Contextual Targeting: Die Zukunft der Werbung spricht "cookieless"
Helge Krüger, 24. Juli 2023Anstatt wie bisher auf cookiebasierte Third-Party-Daten zu setzen, favorisieren Unternehmen inzwischen datenschutzfreundliche Targeting-Technologien. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf dem Schutz der Privatsphäre der Verbraucher. Insbesondere deshalb, da der Gesetzgeber dies fordert und Verstöße konsequent ahndet, aber auch, weil Verbraucher mittlerweile von Unternehmen einen respektvollen Umgang mit ihren Daten erwarten. Für Werbetreibende oder Digitalvermarkter ist es deshalb elementar, auf solche Targeting-Lösungen zurückzugreifen, die allen geltenden Gesetzen gerecht werden und die Bedürfnisse der Verbraucher achten. Das heißt: Die Zukunft im Targeting spricht "cookieless". Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Werbungtreibende und welche spezifischen Anforderungen haben unter diesen (neuen) Voraussetzungen Targeting-Lösungen zu erfüllen, um ähnlich präzise Ergebnisse zu liefern wie einst mit cookiebasierten Third-Party-Daten?
Werbungtreibende stehen aktuell einem extrem fragmentierten Markt für Targeting-Lösungen gegenüber. Dieser bietet ein sehr breites und vielschichtiges Angebot wie zum Beispiel First-Party-Daten, Contextual Targeting, ID-Provider oder Device- bzw. User-Graphen an, das für den einzelnen Vermarkter kaum noch zu überblicken ist. Dabei mangelt es selbst neueren Lösungen einerseits oft an der Fähigkeit zu skalieren, andererseits sind diese Technologien häufig nicht in der Lage, die bisher mit deterministischen IDs wie beispielsweise Third-Party-Cookies erzeugte Targeting-Präzision in Gestalt einer cookielosen Alternative zu kompensieren.
Daten, Daten, Daten
Vor diesem Hintergrund kristallisieren sich insbesondere solche Lösungen als sehr vielversprechend heraus, die auf cookielosem, kontextuellem Targeting aufbauen. Diese Variante funktioniert dann besonders gut, wenn sie in Kombination mit weiteren nicht-ID-basierten Daten für entsprechende Machine Learning (ML)-Algorithmen genutzt wird. Entscheidend hierbei ist, auf hochwertige Daten mit hohem Informationsgehalt zurückzugreifen, die gleichzeitig in ausreichender Menge vorliegen.
Zwar verfügen Adtech-Anbieter häufig auch über eigene First-Party-Daten. Die reichen aber oftmals nicht aus, um digitale Werbung mit ausreichender Präzision automatisiert auszuspielen. Aus diesem Grund greifen Anbieter gerne auch auf Publisher-Daten zurück, sofern sie etwa durch Integrationspartnerschaften direkten Zugriff darauf haben – expliziten Consent vorausgesetzt. Diese Daten umfassen unter anderem Informationen zum Medienkonsum der Nutzer, Abonnenten oder Leser. Aus dieser kritischen Datenmasse lassen sich eindeutige Nutzungs- und Verhaltensmuster identifizieren, auswerten und so segmentieren, dass Werbung sehr gezielt ausgespielt werden kann.
Kontext als lukrativer Orientierungsrahmen
In diesem Zusammenhang zeichnet sich anstatt wie bisher mit den Third-Party-Cookies, die aufgrund personenbezogener Daten noch eine unmittelbare Media-Zuordnung zuließen, der Anzeigen-Kontext als lukrativer und vor allem datenschutzfreundlicher Orientierungsrahmen für das Targeting ab. Erkennt beispielsweise ein Algorithmus auf Publisher-Seite eine Möglichkeit, kann er den spezifischen Kontext ermitteln und in Verbindung mit weiteren Daten (unter anderem Informationen zum verwendeten Endgerät, des Betriebssystems und der Urzeit) beispielsweise Rückschlüsse auf Verhaltensmuster und Interessen der User gewinnen.
