Ein elementarer Bestandteil von Werbekampagnen ist die Erfolgsmessung. Nur wer Maßnahmen bewerten kann, ist in der Lage, sinnvoll zu optimieren. Zwar befindet sich die Digitalwerbung gegenüber anderen Werbekanälen hier immer noch im Vorteil, doch der Schwund der Third-Party-Cookies, die oftmals als Bindeglied fungieren, erschwert die Messungen. Zudem stehen Marketer im Bereich Branding vor besonderen Herausforderungen, um die Wirkung ihrer Werbung zu beurteilen. Oftmals übernimmt die Marktforschung diesen Job. Das Adtech-Unternehmen Quantcast hat einen Rückkanal aufgebaut, um an der Stelle Abhilfe für Marken schaffen. Sara Sihelnik, DACH-Chefin von Quantcast, verspricht Werbewirkungsmessung für Branding-Kampagnen auch ohne Third-Party-Cookies. Im Interview erklärt sie, wie das funktioniert.
ADZINE: Hallo Sara, das Thema Werbewirkung beschäftigt die Werbeindustrie schon seit jeher. Natürlich möchte jeder Werbetreibende wissen, ob seine Kampagnen etwas bewirken. Was sind die Herausforderungen dabei?
Sara Sihelnik: Es gibt drei Kategorien, in die ich die Herausforderungen einordnen würde. Erstens geht es darum, Kampagnen holistisch zu messen, sprich Kanal- und Plattform-übergreifend. Eine Customer Journey hat mehrere Touchpoints und die Teilbereiche von Kampagnen wie Social, Search oder Programmatic wiederum umfassen oft den Einsatz mehrerer Anbieter oder auch Walled Gardens. Hier eine übergeordnete Bewertung zu erreichen, ist schwierig.
Zweitens sind Performance-Kampagnen relativ einfach zu bewerten, da eine Conversion gemessen werden kann. Wenn ich mich aber im Marketing-Funnel nach oben bewege, Richtung Awareness oder Consideration, wird’s schwieriger. Wie messe ich beispielsweise die Steigerung der Kaufbereitschaft nach einer Branding-Kampagne?
Die dritte Herausforderung besteht darin, dass Messungen bald ohne Third-Party-Cookies auskommen müssen. Oft nutzen Werbetreibende einen Drittanbieter, um zu messen.
ADZINE: Lass uns bei dem ersten Punkt einhaken – in welchen Kanälen bestehen insbesondere Probleme bei der Messbarkeit?
Sihelnik: In neueren digitalen Kanälen wie Connected TV oder Digital-Out-of-Home ist es herausfordernder zu messen und dies beispielsweise mit Aktivitäten auf der eigenen Website zu verbinden. Wenn wir uns in Walled Gardens bewegen, sind die Messungen wiederum meistens nur mit deren Tools zulässig. Hier stellt sich auch die Vertrauensfrage, da ein Anbieter die Kampagne ausliefert und gleichzeitig den Erfolg misst.
ADZINE: Die zweite Herausforderung ist der Blick weiter nach oben im Funnel. Der Erfolg von Branding-Kampagnen wird oftmals anhand der Viewability bewertet. Wo ist der Haken dabei?
Sihelnik: Es ist logisch als Erstes an die Sichtbarkeit zu denken, denn die Werbung muss ja zu sehen sein für die Zielgruppe. Das IAB liefert mit der Viewability eine einheitliche Metrik. Werbetreibende wollen aber mit ihrer Kampagne viel eher eine gesteigerte Marken- bzw. Produktwahrnehmung oder Kaufabsicht erreichen – hier fehlen die Standard-Metriken. Die Viewability ist also nur ein Indikator dafür, dass es in die richtige Richtung geht.
ADZINE: Der klassische Ansatz wäre eine Marktforschung zu beauftragen und nachzufragen, wie vor und nach Kampagnenkontakt über die Marke gedacht wird. Nicht jeder Advertiser kann für seine Kampagnen jedoch die Marktforschung bemühen, um die Wirksamkeit zu erfragen. Wie geht es anders?
