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PROGRAMMATIC

TV & Programmatic: Zusammenführung eines ungleichen Paares

Thomas Park, 28. Februar 2023
Bild: Alysa Bajenaru – Unsplash

Geschwindigkeit und Flexibilität einerseits, Trägheit und Tradition andererseits – auf den ersten Blick scheinen mit TV und programmatischem Mediaeinkauf zwei grundverschiedene Welten aufeinanderzutreffen. Doch nicht ohne Grund ist Fernsehwerbung nach wie vor einer der Platzhirsche im Werbemarkt. Die hohe emotionale Wirkung und Wahrnehmung sind wesentliche Gründe, warum viele Werbetreibende auch 67 Jahre nach der Ausstrahlung des ersten TV-Spots in Deutschland weiterhin auf Fernsehwerbung setzen.

Die Wachablösung von TV durch Digital in Bezug auf die Werbebudgets hat jedoch dazu geführt, dass Marketer ihre TV-Kampagnen heute so planen und aktivieren wollen, wie sie es mittlerweile von Online-Kampagnen gewohnt sind. Das Problem dabei: Das Medienökosystem ist nach wie vor stark fragmentiert, was die Planung und Aktivierung von Kampagnen über mehrere Kanäle erschwert. Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung des Werbemarktes werden immer mehr Silos aufgebrochen und Kanäle zusammengeführt – auch solche, die auf den ersten Blick wie ein ungleiches Paar erscheinen.

Große Unterschiede im Kampagnenprozess

Auch bei einer näheren Betrachtung scheinen Programmatic und der Einkaufsprozess für TV nicht viel gemeinsam zu haben. Während bei der Fernsehwerbung feste Preise für bestimmte Sendezeiten ausgehandelt werden, sind die Preise beim Real-Time-Bidding variabel. Den Zuschlag erhält meist der Werbungtreibende mit dem höchsten beziehungsweise passendsten Gebot.

Die Erfolgsmessung einer TV-Kampagne über Gross Rating Points, Target Rating Points und Reichweite mittels Stichproben und Hochrechnungen ist in der Regel mit hohen Streuverlusten verbunden. Im Vergleich dazu sind programmatische Kampagnen vollständig messbar. Die Auswertung von Programmatic Advertising über Programmatic Impressions, Visibility und Unique User kann daher präzise und zielgruppenorientiert erfolgen.

Eine lange Zeit schienen diese elementaren Unterschiede zwischen TV und Programmatic eine Verbindung beider Welten nahezu unmöglich zu machen. Doch unter anderem aufgrund der hohen Verfügbarkeit und Nutzung von Connected TV (CTV) beginnt sich das zu ändern.

Verfügbarkeit und Nutzungsverhalten von CTV verbinden die Kanäle

Fernsehen wird heute mehrheitlich über einen Smart-TV konsumiert: Von den knapp 39 Millionen TV-Haushalten in Deutschland besitzen mehr als die Hälfte (55 Prozent) einen Smart-TV. Hinzu kommen rund 15 Prozent, die über ein anderes internetfähiges TV-Gerät verfügen. Gleichzeitig nutzen 95 Prozent der Haushalte die CTV-Zusatzfunktionen, wie Apps auf dem Fernsehgerät z.B. von Mediatheken von Fernsehsendern oder Streamingdiensten, wenn sie ein Gerät mit diesen Funktionen besitzen. Damit gehört digitales Fernsehen für fast sieben von zehn deutschsprachigen TV-Haushalten längst zum Alltag. Das spiegelt sich auch in der Nutzungsdauer wider: Laut der Goldbach Advanced TV-Studie werden die CTV-Zusatzfunktionen im deutschsprachigen Raum fast genauso lange genutzt wie das lineare Fernsehen.

Die Verbreitung von CTV-Geräten und die Nutzung von CTV-Zusatzfunktionen treiben die Zuschauerzahlen des digitalen Fernsehens in die Höhe – und fast die Hälfte dieses Fernsehkonsums ist werbefinanziert. Knapp die Hälfte der 16-49-Jährigen in der DACH-Region nutzt regelmäßig CTV und kommt so immer wieder mit programmatisch gebuchten Inhalten in Kontakt. Während also die Silos im Werbeökosystem durch neue programmatische Werbemöglichkeiten über Display, Video und andere Formate zu bröckeln beginnen, sind TV und Programmatic für die Zuschauer längst ineinander übergegangen. Werbetreibende sollten die Überwindung der Kanalfragmentierung nutzen, um eine dauerhafte Verbindung zwischen Programmatic und TV herzustellen. Zur Freude der Advertiser werden die dafür notwendigen Veränderungen von den Nutzern und neuen Werbeumfeldern vorangetrieben.

Verknüpfung von Programmatic Advertising und CTV

Die Verbindung der bisher getrennten Kanäle ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten im Werbeökosystem, da sie eine höhere Reichweite ermöglicht, neue Zielgruppen erschließt und eine höhere Werbewirkung verspricht. Durch die Verbindung von TV und Programmatic ist zu erwarten, dass die Zahl der Werbetreibenden und damit auch die Werbeausgaben steigen werden. Dies wird einem üblichen Entwicklungsmuster folgen, das häufig zu beobachten ist, wenn neue Kanäle entstehen: Nach anfänglicher Aufregung entsteht Unsicherheit aufgrund fehlender Standards, bis sich diese etablieren und schließlich Normalität einkehrt.

Aufgrund der fragmentierten Werbelandschaft lassen sich einige Metriken des Programmatic Advertising nicht einfach auf TV-Werbung übertragen. Dabei ist ein digitaler TV-Spot technisch gesehen nichts anderes als ein Online-Videospot im Browser. Das bedeutet, dass Real-Time-Bidding, VAST-Metriken und OM Web Video SDK auch für TV-Spots genutzt werden können, die auf einem Smart-TV abgespielt werden. Darüber hinaus gibt es bereits Möglichkeiten, das Transparency and Consent Framework zu nutzen und Ad Fraud zu bekämpfen. Wenn Header Bidding und die Nutzung von IDs auf CTV ermöglicht werden, ist die Basis für Programmatic Advertising im Umfeld CTV gelegt. Ein echtes, kanalübergreifendes Frequency Capping sowie integrierte Branding- und Performance-Kampagnen rücken dann in greifbare Nähe.

Ein Großteil des CTV-Inventars wird derzeit noch über programmatische Deals oder Direct Buy gehandelt, da Publisher die maximale Kontrolle über ihr Inventar behalten möchten. Wie wir jedoch bereits bei der Verknüpfung mit anderen Kanälen gesehen haben, können wir mit einer schrittweisen Öffnung des Marktes rechnen, in deren Verlauf sich Programmatic zu einem echten Omnichannel-Werbeökosystem entwickeln wird.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Thomas Park Über den Autor/die Autorin:

Als SVP Product Strategy bei Adform ist Thomas Park für die globale strategische Produktausrichtung sowohl auf der Buy- als auch auf der Sell-Side verantwortlich. Bevor er zu Adform kam, war Thomas Park acht Jahre lang in verschiedenen Positionen bei Google tätig, wo er kanalübergreifende Measurement-Lösungen entwickelte, globale Kunden zu datengetriebenen Strategien beriet und eine Vielzahl von Werbeprodukten auf dem EMEA-Markt einführte. Davor leitete Thomas Park bei Dentsu Aegis analytische Projekte zur Optimierung von Mediastrategien, hauptsächlich für Offline-Kanäle.

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