Audience Targeting: Wissen, welche Verbraucher konsumieren bzw. lesen
Publisher-seitig erfasste Daten enthalten etwa Informationen zur Content-Nutzung der Leserschaft. Sie setzen sich aus mehreren anonymisierten Signalpunkten wie zum Beispiel Ausgabegerät, IAB-Websitekategorien, Netzwerk, Browser, Artikel oder Medium zusammen. Gemeinsam mit dem granular bestimmten Kontext dienen diese Informationen der (Wieder-)Erkennung von Mustern und damit der Identifikation von zuvor definierten Nutzermerkmalen wie etwa Interessen. Die Chance für Adtech-Anbieter: Sie können diese Daten mithilfe eigener ML-Algorithmen zur Cookie-losen Nutzersegmentierung verwenden.
Adtech-Anbieter, die über ein Publishing-Partner-Netzwerk verfügen und Verlage direkt in ihr Ad-Management integrieren, wissen insofern genau, welchen Content eine Zielgruppe konsumiert bzw. liest. Dabei verarbeiten verschiedene Algorithmen unzählig viele Seitendaten, um Nutzer bzw. Zielgruppen über kontextbezogene Signale zu kategorisieren und die automatisierte Anzeigen-Auslieferung zu optimieren. Dadurch kommen die Anbieter zu überaus wertvollen Insights, aus denen sich ableiten lässt, wie gut (oder schlecht) sich eine Zielgruppe in einem bestimmten Umfeld erreichen lässt.
Contextual Targeting mit semantischen Content-Analysen
Flankiert werden diese Insights oftmals durch semantische Content-Analysen. Sie prüfen Content nicht nur auf das Vorhandensein einzelner Keywords, sondern bewerten mittels Natural Language Processing (NLP) Inhalte tatsächlich in qualitativer Hinsicht auf ihren thematischen Informationsgehalt. Diese Technologie ermittelt die vom Text behandelten Themen und vermeidet dadurch falsch-positive Ergebnisse, indem sie einen Artikel nur den jeweils relevantesten kontextuellen Segmenten zuordnet. Der Schlüssel zur Präzision liegt dabei in der Granularität der Daten. Erst sie ermöglichen Marken, sich mit ihrer Werbung in wirklich relevanten Umfeldern zu positionieren.
Wie elementar das Content-Umfeld für Werbung tatsächlich ist, beweisen verschiedene Untersuchungen. Eine Channel-Factory-Studie fand zum Beispiel heraus, dass gut die Hälfte der Verbraucher zwischen Marken und dem Umfeld, in dem sie werben, einen unmittelbaren Bezug herstellen. Wirkt sich in dieser Konstellation der Inhalt eines Artikels oder Beitrags negativ auf den Werbeinhalt aus, bleiben Marken- und Werbebotschaften weniger haften. Ein Beispiel: Flugangebote einer Airline innerhalb oder neben einem Nachrichtentext zu einer Flugzeugentführung zu bewerben, erscheint mit großer Wahrscheinlichkeit kontraproduktiv. Hinzu kommt: Derartig fehlplatzierte Werbung wirkt sich negativ auf die Markenwahrnehmung aus. Sie erzielt demzufolge eine weitaus geringere Resonanz, als wenn diese neben einem positiven journalistischen Beitrag zu einem attraktiven Urlaubsziel platziert wird.
Der große Vorteil von kontextuellem Targeting ist, dass Werbungtreibende durch eine optimale Abstimmung von Artikelumfeld und Kampagne zusätzlich vom ohnehin vorhandenen Themeninteresse des Nutzers profitieren. Denn ein User, der gerade einen Artikel zum Thema Fotografie liest, weist mit ziemlicher Sicherheit ein gewisses Interesse an Fotoausrüstung auf und zeigt sich in diesem Moment sehr empfänglich für eine entsprechende Werbebotschaft.
Contextual und Audience Targeting im Paket
An diesem Punkt lassen sich Contextual und Audience Targeting wieder zusammenführen und auch hierbei unterstützen kontextbasierte Tools. Sie schlüsseln Daten nicht nur danach auf, welchen Content bestimmte User-Gruppen genau konsumieren, sondern welchen Intent und Interest sie dabei verfolgen. Hier werden Milliarden kontextbezogener Datensignale mit einem Set an ID-basierten Zielgruppen verglichen. Auf diese Weise entstehen sogenannte Lookalike-Audiences.
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