Sihelnik: Panelbefragungen sind per se nicht falsch, jedoch meistens teuer, aufwändig und zeitintensiv. Die Ergebnisse stehen dazu oft erst Wochen nach der Kampagne fest. Dann ist es zu spät, um darauf zu reagieren.
Wir haben ein Tool entwickelt, um die Wirkung live zu erfragen. So kann man Kampagnenoptimierungen in Echtzeit vornehmen oder bei Bedarf sogar abbrechen, um kein Budget zu verschwenden. Wir unterteilen User in Kontroll- und Test-Gruppe und spielen Umfragen aus, die direkt Feedback zur Kampagne geben.
ADZINE: Wo erscheint die Umfragen?
Sihelnik: Auf den Werbeplätzen, wo wir ansonsten auch ausliefern. Also auf den Publishern, auf die wir über die angebundenen SSPs und unsere Private Marketplaces et cetera zugreifen können.
ADZINE: Das bedeutet, ein User kommt mit einem Werbemittel in Kontakt und wenn ihr diesen später wiedererkennt, bekommt der statt Werbung eine Umfrage ausgespielt?
Sihelnik: Genau. Und das Gleiche machen wir auch mit der Kontrollgruppe. Diese Nutzer haben allerdings kein Werbemittel von uns angezeigt bekommen, sondern nur das Banner mit der Befragung. Wichtig dabei ist, dass die beiden Gruppen, Control und Exposed, von der Beschaffenheit her gleich sind und sich nur durch den Werbemittelkontakt unterscheiden.
ADZINE: Wie markiert ihr die User, sodass ihr sie wiederfinden könnt?
Sihelnik: Ein wichtiger Faktor ist unser First-Party-Datensatz, den wir mit Quantcast Measure aufgebaut haben. Die Analyse-Lösung ist in über 100 Millionen Publisher-Seiten integriert, die unseren Pixel eingebaut haben. Dafür ist natürlich der Consent das Wichtigste, damit wir die User tracken dürfen. Außerdem führen wir eine Art Contextual-Analyse des Open Web durch. Wir clustern die Inhalte, die Leser online konsumieren.
Diese Signale fließen alle in unsere KI-Engine, welche die Datensignale kombiniert und anhand von statistischer Modellierung profiliert. Hier kommen noch Signale wie Spracheinstellungen, Browser, Geolocation, Gerätetyp et cetera hinzu. Natürlich sind nicht immer alle Signale verfügbar, entscheidend dafür ist der Consent.
ADZINE: Kommen wir noch einmal zurück zu den Herausforderungen – ist holistische Werbewirkungsmessung angesichts der Vielzahl an Kanälen und Formaten sowie der Standards dort überhaupt in der Praxis realisierbar?
Sihelnik: Es ist eine der größten Herausforderungen, mit denen sich Werbetreibende beschäftigen müssen, aber nicht unmöglich. Bis ins kleinste Detail auf jeder Plattform zu messen, ist eine Sache. Aber es reicht eine gewisse Granularität aus, wenn man holistisch evaluieren möchte. Es geht um die übergeordnete Frage, welche Kanäle sich wie gegenseitig beeinflussen und welchen Beitrag zum Gesamterfolg beisteuern. Und welche die größte Skalierbarkeit aufweisen.
Wichtig ist zum Beispiel Wechselwirkungen zu erkennen, um seinen Adtech-Stack reduzieren zu können. Ein Kanal kann beispielsweise auf dem Blatt gut aussehen, aber in der Realität profitiert er von der Arbeit eines anderen. Der Erfolg einer Prospecting-Kampagne in Search etwa kann bei genauerer Betrachtung seinen Ursprung in einer Programmatic-Kampagne haben.
ADZINE: Wann glaubst du, dass die Kanäle wie digitales Fernsehen oder DOOH bereit sind für aussagekräftige Messungen?
Sihelnik: In CTV machen wir gerade große Fortschritte, weil die Nachfrage so groß ist. Hier sprechen wir von Monaten, in denen wir so weit sind und es stehen hier bereits viele KPIs und Messmethoden zur Verfügung. Generell glaube ich, dass wir innerhalb der nächsten Monate viel Fortschritt in dem Bereich sehen werden.
ADZINE: Danke für das Interview, Sara!
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