Chrome ist die letzte Zuflucht der Third-Party-Cookies, die lange Zeit als Grundlage für Targeting und Messung von digitalen Werbemaßnahmen dienten. Google verkündete jedoch bereits vor vier Jahren, dass diese Datensätze auch aus ihrem Browser verschwinden sollen. Seitdem entwickelt der Konzern cookielose Adtech-Lösungen in der sogenannten Privacy Sandbox. Mit den darin enthaltenen Tools will Google kommenden Monat den nächsten Schritt wagen. Die Drittanbieter-Cookies werden Anfang 2024 generell in der Chrome-Umgebung zumindest reduziert.
Zweimal schon hat Google die Galgenfrist für die Third-Party-Cookies nach hinten korrigiert. 2020 ging man von einem Zeitraum von zwei Jahren aus. Jetzt ist 2024 anvisiert – diesmal ist der Konzern zuversichtlich, die Deadline einhalten zu können. “In der zweiten Jahreshälfte 2024”, lautet das erklärte Ziel, wie Anthony Chavez, VP Produktmanagement von Googles Privacy Sandbox, in einem aktuellen Update auf dem Blog “The Keyword Deutschland” erklärt. Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun.
Tests mit dem Sandkasten gehen in die nächste Runde
Mit der nächsten Chrome-Version im Juli (115) stehen “die Relevance und Measurement APIs der Privacy Sandbox allen Chrome-Nutzer:innen zur Verfügung”. Das bedeutet, Entwickler – und damit die gesamte Adtech-Industrie – können die cookielosen Lösungen breitflächiger testen. Oder in Chavez Worten: “Mit diesem Meilenstein können Entwickler:innen diese APIs nutzen, um skalierte Tests auf Basis von realem Datenverkehr bzw. Live-Traffic durchzuführen, während sie sich auf den Betrieb ohne Cookies von Drittanbietern vorbereiten.“
Dazu gehört die viel diskutierte kontextuelle Targeting-Lösung Topics, die Nutzern regelmäßig auf der Basis besuchter Websites Interessen (Werbethemen) zuordnet, um sie mit Werbetreibenden zu teilen. Google hat dafür gerade erst frische Testergebnisse veröffentlicht. Im kalifornischen Mountain View gab man sich äußerst zufrieden damit, auch die Künstliche Intelligenz wurde ausgiebig gelobt. Dr. Karsten Müller, Head of Display & Video 360 Media Sales für Zentraleuropa, sagte ADZINE gegenüber: “Die jüngst veröffentlichten Ergebnisse unserer Tests mit Display & Video 360 und Google Ads haben zum einen gezeigt, dass die neuen, vom Google-Chrome-Team entwickelten datenschutzfreundlichen Lösungen ähnlich gute Ergebnisse im Vergleich zu Drittanbieter-Cookies erzielen können. Zum anderen haben die Tests gezeigt, dass Kampagnen mithilfe von KI-gestützten Lösungen optimiert werden können. Wir sind zuversichtlich, ganz im Sinne der Nutzer:innen und gemeinsam mit der Industrie auf dem richtigen Weg zu sein.”
2024 wird es ernst(er)
Nach dem Testen wird es im ersten Quartal 2024 ernst(er), wie Chavez in seinem Blogpost verrät. So sollen ein Prozent der Chrome-Nutzer dann nicht mehr per Third-Party-Cookie erreichbar sein. Hier kommen die Tools aus dem Sandkasten ins Spiel. Die entsprechenden User werden zufällig ausgewählt und können die Sandbox-Features bei Bedarf selbst deaktivieren. Das alles geschieht unter Aufsicht der britischen Wettbewerbsbehörde, der Competition and Markets Authority (CMA), die darauf achtet, dass sich Google keine Vorteile gegenüber den anderen Marktteilnehmern im Werbeökosystem verschafft
Der Werberiese gibt sich also selbstbewusst, sowohl das Cookieless-Ziel mit Ende 2024 einzuhalten, als auch bis dahin verlässliche Alternativen für Targeting und Messbarkeit zu entwickeln. So zuversichtlich sind allerdings nicht alle Marktteilnehmer. Es bestehen in der Werbeindustrie noch immer Zweifel, ob das Targeting aus dem Sandkasten wirklich gut funktioniert, und Sorgen, was die Monetarisierung der Publisher ohne Third-Party-Cookies betrifft. Zumindest im ersten Punkt kann die erweiterte Test-Phase ab Juli Licht ins Dunkle bringen.
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