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Live-Sport in CTV auf dem Weg in Richtung Programmatic-Ökosystem

Anton Priebe, 3. März 2023
Bild: Maxim Hopman – Unsplash

Mit dem stetigen Anstieg des Streamingkonsums ist Connected TV einer der Hoffnungsträger der Adtech-Branche, da sie sich hier großes Wachstumspotenzial verspricht. Ein Teil der großen TV-Gelder verlagert sich zögerlich in den Streamingbereich, um dort die Zuschauer zu erreichen, die TV abhandengekommen sind, und digitale Kampagnen miteinander zu verzahnen. Es gilt jedoch eine technologische Infrastruktur bereitzustellen, die den Ansprüchen der Publisher wie Advertiser genügt und qualitativ mit dem Werbeerlebnis des traditionellen Fernsehens gleichauf ist – keine leichte Aufgabe, zumal sich das Augenmerk aktuell vermehrt auf Live-Inhalte richtet, die neue Herausforderungen mit sich bringen. Johannes Paysen, Zentraleuropachef von der globalen Sell-Side-Plattform Magnite, beleuchtet im Interview die Komplexität dahinter, geht auf den Status quo der programmatischen Vermarktung im Live-Sport ein und bewertet deren Reife im deutschen Markt.

Bild: Magnite Johannes Paysen, Magnite

ADZINE: Hallo Johannes! Es heißt, die Differenzierung der Streaminganbieter in Connected TV erfolgt künftig durch Live-Content, insbesondere Sport. Warum ist dies ein so wichtiges Unterscheidungsmerkmal?

Johannes Paysen: Live-TV, besonders Live-Sport, ist ein einzigartiges Seherlebnis, das es nirgendwo sonst in dieser Form gibt. Vor allem Sportfans sind emotional mit dem favorisierten Sport und ihren Lieblingsteams verbunden. Das bedeutet eine hochaktive Audience. Inhaltsrechte an Live-Sport sind sehr wertvoll, denn die Fans gehen dahin, wo sie diesen Content sehen und erleben können. Anbieter, die das gewährleisten, können sich vom Wettbewerb abheben.

ADZINE: Gibt es aktuelle Entwicklungen in der Streaminglandschaft, die diese These stützen?

Paysen: Immer mehr Streamingdienste arbeiten zusammen, um Sportinhalte einem größeren Publikum anzubieten. So hat zum Beispiel Dazn, der Sport-Streamingdienst, vor kurzem seinen ersten FAST-Kanal auf Waipu TV in Deutschland gelauncht. Auch Amazon hat sein Live-CTV-Angebot verstärkt und stellt Dazn als Prime-Video-Kanal zur Verfügung. Dazn hat ebenfalls vor kurzem den Streamingvertrag für die UEFA Champions League erneuert und Amazon sichert sich die exklusiven Streamingrechte für die Champions League über Dazn bis 2027. Diese Entwicklung zeigt, dass die Nachfrage nach Sportstreaming über Live-CTV weiter zunimmt, parallel dazu steigen die Monetarisierungschancen.

ADZINE: Die CTV-Anbieter schwenken zunehmend Richtung werbegestützte Modelle, um ihre Inhalte abseits der Abos zu monetarisieren. CTV-Werbung bei Live-Übertragungen wiederum stellt sicher spezielle Anforderungen an die Werbetechnologie. Wie sehen diese Anforderungen aus?

Paysen: Bei Live-Content, speziell im Bereich Sport, gibt es noch Luft nach oben, um das Werbeangebot signifikant zu erweitern. In einer Live-Umgebung steht viel auf dem Spiel. Es gibt den Druck, Kampagnen weich und nahtlos auszuspielen, für eine nicht vorhersehbare Audience über eine große Zahl an Verteilungspunkten. Traditionelle programmatische Plattformen wurden nicht für TV-Umgebungen entwickelt.

Publisher haben verständlicherweise Bedenken, denn Live-CTV setzt hochwertvolles Inventar voraus. Viele Media Owner haben daraufhin diese Inhalte über direkte Kanäle verkauft und nur geprüfte Advertiser und Anzeigen zugelassen. Das hat zwar manche Bedenken aufgelöst, schränkt aber den potenziellen Umsatz für Publisher und die Chancen für Advertiser ein.

ADZINE: Brauchen wir dafür neue Technologie im programmatischen Kosmos?

Paysen: Wir als Branche sind gut aufgestellt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Eine der Funktionen, die CTV-Publisher darin unterstützen, ihr Live-Inventar programmatisch zu optimieren, nennt sich “Live Stream Acceleration”. Es trägt dazu bei, das Zeitlimit und die Reaktionszeiten zu verbessern und hilft Publishern, die Zahl an Werbeunterbrechungen zu optimieren, die sie monetarisieren müssen. Solche Funktionen helfen Publishern, ihr Angebot effektiver zu monetarisieren, denn Anzeigen werden termingerecht ausgeliefert, ohne die technische Infrastruktur zu belasten.

ADZINE: Wie weit ist die Werbeindustrie in Deutschland, was die programmatische Vermarktung von Live-Content betrifft? Gibt es Supply, steht die Adtech bereit und besteht überhaupt Nachfrage vonseiten der Advertiser?

Paysen: In Deutschland steckt die Werbemonetarisierung von Content auf CTV generell noch in den Kinderschuhen, denn das Modell ist immer noch ziemlich neu. Advertiser zeigen sich interessiert und enthusiastisch – Studien zufolge werden 75 Prozent der Werbetreibenden in den nächsten 12 Monaten mehr Geld für Live-Sportevents auf Connected TV ausgeben. Es gibt einen großen Appetit auf programmatische Monetarisierung von Live-Sport-Content, denn das gilt als nächster Sprung in der Optimierung von Werbeumsätzen für Sportevents.

Anbieter wie Amazon Prime, Dazn und Sky haben entsprechende Streamingangebote für verschiedene Sportevents auf dem Markt. Besonders für Nischensport gibt es neue Gelegenheiten, um Advertiser auf nationaler Ebene zu erreichen; diese gewinnen so an Sichtbarkeit und werden attraktiver für Mediaagenturen. Es würde mich nicht überraschen, wenn wir schon bald entscheidende Entwicklungen auf diesem Gebiet sehen.

ADZINE: Abschließend noch einmal zurück zu SVOD & AVOD. Wo siehst du die Zukunft von CTV hierzulande?

Paysen: Ich erwarte eine wachsende Akzeptanz von Streamingdiensten in Deutschland. In meiner Wahrnehmung werden Konsumenten und Konsumentinnen künftig immer stärker einen Mix aus SVOD- und AVOD-Diensten nutzen. Werbefinanzierte Services werden immer beliebter, ganz einfach, weil die User Zugang zu einer breiten Vielfalt an Inhalten suchen, ihren Abonnements jedoch Grenzen gesetzt sind.

ADZINE: Vielen Dank für das Interview, Johannes!

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