Wenn wir doch nur wüssten, was die Zukunft bringt! Dieser Gedanke schoss Marketing-Experten und Führungskräften in den letzten Monaten sicherlich öfter durch den Kopf. Angesicht der Achterbahnfahrten der wirtschaftlichen Prognosen wurden Unternehmensentscheidungen, die nur auf die wahrscheinlichste Zukunft ausgerichtet waren, zunehmend untragbar. Wer hingegen auf modernes, datengesteuertes Scenario Planning setzt, kann selbst ohne zusätzliche Investitionen Wachstum erzielen.
Scenario Planning hat für Unternehmen drastisch an Bedeutung gewonnen und ist gerade in Krisenzeiten zum Top-Thema geworden. Dabei geht es vor allem darum, nicht nur für die eine und wahrscheinlichste Zukunft zu planen, sondern auf zwei, drei oder mehr mögliche Szenarien vorbereitet zu sein. Was passiert, wenn die Inflation weiter ansteigt? Was passiert, wenn die Nachfrage deshalb drastisch sinkt? Wie können wir Preisstürze unserer Konkurrenz besser abfangen? Und was, wenn neue Technologien oder Kanäle auftauchen und die Mediennutzung verändern?
"Was wäre, wenn"-Szenarien maximieren Flexibilität
Die Notwendigkeit, sich an Entwicklungen anpassen zu müssen, ist nicht neu. Allerdings haben sich die Geschwindigkeit von Änderungen sowie die Komplexität der Faktoren, die sich ändern, erhöht. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt: Das Einbeziehen unkontrollierbarer Faktoren und von Echtzeit-Daten wie zur Inflation, dem Wetter oder dem Verhalten der Mitbewerber ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.
Viele Unternehmen haben daher gelernt, auf Sicht zu fahren und mit einer gewissen notwendigen Flexibilität zu planen. Beispiel IKEA: Das Möbelhaus hat im Februar dieses Jahres in einem Artikel der Financial Times angekündigt, seinen traditionellen Ansatz, spezifische Ziele für das Jahr zu setzen, aufzugeben, um mehr Flexibilität für unvorhersehbare Veränderungen zu haben. "We laugh about the time when we were doing one-year budgets, and how we would be right or wrong by 0.3 per cent.", sagte der CEO Jesper Brodin in eben diesem Artikel. Stattdessen entschied sich das Unternehmen mit einer Reihe von "Was wäre wenn?"-Szenarien zu planen, die von zukünftigen Ereignissen abhängen. Die neue Denkweise verleiht IKEA mehr Flexibilität und zeigt damit den großen Vorteil des Ansatzes gegenüber der Konkurrenz auf.
Vier mögliche Szenarien für einen Einzelhändler
Ein Einzelhändler könnte im Rahmen des Scenario Planning beispielsweise aktuell von vier Zukunfts-Szenarien ausgehen:
- Die Höhe der Inflation,
- mögliche Reaktionen der Konsumenten in Bezug auf Abverkauf sowie der Inflation der Medienkosten,
- die Anzahl offener Läden des Kunden, Produktverfügbarkeit und weiteren Faktoren und
- wie der Kunde jeweils reagieren kann, um sein Ziel zu erreichen – z.B. über Anpassungen im Preis, der Promotion, durch Medienmix-Optimierung, Verbesserung der Medienresponse, bessere Creatives, eine Erhöhung der Ausgaben oder andere kontrollierbare Maßnahmen.
Somit kann der Einzelhändler direkt den für sich richtigen Weg einschlagen oder eben auf das mögliche Nichterreichen vorbereitet sein und gegebenenfalls intern Anpassung vornehmen.
Aber was genau sollten Entscheider beim Szenario Planning beachten?
1. Ganzheitlich vorgehen, aber Grenzen ziehen
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der ganzheitlichen Betrachtung. Das heißt: Daten sammeln und die Auswirkungen unternehmerischer Aktivitäten mit makroökonomischen Entwicklungen abgleichen. Das erfasst den Ist-Zustand. Der nächste Schritt besteht darin, eine begrenzte Anzahl an Schlüsselszenarien auszuwählen, die am relevantesten sind. Aber Achtung: Entscheider dürfen sich hierbei nicht im Dschungel der Möglichkeiten verlieren. Jedes Szenario kann sich in viele weitere Szenarien verzweigen, was schnell zu mehr Fragen als Antworten führt. Daher sollten sich Unternehmen auf wenige Szenarien konzentrieren, um dafür genügend Ressourcen bereitzustellen, und diese zur Erstellung eines effektiven Plans einzusetzen.
