CTV in Krisenzeiten – Streaming-Ads auf der Weihnachtswunschliste?
Maren Seitz, 15. Dezember 2022Netflix Ankündigung, noch dieses Jahr Werbemöglichkeiten auf seiner deutschen Plattform anzubieten, ist für viele Marketer Fluch und Segen zugleich. Denn: Angesichts der trostlosen Aussichten für 2023 reduzieren viele Werbetreibende ihre Marketingbudgets, gleichzeitig aber öffnet sich ein vielversprechender Werbekanal. Sollten Marken diesen Schritt wagen?
Marketingbudgets in Krisenzeiten
58 Prozent der Deutschen wollen laut einer Studie von Channel Factory dieses Jahr weniger für Geschenke ausgeben. Vor diesem Hintergrund kürzen viele Unternehmen ihre Marketingbudgets. Ein folgenschwerer Schritt, denn laut unser eigener Analyse der letzten Rezession (2007 bis 2009) droht Unternehmen gerade in Krisenzeiten ein Verlust von bis zu 15 Prozent ihrer Marktanteile, wenn Wettbewerber ihre Marketing-Investitionen gleichzeitig deutlich erhöhen. 60 Prozent jener Marken, die ihre Investitionen erhöhten, verbesserten ihren Return-on-Investment (ROI) und erzielten ein Umsatzplus von bis zu 17 Prozent.
Raum für CTV im Medien-Mix
Die gezielte Maximierung von Synergieeffekten stellt einen weiteren Erfolgsfaktor in der Krise dar. Die Nutzung mehrerer Kanäle erhöht nicht nur die Reichweite, sondern verstärkt auch die Werbebotschaft. Im Vergleich zur Nutzung eines Kanals erhöht sich der ROI unseren Beobachtungen nach bei fünf Kanälen um bis zu 35 Prozent.
In den letzten fünf Jahren nahm die Anzahl verfügbarer Medienkanäle und -formate allerdings stark zu. Dafür stehen auch Streaming-Ads auf Netflix und Co. oder Connected TV (CTV). Das heißt auch: An die Zusammenstellung des Medien-Mix stellen sich zunehmend komplexere Anforderungen, deren Erfüllung durch die Rezession zusätzlich erschwert wird.
In diesem inflationären und von Budgetkürzungen geprägten Umfeld wirkt die Öffnung des Werbemarktes bei den Streaming-Anbietern wie eine Rettungsleine: Laut einer Magnite-Studie nutzen bereits drei von vier der Deutschen Streaming-Dienste “on-Demand” (SVOD) sowie 55 Prozent werbegestützte Angebote (Advertising-Based-Video-on-Demand = AVOD). Die Ergebnisse zeigen: Für Letztere ist das deutsche Publikum extrem empfänglich. Drei Viertel favorisieren Werbung im Austausch gegen kostenlose/ermäßigte Abonnements und 62 Prozent der Streaming-Nutzer würden zu einer werbebasierten Alternative eines Bezahldienstes wechseln, wenn dieser verfügbar wäre.
Die Ergebnisse unserer Analyse belegen die positive Wirkung des Kanals: Investitionen in CTV weisen eine im Vergleich zu anderen Media-Outlets um 30 Prozent höhere Kapitalrendite auf. Das liegt insbesondere an der Streaming-Dominanz im TV-Markt.
Aber: Bis heute stecken Werbetreibende durchschnittlich nur gut sieben Prozent ihrer Budgets in CTV-Ads. Bereits gut erschlossene CTV-Märkte zeigen dagegen, dass es eher 20 bis 30 Prozent sein sollten. Dieser Trend wird sich im kommenden Jahr auch hierzulande niederschlagen.
Herausforderung Wirkungsmessung
Eine der Ursachen für das bislang geringe Investitionsvolumen in CTV liegt in der meist undurchsichtigen Wirkungsmessung. Viele digitale Kanäle arbeiten immer noch mit einfachen, oft Performance-orientierten Metriken. Dabei vernachlässigen sie die langfristige Wirkung von Bewegtbild sowie das Zusammenspiel von Kanälen. Ob ein Konsument eine Streaming-Ad sieht, anschließend nach dem Produkt sucht und schlussendlich im Einzelhandel kauft, bleibt im Verborgenen. Der Customer Journey gehen dadurch wertvolle Touchpoints wie auch potenzielle Umsätze verloren.
Diese Probleme werden bereits von Unternehmen angegangen. Etwa durch die Nutzung von Marketing-Mix-Modellen, die sowohl kurz- als auch langfristige Investitionsauswirkungen zuverlässig messen. Entscheidend ist, dass ganzheitlich gemessen und der gesamten Medienmix betrachtet wird.
Keine überstürzten Handlungen!
Insgesamt gilt: ”Creative Quality is key”. Zwei Drittel der Wirkung von digitaler Videowerbung hängt beispielsweise von der kreativen Qualität ab. Strategische Entscheidungen wie Targeting, Platzierung und Timing beeinflussen dagegen den Erfolg nur zu einem Drittel. Angesichts der vielversprechenden Wachstumsraten jetzt allerdings das Budget nur noch für CTV und Streaming zu verplanen und andere Kanäle zu vernachlässigen, wäre kontraproduktiv. Die Reichweite ist schlichtweg noch nicht mit der des linearen TV vergleichbar. Stattdessen sollte gezielt experimentiert und gelernt werden.
Grundsätzlich gilt: Die Wirkung von Videos oder Bewegtbild hält im Vergleich zu anderen Medien doppelt so lange an. Mithilfe von Scenario Planning lässt sich die Wirkung von Marketing- und Medien-Mix auf Basis dieser und weiterer Parameter in Echtzeit simulieren. Ausgereifte Tools beziehen neben der strategischen Zielsetzung auch externe Faktoren wie Gaspreise, Verbraucherpreisindizes, Wettbewerb, Zinssätze und aktuelle Trends mit ein. So lassen sich Risiken und Chancen in Krisenzeiten präzise abschätzen.
Neujahresvorsatz CTV?
Ob Netflix, Youtube oder Tiktok: Der Impact, den Video- und CTV-Ads erzeugen, ist kein bloßes Weihnachtsmärchen. Ein CTV-Investment sollte jedoch eine möglichst große Reichweite anstreben und sich nicht auf eine einzelne Zielgruppe, ein Genre oder einen Streaming-Dienst konzentrieren. Die Mischung macht’s.
Auch CTV arbeitet nicht im luftleeren Raum. In der Planung dürfen Erfolgsfaktoren wie etwa Synergien, Halo Effekte und stetige Optimierung, sowie externe Marktfaktoren nicht vernachlässigt werden. Vielmehr muss CTV (wie jeder andere Kanal) mit klarer Zielsetzung in den Marketing-Mix eingebunden sein, um eine maximale Wirkung zu entfalten. Mit dieser Strategie können gerade in der Krise Vorteile erzielt werden.
Tech Finder Unternehmen im Artikel
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