungen des Kunden, ein gutes Verständnis der Wirkungsweise von Medien als Überbringer der Kundenbotschaft und die Fähigkeit, das Wissen zur optimalen Zielerreichung kombinieren zu können“, sagt Carsten Riemann-Kafsack, Geschäftsführer der Masterplan Media. Elementar sei hier ein Verständnis für die Zielgruppen und ihre Mediennutzung in den neuen Kanälen, um dies dann im Rahmen der Kommunikationsplanung antizipieren zu können. Nach Einschätzung des Experten geht es am Ende um ein „Best-of“ beider Welten, nämlich der Kombination aus klassischen Wirkungs-Forderungen und den neuen, medialen Möglichkeiten. „Um dies erreichen zu können, bedarf es eines großen und aktiven Interesses an Media und ihrer individuellen Wirkungsweisen. Kundenspezifische Lösungen sind schließlich in keinem Lehrbuch zu finden“, so Riemann-Kafsack. Ergänzt um eine Prise Mut, Eigenverantwortung und ständiges Hinterfragen sowie Lernbereitschaft sind diese Eigenschaften seiner Einschätzung nach optimal.

Augen auf bei der Kanalwahl

Bei der Kanalwahl lohnt es sich hingegen genauer hinzuschauen. „In wirklichen Qualitätsumfeldern lässt sich eine langfristig nachhaltige, positive Marken-Wirkung erzielen“, sagt Riemann-Kafsack. Dabei sei es im ersten Schritt egal, ob auf dem Mobile Device, dem Laptop, dem Tablet via ATV /CTV oder im linearen Programm. „Kritisch oder zumindest differenziert betrachten wir die vermeintlichen Video-Riesen, deren Nutzung bei genauerem Hinsehen die Anforderungen nicht oder nur zum Teil erfüllen.“ Die Agentur hat die Erfahrung gemacht, dass ein Großteil der Youtube-Nutzung aus einem zumeist passiven Streamen von Musik-Videos besteht, woraus sich andere Anforderungen an die Aussteuerung und Konzeption von Werbemitteln ergeben, um auf dieser Plattform Werbewirkung zu erzielen. „Ebenso macht ein kritischer Blick auf Facebook und Instagram mit einer erfahrungsgemäß geringen Stopping-Power, Sichtbarkeit und Verweildauer aufgrund flüchtiger Nutzungsmomente diese Kanäle für wirkungsstarke Bewegtbildkampagnen schwierig“, so Riemann-Kafsack.

Werbetreibende sehen viele Herausforderungen

Insbesondere die Marken selbst sehen noch zahlreiche Herausforderungen für die Bewegtbildwerbung. So herrscht oft noch Unklarheit, ob es im fragmentierten CTV-Markt überhaupt möglich ist, Überschneidungen zu vermeiden. „Momentan sind die wachsenden CTV-Inventare in der Tat nicht ausreichend in klassischen TV-Planungstools abgebildet“, sagt CTV-Experte Russ. Trotzdem gebe es aber Möglichkeiten, um Überschneidungen zu minimieren: „Zunächst können gerade im Programmatischen IP-Adressen und sogenannte IFAs – Device Identifier for Advertising – genutzt werden, um zu gewährleisten, dass das gleiche Gerät nicht öfter als geplant innerhalb von Streaming-Umfeldern erreicht wird. Darüber hinaus können ACR-Daten genutzt werden, um innerhalb einer bestimmten Zielgruppe nur die TVs zu erreichen, die nicht bereits linear erreicht wurden.“

Für die Pandora-Marketing-Managerin Besenthal stellt CTV mit Blick auf die fragmentierten Inventare noch das größte Fragezeichen dar. „Eine übergreifende und einheitliche Messbarkeit ist nach wie vor nur eingeschränkt möglich – gleiches gilt für die Planung, insbesondere auch aufgrund der limitierten Inventare.“ Weitere digitale Bewegtbildkanäle wie Digital-Out-of-Home (DOOH) befinden sich noch in den Kinderschuhen. „Hier gilt es viel zu testen, was aufgrund der herausfordernden Messbarkeit gar nicht leicht ist“, sagt Besenthal. Auch aus Sicht von H&M Media-Manager Brüser gibt es noch zahlreiche Herausforderungen bei der Bewegtbildplanung. Insbesondere im digitalen Bereich sieht er große Transparenzlücken und viele offene Qualitätsfragen. „Das große Versprechen von Programmatic, immer den richtigen User zur richtigen Zeit am richtigen Ort anzusprechen, wird meines Erachtens kaum erfüllt, wenn man Minimum-Qualitätsstandards anlegen möchte“, sagt Brüser. „Ich glaube, man muss mehr denn je pragmatisch bleiben und darf sich nicht zu sehr in den Kaninchenbau der mannigfaltigen Möglichkeiten hineinziehen lassen.“

Es zeigt sich also: Bewegtbildwerbung bringt für Advertiser schon bei einer kanalspezifischen Betrachtung diverse Herausforderungen mit sich. Herausforderungen, die noch deutlich größer werden, sobald Planung und Messung plattformübergreifend erfolgen sollen. Eines ist daher sicher: Die Diskussion wird weitergehen. Auf dem PLAY Video Advertising Summit werden wir den Faden wieder aufnehmen. Die Video-Profis aus diesem Artikel unterstützen uns dabei live auf der Bühne.

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