Zum Jahresauftakt werfen die schlauen Köpfe in der Werbewirtschaft gerne einen Blick in ihre Kristallkugel. Ein Ausblick auf 2023, der sich lohnen dürfte, stammt von Christian Bachem. Der Geschäftsführer der Strategieberatung Markendienst hat bereits vor 30 Jahren in der Mediaplanung angefangen und somit viele Trends kommen und gehen sehen. Als promovierter Medienökonom berät Bachem seit 1995 Markenartikler und Werbungtreibende, knapp zwei Jahrzehnte davon als Kopf seiner eigenen Strategieberatung Companion. Für 2022 hat er eine recht gute Trefferquote bewiesen, dementsprechend finden seine sechs aktuellen Thesen auch in der ADZINE-Redaktion Gehör.
1) Künstliche Intelligenz kommt, um zu bleiben
Voice Marketing, Blockchain und Metaverse tut Christian Bachem als vergängliche Hypes ab, Künstliche Intelligenz jedoch nicht: “Zum einen hat sie sich bereits in Teilen des Marketing-Ökosystems eingenistet – insbesondere bei der Analyse und Modellierung großer Datenmengen. Zum anderen ist die Entwicklung von ‘generative AI’, wie zum Beispiel ChatGPT oder DALL-E, inzwischen so weit fortgeschritten, dass es an sinnvollen Anwendungsgebieten im Marketing nicht mangelt.” In der Folge prognostiziert der Berater für 2023 “eine Vielzahl an Ansätzen, Tools und Geschäftsmodellen”, die sich Künstliche Intelligenz zunutze machen.
2) Performance Marketing hat das Ende seines Wachstums erreicht
Performance Marketing performe nicht mehr so wie früher. Die Preise seien angesichts der Corona-Pandemie und des resultierenden E-Commerce-Booms gewachsen und das Cookie-Sterben mache gleichzeitig viele Nutzer unerreichbar. Performance Marketing ist “in vielen Bereichen ausentwickelt” und tritt nun “in eine stagnative Phase” ein, meint Bachem. Anders verhält es sich jedoch mit Blick auf Retail Media – mit Vorbehalt.
3) Retail Media erobert den Upper Funnel
Retail Media wird zum “Wachstumsmotor für digitale Werbung”, glaubt Bachem. Es sei aber bisher weniger Werbung als vielmehr digitale Verkaufsförderung. In 2023 hingegen sollen Vermarkter seiner Prognose nach Angebote für Markenaufbau und Präferenzbildung schaffen. Die Bedingung für deren Erfolg seien jedoch entsprechende Reichweite “zu vernünftigen Kosten” und Messbarkeit der Werbemaßnahmen”.
4) “Warten auf Godot” oder Umfeld schlägt ID
Im Zuge des Third-Party-Cookie-Schwunds gelten ID-Lösungen einer der Anwärter, um den Ausfall an Nutzeradressierbarkeit aufzufangen. Doch Bachem glaubt nicht daran und bezeichnet die Cases aus 2022 als “Theater”. Hinter verschlossenen Türen hätte die "ein oder andere Generalprobe mit ausgewählten Werbungtreibenden stattgefunden", doch "Bühnenreifes" gab es nicht zu sehen. Er ist davon überzeugt, dass in diesem Jahr das Umfeld eine Renaissance feiern wird – “ohne Cookies. Ohne IDs.”
5) Social Media wird zunehmend unkalkulierbar
Meta geriet in der jüngsten Vergangenheit ins Straucheln. Künftig setzt der Social-Media-Gigant voll auf das Metaverse, was laut Bachem nur ein Hype ist (siehe These 1). Dementsprechend ist es ihm zufolge unklar, wie es mit Facebook weitergeht. Bei den anderen Social-Netzwerken sieht es ähnlich aus. Tiktok wachse zwar ungebrochen, stehe jedoch im Fokus der Regulierungsbehörden. “Auch hier ist die Zukunft ungewiss”, meint Christian Bachem. Immerhin sei Twitter hierzulande schon immer irrelevant für die Werbung gewesen. “Ein Kopf weniger, den man sich über Social Media zerbrechen muss”, so Bachem.
6) Daten-Emanzipation: Algorithmische Optimierung wird intelligenter
Die Optimierung durch Algorithmen wie beispielsweise Google soll intelligenter werden, obwohl in der Vergangenheit damit bereits auf dem Papier gute Ergebnisse erzielt wurden. Doch nicht immer tat der Algorithmus, was er eigentlich sollte. “Bei genauer Betrachtung zeigte sich nicht selten, dass er just jene Kennzahlen programmatisch ansteuerte, die leicht für ihn zu erreichen waren – aber im Zweifel die eigentliche Zielsetzung des Werbungtreibenden verfehlten.” Daher werden Bachem zufolge mehr Werbungtreibende dazu übergehen, “ihre Kampagnen auf Basis eigener Daten und eigener Regeln zu steuern.” Fortschritte bei Martech und KI sowie wachsendes Know-how ließen dies zu.
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