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Künstliche Intelligenz im Contextual Advertising

Anton Priebe, 25. Mai 2023
Bild: Pawel Czerwinski – Unsplash

Der globale Hype um Künstliche Intelligenz macht auch – oder vielmehr vor allem – nicht vor dem Advertising halt. Einer der Profiteure dieser Entwicklung aus dem Werbe-Ökosystem dürfte der spanische Contextual-Spezialist Seedtag sein. Das Unternehmen setzt seit 2014 auf KI, um den Inhalt von Artikeln zu kategorisieren und Werbemittel zu kontextualisieren. Nun soll die hauseigene KI die Werbemittel der Kunden nicht nur intelligent platzieren, sondern auch selbst erstellen und optimieren. Dafür arbeiten die Spanier mit einer entsprechenden generativen Partnertechnologie zusammen, die in die eigene Lösung integriert ist. Adtech-Experte Nicolas Poppitz, seit einem halben Jahr Managing Director und VP Sales von Seedtag, erklärt im Interview, wie sich die Landschaft für Contextual Advertising in Deutschland entwickelt hat, was uns bevor steht und welche Rolle KI dabei spielen kann.

Bild: Seedtag Nicolas Poppitz, Seedtag

ADZINE: Hallo Nicolas, wie hat sich die Contextual-Targeting-Landschaft seit dem Startschuss für die sogenannte “Cookiecalypse” in Deutschland entwickelt? Ihr stoßt im deutschen Markt durchaus auf starke Konkurrenz.

Nicolas Poppitz: Es gibt neben Seedtag nur wenige Anbieter, die sich rein auf Contextual Advertising spezialisiert haben. Wir registrieren, dass einige Anbieter, aufgrund der anstehenden “Cookiecalypse”, ihr Geschäftsmodell gefährdet sehen und dieses um Contextual Advertising erweitern. Unsere Kunden erkennen aber vor allem unsere Expertise und wissen, dass wir der richtige Ansprechpartner sind, wenn es um Contextual Targeting geht.

ADZINE: Wo würdest du Seedtag in dieser Landschaft technologisch einordnen? Ihr verkauft ja nicht nur Targeting-Segmente, sondern daran gekoppelt auch gleich Media mit, richtig?

Poppitz: Während andere Player auf dem Markt erst in letzter Zeit auf den Zug der kontextuellen Werbung aufgesprungen sind, wurden wir "kontextuell" geboren. Wir entwickeln und optimieren unsere Technologie bereits seit neun Jahren. Wir bezahlen die Publisher für ihr Content-Angebot, das wir in unser “Content-Universum” aufnehmen und wiederum den Werbetreibenden anbieten.

ADZINE: Welche Herausforderungen siehst du für kontextuelles Targeting, speziell mit Blick auf den deutschen Markt? Gibt es beispielsweise regulatorische oder strukturelle Barrieren, die überwunden werden müssen?

Poppitz: Ich sehe eigentlich nur Opportunities, weniger Challenges. Fakt ist doch, dass viele deutsche Kunden das Thema nur stiefmütterlich behandeln. Viele von ihnen wissen noch gar nicht so richtig, was 2024 auf sie zukommt. Schlimm genug, denn jetzt wäre genau die Zeit, cookieless gegen cookiebased zu testen. Die nächsten zwölf Monate werden eine enorm wichtige Rolle für uns spielen und für Sichtbarkeit von Seedtag sorgen. Unser Vorteil ist, dass kontextuelles Targeting nicht mehr getestet werden muss. Die letzten Jahre haben bewiesen, dass es funktioniert.

ADZINE: Wie groß ist die Nachfrage nach kontextuellem Targeting auf dem deutschen Markt im Vergleich zu anderen Arten von Targeting? Wie haben sich diese Verhältnisse in den letzten Jahren entwickelt?

Poppitz: Die Nachfrage steigt stetig und das Interesse ist riesengroß. Viele unserer Kunden erkennen die Relevanz und Dringlichkeit der cookieless Future. Das hilft uns sehr, weil wir ihnen Contextual Advertising als bewährte Alternative und Lösung anbieten können. Unser Pluspunkt ist das Echtzeit-Interesse der Nutzer:innen. Wir müssen nicht zum Teil veraltete Cookie-Informationen verwenden. Hinzu kommt, dass bei 99 Prozent aller klassischen Targeting-Kampagnen nur das Alter und Geschlecht getargetet werden – und das sehr ungenau. Das Echtzeit-Interesse und das kontextuelle Targeting zahlen auf die Performance ein.

ADZINE: Bei eurer Lösung kommt auch Künstliche Intelligenz zum Einsatz. Was kann KI auf diesem Feld leisten?

