Messen, analysieren, optimieren – Bewegtbild kann mehr als nur gut aussehen
Karsten Zunke, 23. August 2023Branding fällt klassisch in die Domäne der Bewegtbildwerbung und ist historisch vom TV gelernt. Doch in Stein gemeißelt ist dies nicht. Mit der Digitalisierung eröffnen sich für Werbespots neue Einsatz- und insbesondere neue Analyse-Möglichkeiten. Doch wie lässt sich die Performance von Bewegtbildkampagnen messen und vor welche Herausforderungen werden Marketer dabei gestellt? ADZINE hat sich in der Szene umgehört.
Während die großen Branding-Kampagnen dem klassischen TV vorbehalten bleiben, erobert Connected TV (CTV) quasi durch die Hintertür den Big Screen. Und mit den digitalen Ausspielungen gehen auch vielfältige Möglichkeiten einher, die Performance von Werbespots besser zu messen. Als gängige Metriken und Methoden zur Erfolgsmessung im CTV gelten beispielsweise Ad Impressions, die View-Through-Rate (VTR) oder die Click-Through-Rate (CTR) bei klickbaren Ads. Auch ein klassisches Conversion Tracking ist möglich, um Aktionen der Zuschauer nachzuvollziehen, die nach Spotkontakt stattgefunden haben, zum Beispiel Website-Besuche, Downloads, Anmeldungen oder Käufe innerhalb und außerhalb der CTV-Plattform. Werden solche Metriken genutzt oder sogar kombiniert, kann der Erfolg einer Bewegtbild-Performance-Maßnahme ermittelt und optimiert werden.
Schlauer mit QR-Codes und Device Graph
Darüber hinaus lassen sich Performance-Ziele über einen kleinen Kniff erreichen und messen: Dazu wird der gute, alte QR-Code in CTV-Kampagnen eingebettet oder – um dem Nutzer mehr Zeit zum Scannen zu lassen – direkt auf andere Geräte im gleichen Haushalt (Cross Device Targeting) verlängert. Ein Autohändler könnte beispielsweise über eine QR-Code-Einbindung zur Buchung einer kostenfreien Testfahrt verlinken oder Einzelhändler so einen Katalog oder einen Direktlink zum Shop für ein konkretes Produkt verfügbar machen. Internet-Anbieter können auch Geräte-Daten nutzen, um diejenigen User:innen, die derzeit bei der Konkurrenz unter Vertrag stehen, mit einem befristeten Angebot zum Wechsel zu animieren. „Der Vorteil von QR-Codes ist, dass der QR-codierte Link syntaktisch aufgeschlüsselt werden kann, sodass Werbetreibende anschließend nachvollziehen können, wie die Nutzer:innen auf die Landingpage kamen. Das unterstützt das anschließende Reporting und das Tracking des Return-of-Investments“, sagt Christian Russ, Head of Sales DACH von Samsung Ads. Inhaltlich können Aktionspreise oder Sonderangebote Nutzer:innen Anreize bieten, einen QR-Code zu nutzen, wie Samsung Ads in einer gemeinsamen Studie mit der GroupM festgestellt hat: 32 Prozent der Befragten würden demnach einen QR-Code scannen, wenn es sich um einen Rabattcoupon handelt, 31 Prozent bei einem interessanten Produkt und 28 Prozent bei einem besonderen Angebot.
Auch Cross-Device-Kampagnen können gesondert getrackt werden. Samsung Ads bietet zum Beispiel die Möglichkeit, über einen Device Graph Geräte zu identifizieren, die sich im selben Haushalt befinden wie der TV, und dort Werbung auszuspielen; so lassen sich auf dem Smartphone oder Desktop weitere Touchpoints und Strategien – zum Beispiel Call-to-Action-Ads – nach dem TV-Kontakt umsetzen. „Für Kampagnen, die User:innen zu einer Offline-Handlung außerhalb des Screens bewegen sollen, bieten sich außerdem unabhängige Studien an“, sagt Russ. Forschungsunternehmen können den Brand Lift innerhalb solcher Erhebungen abfragen und die Handlungsbereitschaft ermitteln.
Ohne Call-to-Action performt es nicht
Anders als bei Branding-Kampagnen, die durch starke Bilder begeistern und auch unterbewusst Emotionen auslösen können, müssen Advertiser bei Performance-Kampagnen ihre Zuschauer stärker „an die Hand nehmen“. „Im Gegensatz zu Brand-Kampagnen muss ein Performance-Spot eine direkte Handlungsaufforderung enthalten, um die Zuschauer zu aktivieren“, erläutert Johann Rentea, Senior Account Director bei Lead Link. Die Agentur hat sich darauf spezialisiert, TV als Performance-Kanal zu nutzen. Durch den Call-to-Action (CTA) wird ein Impuls ausgelöst, der zu sofortigen, messbaren und absatzsteigernden Reaktionen auf der beworbenen Website führt.
Mittels Tracking-Software kann die Agentur diesen unmittelbaren Impact der Werbung auf die Website messen. So lässt sich der Erfolg von Werbemaßnahme anhand von Performance-KPIs wie „Cost per Visit“ oder „Cost per Registration“ überprüfen. Voraussetzung dafür ist der Einbau eines Messpixels auf der beworbenen Website des Kunden. Lead Link nutzt dafür je nach Plattform unterschiedliche Trackingtechnologien: Im linearen TV findet die Reaktion auf einen Werbespot in den meisten Fällen unmittelbar, innerhalb von zehn Minuten nach Ausstrahlung statt. Die hohe Reichweite von Fernsehen führt zu Traffic-Peaks, die dem eingesetzten Werbe-Euro spotgenau zugerechnet werden können. Diese Methodik hat die Agentur in die digitale Fernsehwelt übertragen.
