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ADTECH

Was Christian Zimmer als Deutschland-Chef von Teads vorhat

Anton Priebe, 21. November 2022
Bild: Christian Zimmer

Die digitale Mediaplattform Teads hat seit Oktober ein neues Gesicht für Deutschland. Christian Zimmer übernimmt das Ruder und verantwortet die hiesigen Geschicke des Adtech-Unternehmens als Managing Director. Zimmer hat eine facettenreiche berufliche Laufbahn hingelegt: Auf Agenturseite war er in Führungspositionen bei der Omnicom-Gruppe sowie bei Dentsu und GroupM. Innerhalb der Score Media Group, einer Allianz regionaler Tageszeitungsverlage, kümmerte sich Zimmer um die Vermarktung. Zuletzt war der gebürtige Münchner DACH-Chef des Audit-Spezialisten Ebiquity. Nun soll sich Christian Zimmer um die strategische Weiterentwicklung von Teads im deutschen Markt kümmern. Wie genau das aussehen wird, verrät er im Interview mit ADZINE.

ADZINE: Hallo Christian, du hast gerade frisch das Deutschlandgeschäft von Teads übernommen. Wie hast du die ersten Tage im Unternehmen verbracht? Konntest du schon etwas in Bewegung setzen oder sind wir mit der Frage noch zu früh dran?

Christian Zimmer: Wenn man startet, möchte man von der ersten Minute an Dinge in Bewegung setzen. Aber natürlich muss man sich die Zeit nehmen, um nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern in die Tiefe zu gehen. Die ersten Wochen waren ein sehr intensiver Lernprozess und mit Blick auf 2023 haben wir tatsächlich die ersten Projekte gestartet. Da ging es bereits um strategische Entscheidungen, zur Preisgestaltung oder zum Produktportfolio. Beispielsweise: Was können wir von den globalen Produkten in Deutschland kurz- bis mittelfristig implementieren?

ADZINE: Die Wirtschaftsprognosen sind nicht gerade erbauend. Wie wird sich deiner Meinung nach der Markt angesichts der drohenden Rezession entwickeln?

Zimmer: Wir gucken alle ein Stück weit in die Glaskugel. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Planung und Prognosen, wie wir es aus der Vergangenheit gewohnt waren, heute obsolet geworden sind. Die Vergleichbarkeit bei der Entwicklung von Märkten gab es die letzten Jahre nicht, unter anderem wegen Covid.

Der Werbemarkt wird rückläufig sein, die Frage ist, was das für einzelne Partner oder Medien bedeutet. Wenn man als Partner businessrelevante Ergebnisse liefern kann, dann hat man große Chancen, auch in einem rückläufigen Markt eine relevante Rolle zu spielen. Wir glauben fest daran, in dem erwarteten, schwierigen Marktumfeld weiter wachsen zu können.

ADZINE: Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage sinkt. Welche Angebote könnt ihr dem Markt machen?

Zimmer: Man muss weg von KPIs, die nur rein mediale Entwicklungen abbilden, und hin zu KPIs, die dem Kunden den ROAS aufzeigen. So wird man zum Business-Partner und ist nicht nur ein Medium, das Werbung ausliefert. Wir müssen die KPIs finden, die messbar den Business-Erfolg des Kunden abbilden. Hier spielt Attention eine zentrale Rolle. Außerdem sehen wir Nachhaltigkeit als einen großen Faktor. Wir wollen den CO2-Fußabdruck der Kampagnen unserer Kunden ausweisen und entsprechend reduzieren können.

ADZINE: Lass uns bei der Attention einhaken. Du hast einen Hintergrund als Auditor und bringst Agentur-Know-how mit. Das Thema KPIs ist also genau richtig bei dir aufgehoben. Wie also macht man Aufmerksamkeit messbar?

Zimmer: Wir sind auf dem Weg dahin, eine planbare Metrik zu definieren. Gemeinsam mit Adelaide, Lumen und Realeyes stützen wir uns dafür auf Eye-Tracking.

Erstens nutzen wir das Eye-Tracking für die Creative-Optimization vorab in unserem Studio und vergleichen hinterher die optimierten Werbemittel im Rahmen von A/B-Testing mit den originalen. Zweitens messen wir live bei Kampagnen mit, um die Lumen-Kennzahl “Attentive Seconds pro 1.000 Impressions” definieren zu können. Letztlich sollen so die Kosten für Aufmerksamkeitssekunden sichtbar werden, die sich mit Benchmarks vergleichen lassen. Drittens verknüpfen wir mit der Unterstützung von Drittanbietern wie Dynata oder Iri Aufmerksamkeit mit Metriken wie dem Brand oder Sales Lift.