2. Ziele setzen und Strategien kontinuierlich anpassen
Der Ausgangspunkt jeder Strategie muss ein konkretes Ziel sein, das die Richtung vorgibt. Die Kunst besteht dann darin, dieses Ziel nicht aus den Augen zu lassen, sondern es gegebenenfalls an neue Situationen anzupassen. Dabei ist es wichtig, kurz- und langfristige Ziele abzuwägen und im Einklang zu verfolgen. Dieses Vorgehen bedeutet auch, der Versuchung des ständigen Tüftelns und Richtungswechsels zu widerstehen, ohne gleichzeitig an einem Mehrjahresplan festzuhalten, der nicht mehr der Realität entspricht. Faustregel: Damit Strategien auch in unsicheren Zeiten ihre volle Wirkung entfalten, sollten sie alle zwei bis drei Monate bewertet werden. Sie sollten allerdings nicht weiter als 12 Monate in die Zukunft reichen.
3. Stellvertreter-Daten und Tests nutzen
Was tun, wenn Ereignisse erstmals eintreten? Zum Beispiel die COVID-Pandemie. Die plötzlichen Einschränkungen hatten Auswirkungen auf den Abverkauf, die zuvor nur schwer vorhersehbar waren. Einen beispielhaften Lösungsansatz haben wir mit einigen Kunden in Google-Mobility-Daten gefunden, die zeigten, in welchem Ausmaß sich Menschen bewegten, wie COVID ihr Verhalten veränderte und letztlich, wie sich das auf den Umsatz auswirkte. Diese Erkenntnisse führten dann zu stabilen Prognosen.
In anderen Fällen, in denen solche Proxies nicht zur Verfügung stehen, verdeutlichen Tests die Auswirkungen von Aktivitäten in veränderten Umfeldern. So lässt sich etwa eine OOH-Kampagne in zwei vergleichbaren Regionen durchführen. Die Auswertung der Ergebnisse aus den unterschiedlichen Regionen fließt dann in das Szenario-Modell ein.
4. Verantwortung übernehmen
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, wie sehr sich Denkweisen ändern müssen. Anstatt Leistung auf der Grundlage starrer Ziele zu bewerten, sollte die Bereitschaft belohnt werden, neue Perspektiven einzunehmen. Dabei sollten sich Unternehmen mit kompetenten Experten und Technologiepartnern umgeben, die Daten erfassen, bereitstellen oder messen, um Szenarien durchzuspielen, zu optimieren und Unternehmen auf dieser Basis durch unruhige Zeiten zu steuern.
Fazit
Scenario Planning bietet gerade in wirtschaftlich unsicheren Phasen die Möglichkeit, die Denkweise von Entscheidern von starren Zielen hin zu einem flexibleren Planungsprozess weiterzuentwickeln. Auf diese Weise lassen sich Strategien sehr viel besser an ein unsicheres Umfeld anpassen. Unternehmen haben keine Kristallkugel. Es ist unmöglich, genau zu wissen, was die Zukunft bringen wird. Aber mit durchdachtem, datengesteuertem Scenario Planning können Unternehmen stets die bestmöglichen Ergebnisse erzielen, was auch immer die Zukunft bringen mag.
Tech Finder Unternehmen im Artikel
Konferenz
Digital Events
Whitepaper
Das könnte Sie interessieren
-
ECOMMERCE Warum First-Party-Daten im E-Commerce nicht ungenutzt bleiben sollten
-
ONLINE VERMARKTUNG Das „Pay or Consent“-Modell wird zum Spielball der europäischen Datenschützer
-
PERFORMANCE Fünf KI-Trends für das Performance-Marketing 2025
-
DATA Data Clean Rooms sind keine Inseln – es sind Brücken für First-Party-Daten