Poppitz: KI hat das kontextbezogene Targeting völlig revolutioniert. Wir sind in der Lage, Content in Schrift und Bild in einem noch nie dagewesenen Maß zu verstehen. So wissen wir genau, wo eine Anzeige platziert werden muss, damit sie bei den Verbraucher:innen auf Resonanz stößt. Unsere kontextuelle KI LIZ ist in der Lage, nicht nur auf Seiten-, sondern auch auf Netzwerkebene zu arbeiten und Daten zu analysieren. Das bedeutet, dass wir einen ganzheitlichen Überblick über das gesamte Netzwerk von Inhalten haben. So können wir nicht nur einzelne Webseiten, sondern auch Zusammenhänge zwischen den Webseiten analysieren. Das ermöglicht es uns, weit über die standardisierten Kategorien hinaus auf maßgeschneiderte Content-Kategorien zuzugreifen, die dem Briefing und den Wünschen der Marke entsprechen.

Wir haben in den letzten Monaten die Fähigkeiten unserer kontextuellen KI weiterentwickelt. Sie ermöglicht es uns, die Interaktionen der Nutzer:innen mit dem Content, der sie am meisten interessiert, immer besser zu verstehen. Situationsbedingte Signale wie Wetter, Gerätetyp und Tageszeit können entsprechend erfasst werden. Sie helfen uns bei der Aussteuerung von Mid- und Low-Funnel-Kampagnen, die zum Besuch einer Webseite oder dem Kauf eines Produktes führen können.

Seit kurzem ist LIZ in der Lage, vorhandene Werbemittel so anzupassen, dass sie zum Kontext des Contents passen. Wir sind Vorreiter, wenn es um den Einsatz von generativer KI bei der Erstellung von Creatives für Kampagnen geht. Die kontextbezogenen Werbemittel steigern die Aufmerksamkeit und das Interesse der Verbraucher:innen. Und das bedeutet wiederum erfolgreiche Kampagnen für unsere Kund:innen.

ADZINE: Wie gestaltet eure KI die Creatives um beziehungsweise erweitert sie? "Zeichnet" sie selbst wie Dalle-E oder nutzt sie beispielsweise eine Stockfoto-Plattform als Basis?

Poppitz: Für die Erstellung der kontextuellen Werbemittel konnten wir unsere kontextuelle KI LIZ in andere generative KI-Plattformen integrieren. Als Basis für die neuen kontextuellen Designs wird immer ein von der Marke geliefertes Werbemittel eingesetzt.

LIZ versteht die von den Kunden gebrieften Kontexte für die Werbekampagne und erstellt entsprechende Vorschläge zur Änderung der ursprünglichen Kreation. Immer auf Grundlage der bestmöglichen Ergebnisse. Die generative KI-Plattform greift die Vorschläge von LIZ auf und erstellt neue und zielgruppenspezifische Werbemittel, die den gebrieften Design-Vorgaben und Kampagnenzielen der Marken entsprechen.

Dennoch werden die Menschen weiterhin eine Schlüsselrolle im kreativen Prozess spielen: Alle Entwürfe werden von unserem globalen Designteam geprüft, bevor sie dem Kunden vor dem Kampagnenstart zur Freigabe vorgelegt werden.

ADZINE: Welche Metriken nutzt ihr, um den Erfolg der KI-Technologie im Hinblick auf kontextuelles Targeting zu messen?

Poppitz: Bei der Messung der Wirksamkeit unserer Kampagnen verwenden wir die typischen KPIs, wobei wir uns besonders auf Markenbekanntheit und Aufmerksamkeit konzentrieren. Wir arbeiten mit einigen Forschungspartnern zusammen, die es uns ermöglichen, Studien über die Wirksamkeit jeder Kampagne durchzuführen. Unser Partner Lumen liefert uns KPIs wie die Aufmerksamkeit pro 1.000 Impressionen. Auch wissen wir dank Lumen, wie lang sich die Nutzer:innen mit einzelnen Anzeigen auseinandersetzen.

Wir arbeiten außerdem mit einem Drittanbieter zusammen, der Studien zum Brand Lift durchführt. Sprich, es wird die Wirksamkeit einer Kampagne in Bezug auf den Erinnerungswert, die Markenassoziation und das Markenbewusstsein gemessen. Auch haben wir in Zusammenarbeit mit Lumen und Nielsen Studien durchgeführt, die zeigen, dass unsere kontextuellen Anzeigen mehr Aufmerksamkeit erzeugen und länger im Gedächtnis bleiben als herkömmliche Anzeigen.

ADZINE: Wie siehst du die Zukunft von KI im kontextuellen Targeting? Welche neuen Entwicklungen und Technologien erwartest du in den nächsten Jahren?

Poppitz: Mit dem Ende der Cookie-Ära und der reduzierten Verfügbarkeit von Nutzerdaten wird KI weiter an Bedeutung gewinnen. Wahrscheinlichkeitsmodelle werden in den Vordergrund rücken: KI wird künftig in der Lage sein, Merkmale wie Geschlecht, Alter oder sozioökonomischen Hintergrund der Nutzer:innen einer Webseite zu identifizieren. Diese Modelle werden sich stetig weiterentwickeln und eine größere Treffsicherheit bieten als cookiebasiertes Targeting. Den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.

ADZINE: Danke für das Interview, Nicolas!

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