ADZINE: Das hört sich danach an, dass dem eine Studie vorausgehen muss. Beim Eye-Tracking setzen Personen eine Spezialbrille auf, um zu messen, wie viel Aufmerksamkeit ein Werbemittel bekommt. Wie schafft man es ohne aufwendige Studien?

Zimmer: Man sammelt mit den Studien eine Datengrundlage, um die Parameter zu finden, mit denen bestimmte Ziele zu erreichen sind. Wir schaffen also gerade diese Basis, um daraus lernen zu können. Das hilft schließlich, die einzelnen Werbemittel anhand von darauf basierenden Predictions zu optimieren.

ADZINE: Apropos Daten – spielt euch das Thema Datenarmut, das in der Zukunft noch stärker ausgeprägt sein wird, in die Hände oder habt ihr selbst damit zu kämpfen?

Zimmer: Es stehen weniger Third-Party-Daten zur Verfügung, aber am Ende des Tages haben wir über First-Party- oder Login-Daten genug Informationen zusammen. Es geht eher darum, wie qualitativ hochwertig man diese Daten zusammenführen kann, um genug Reichweite zu generieren. Die direkte Integration bei nahezu allen Premium-Publishern Deutschlands versetzt uns dazu in die Lage, kontextuell aus dem Vollen zu schöpfen. Gepaart mit einer AI-gestützten semantischen Analyse verfügen wir über hinreichende Signale, um jede Konsumentengruppe gezielt ansprechen zu können.

ADZINE: Ich möchte nochmals einen Schritt zurückgehen. Sogar die ganz großen Digital-Riesen stoßen mit ihrer Wachstumsstrategie zurzeit an ihre Grenzen. Wo siehst du noch Raum für Wachstum eures Geschäfts?

Zimmer: Vor allem in unserem klassischen Geschäft Outstream, das zumindest in Deutschland ein extrem hohes Potenzial für Wachstum aufweist. Wir haben ein qualitativ sehr hochwertiges Publisher-Portfolio, das Brand Safety sicherstellt. Die Qualität des Werbeumfelds können wir also immer positiv beantworten. Somit stehen wir per se besser da als viele unserer Mitbewerber.

Connected TV (CTV) ist eine logische Weiterentwicklung unseres Outstream-Felds, dort wollen wir ein Publisher-Portfolio aufbauen, um von Outstream mehr Richtung Omnichannel zu gehen. Aber auch Retail Media sehen wir als Wachstumschance.

ADZINE: Warum Retail Media?

Zimmer: Allein mit unserem Publisher-Portfolio decken wir 98 Prozent der User in Deutschland ab. Wenn man hier die Signale der Retailer hinzunimmt, wie Warenkorbabbrüche oder Produktsuchen, und die entsprechenden Personen mit Shoppable Ads bei uns anspricht, sind wir ein interessanter Partner für die Retailer allein aufgrund unserer Reichweite.

ADZINE: Könnte man es so formulieren, dass die Retailer ihr Retargeting zu euch hin auslagern sollen?

Zimmer: Wir werden Retailern technische Lösungen anbieten, mit denen sie zum einen direkt ihren Abverkauf fördern können – zum Beispiel mit Shoppable Ads. Zudem versehen wir das Remarketing über Datenintegrationen mit weiteren Informationen und können dem Retailmarkt zusätzliche Signale zur Verfügung stellen.

ADZINE: Wo setzt du den Schwerpunkt, den du als Erstes bei Teads angehen willst?

Zimmer: Wir wollen näher an unsere Kunden, also die Mediaagenturen, rücken. Deshalb werden mit einem Sales-Team am Standort Düsseldorf starten. Eine große Herausforderung wird also sein, ein neu rekrutiertes Team in die Teads-Famile zu integrieren und unser Business über zwei deutsche Standorte hinweg zu betreiben. Die Mannschaft in Düsseldorf ist stark Sales-getrieben, wir versuchen aber auch die Bereiche Ad Ops und Data dort aufzubauen.

ADZINE: Wo geht die Reise für Teads unter deiner Federführung in Deutschland 2023 hin?

Zimmer: Wir werden weiter wachsen. Von jeher verstehen wir uns als Innovationstreiber und Premiumpartner für Mediaagenturen, Werbungtreibende und Publisher. Mit der Förderung von Qualitätsmetriken, unseren cookiefreien Contextual- und Audience-Lösungen sowie dem Fokus auf Nachhaltigkeit der Werbewirtschaft werden wir unsere Position als relevanter Player weiter ausbauen.

ADZINE: Das klingt nach einem guten Plan, viel Erfolg dabei, Christian!

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