Werbetreibende können nun auch Streaming- und VOD-Plattformen für ihre Performance-Kampagnen nutzen. Allerdings setzt man dabei nicht auf eine klickbasiertes Tool, sondern hat eine eigene Lösung entwickelt, welche die Ausspielung eines Spots und die Reaktion des Zuschauers – also den Website-Besuch – in Beziehung zueinander bringt. Dabei handelt es sich um eine datenschutzkonforme, IP-Adressen basierte Technologie, die auf Haushaltsebene eine Zuordnung zulässt. Um den Erfolg von Performance-Bewegtbild-Kampagnen korrekt messen zu können, kommt laut Rentea der Gestaltung des Werbemittels eine zentrale Rolle zu. Neben dem klaren CTA zähle auch die Beschreibung eines Problems und der bereitgestellten Problemlösung durch das beworbene Produkt dazu. „Zunehmend helfen uns auch KI-gestützte Prozesse bei der Kreativarbeit, beispielsweise durch den Einsatz von trainierten Voice-Modellen“, erläutert Rentea die aktuelle Entwicklung.
KPIs unbedingt vor Kampagnenstart festlegen
Damit eine Bewegtbildkampagne gut performt und ihre Leistung später gut messbar ist, sollten jedoch bereits im Vorfeld wichtige Grundsteine gelegt werden. „Es ist absolut entscheidend, die KPIs, die Kampagnenziele und die Dauer der Kampagne schon vor dem Start der Kampagne festzulegen“, sagt Thomas Littlewood, Performance Manager bei Teads. Wenn es zum Beispiel um Conversions geht, sollte man sich mit Attributionsmodellen auseinandersetzen und das „richtige“ Modell für seine Zwecke finden. „Diskrepanzen zwischen Media-KPI und Conversions können auftreten. Beispielsweise bedeutet eine hohe CTR nicht unbedingt gleichzeitig eine hohe Conversion Rate. Trotzdem muss an der Zielsetzung, am jeweiligen KPI, festgehalten werden“, sagt Littlewood. Aus Sicht des Experten ist Geduld hier sehr wichtig, denn Algorithmen benötigen Zeit und Daten, um eine Kampagne gut steuern zu können. „Es ist fraglich, ob bereits nach zwei bis drei Tagen aussagekräftige Insights generiert wurden und es sich lohnt, etwas zu ändern“, so der Experte.
Genauso wichtig sei aber auch Agilität: Wenn beispielsweise bestimmte Werbemittel pausieren, müssen neue hinzukommen, um ständig neue Daten zu generieren, die den Algorithmus füttern. „Die Datenqualität ist entscheidend, um die Kampagne über die Laufzeit hinweg zum Erfolg zu führen“, betont Littlewood. Dafür ist in diesem Fall die Einbindung des Teads-Pixel wichtig, also ein individuelles Stück Code, das jedem einzelnen Werbekunden zugeordnet wird auf der jeweiligen Kampagnen-Landingpage. Dadurch erhält Teads eine sehr große Anzahl zusätzlicher Datenpunkte, anhand derer die Kampagnenqualität optimiert werden kann.
Individuelle CTAs für genauere Messbarkeit
Ein weiterer Performance-Booster, der die Messwerte in die Höhe treibt, kann die Relevanz der Werbung sein. Bei Welect wählen sich die User:innen die Kampagne selbst aus, die sie sehen wollen. Laut Aussagen von Otto Schmidt, Vice President Sales bei Welect, eignet sich daher bereits das Standard-Online-Videoformat sehr gut für Performance-Kampagnen, da Zuschauer:innen diese selbstgewählten Kampagnen mit einer entsprechend höheren Werbewirkung konsumieren. Das macht sich Schmidt zufolge auch bei den Leistungswerten, wie CTR und Qualified Visit bemerkbar. „Unsere CTRs liegen standardmäßig, trotz Video-Ansatz, bei über zwei Prozent“, sagt Schmidt. Seit Ende 2022 hat Welect sein Online-Videoportfolio mit dem Shoppable Video Ad veredelt. Hier bekommt der Advertiser die Möglichkeit, drei zusätzliche, individuelle Call-to-Action-Buttons ins Video zu konfigurieren. Advertiser können nun User:innen gezielt auf unterschiedliche Landingpages innerhalb des Spots leiten. Online-Video und Retail Media ließen sich so vereinen.
Da es sich um Videoformate handelt, muss man bei der Performance-Messung die Durchsichtrate in die Bewertung mit einbeziehen. „Der nächste Indikator sind die CTR und Onsite-KPIs“, so Schmidt. Alles, was nach dem Klick passiert, wird von den Werbetreibenden gemessen. Hier ist Welect auf die Transparenz der Werbetreibenden angewiesen. Das Feedback für diese Prozesse sei bisher sehr positiv. Allerdings erschweren die Consent-Ablehnungsraten auf den Landingpages die Messung immer mehr. Deswegen arbeitet das Unternehmen aktuell an einer Lösung, mit der Werbetreibende consentlosen Traffic datenschutzkonform tracken können. Zurzeit funktioniert die Welect-Lösung nur Online. „Aber auch uns ist die große Nachfrage nach CTV und ATV nicht entgangen. Und auch hier könnte eine Cookieless-Lösung durch User-Choice den Markt durch mehr Targeting-Güte und Consent-Unabhängigkeit attraktiver gestalten“, sagt Schmidt.
Nicht nur hier zeigt sich also: Bewegtbild-Werbung ist weiter in Bewegung. Die Potenziale scheinen noch lange nicht ausgeschöpft.
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