Der stationäre Handel kann nur Waren verkaufen, wenn Kunden die Geschäfte aufsuchen. Marketingmaßnahmen, die gezielt Besucher in die Läden locken sollen, nennen sich Drive-to-Store. Dafür sprechen Marketer unter anderem Personen um die entsprechenden Geschäfte herum per Geotargeting mit mobilen Werbeanzeigen an. Madvertise, Spezialist für Advertising-Lösungen auf mobilen Endgeräten, glaubt Drive-to-Store-Kampagnen mit seiner Technologie revolutioniert zu haben. So sollen Konsumenten dazu bewegt werden können, ihre gewohnten Pfade zu verlassen und statt zur Konkurrenz zum eigenen Geschäft zu gehen. Dafür sorgen jede Menge Daten: Insights in Kundenstrukturen und Marktanteile sowie die Verknüpfung von Bewegungsmustern mit den soziodemografischen Daten der Nutzer für Vorhersagemodelle. Im Interview erklärt Francois Roloff, CEO der Madvertise Group, wie genau das vonstattengeht.
ADZINE: Seit Jahren versuchen Shopbetreiber ihre Kunden mit Drive-to-Store-Kampagnen ins Ladengeschäft zu locken. Das klappt mal mehr und mal weniger gut. Was sind deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren für gute Drive-to-Store-Kampagnen?
Francois Roloff: Für eine gelungene Drive-to-Store-Kampagne gibt es jede Menge Erfolgsfaktoren und ein Zusammenspiel dieser ist entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne.
Der erste Faktor ist eigentlich derselbe wie in jeder erfolgreichen Werbekampagne und wird dennoch so gern und so oft missachtet: Kenne deine Audience! Für eine Drive-to-Store-Kampagne kommt hinzu, sich auch mit der Marktdurchdringung im Einzugsgebiet auseinanderzusetzen. Damit können schlussendlich Besucherströme um Stores gezielt und mit entsprechender Frequenz durch mobile oder digitale Kommunikationsmaßnahmen aktiviert werden.
Ein Beispiel wären an dieser Stelle Coupons, Treuepunkte oder Rabatte. Die wirken natürlich nur bedingt, wenn die Kundin oder der Kunde zu Hause sitzt. Die zeitliche Relevanz ist hier entscheidend, damit die User:innen dann erreicht werden, wenn sich ein echter Mehrwert für sie zeigt. Aktiviert werden diese Kampagnen also mit entsprechenden Targeting-Methodologien, beispielsweise wenn die Kundin oder der Kunde sich bereits im Laden befindet. Oder wieso es nicht mit einer direkten Navigation zum POS durch die Integration eines Store Locators innerhalb der Ad probieren? Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Wichtig sind Zeitpunkt und Form der Ansprache, womit wir auch schon beim letzten Punkt wären: die Gestaltung der Creatives. Die Ads müssen ansprechend und userfreundlich gestaltet werden. So können personalisierte und DCO-basierte Botschaften für einen optimalen Kundinnen- und Kunden-Uplift sorgen.
Alles in allem ist eine möglichst gelungene, weitestgehend personalisierte Customer Experience entscheidend, die aber nur auf Basis von Echtzeit-Datenpunkten ihre volle Kraft entfaltet. Die crossmediale Begleitung ist ein entscheidender Faktor für gute Drive-to-Store-Kampagnen und wirkt unterstützend zu einer gelungenen Customer Experience.
ADZINE: Drive-to-Store ist kein Novum. Ihr selbst habt nun eine Lösung für solche Kampagnen entwickelt und glaubt, einen innovativen Ansatz dafür gefunden zu haben. Worin liegt der Unterschied zu dem, was herkömmliche Technologien leisten können?
Roloff: Unser Ansatz bildet das bisher fehlende Fundament zur Umsetzung zuverlässig erfolgreicher und gezielter Drive-to-Store-Kampagnen, bestehend aus granularen Insights in Kundenstrukturen und Marktanteile an und um die POIs unserer Kunden und ihrer direkten Konkurrenz.
Dazu werden Bewegungsmuster mobiler Nutzer:innen in Echtzeit analysiert und mit soziodemografischen Daten verbunden. Das dabei entstehende Datenpaket wird ständig erneuert und liefert so ein verlässliches Abbild der Kundenstruktur in einer ausgewählten “Catchment Area” um die Stores eines Retailers und die der Konkurrenz. Die Analysen sind ohne Vorlaufzeit abrufbar und bis auf die PLZ-Ebene bestimmbar. So kann innerhalb kürzester Zeit das Geotargeting automatisiert nach diversen Strategien ausgelegt werden, um hypergranulare Kampagnen innerhalb weniger Minuten für unterschiedliche Marketingziele aufzusetzen.
Während “klassische” Drive-to-Store-Kampagnen auf Devices im unmittelbaren Umkreis eines POS abzielen, werden Ad-Ausspielungen nun durch individuelle Vorhersagemodelle auf die Orte und Kundinnen und Kunden optimiert, bei denen sie die größte Wirkung erzielen. So werden Streuverluste vermieden und Nutzer:innen entlang ihrer Bewegungspfade für alternative Angebote und neue POS gewonnen.
ADZINE: Woher stammen die Daten, mit denen ihr arbeitet? Woher kommt der Consent für die Datenverarbeitung?
Roloff: Bei den von uns verwendeten Daten handelt es sich ausschließlich um GDPR- und CCPA- konforme Consented- und ATT-Data, die wir mittels Datenverarbeitung aus unseren Partner-Apps erhalten. Nutzer:innen stimmen der Datenverarbeitung somit im Vorhinein zu. Das bedeutet, dass alle Daten den Datenschutzanforderungen der DSGVO und des TCF-2.0 genügen.
Die Daten werden über unsere proprietäre SDK-Technologie erfasst. Durch anonymisierte Device Data können wir ein direktes Identifier-Retargeting, sprich direkt personenbezogene Rückschlüsse, gänzlich ausschließen. Zusätzlich ist die Datenqualität hinsichtlich unserer Point-of-Interest-Netzwerke und der Authentizität der Nutzer:innendaten von der CESP geprüft und zertifiziert.
ADZINE: Wie viel Reichweite können Advertiser mit ihren Kampagnen bekommen, also wie viele Mobiltelefone in Deutschland sind für diese Art von Werbung empfänglich?
Roloff: Mit ihren Kampagnen können Advertiser über die SDK theoretisch vier 4,0 Milliarden GPS-Datenpunkte pro Monat erreichen. Aus Bid Requests sind es dann nochmal 2,7 Milliarden Datenpunkte monatlich.
ADZINE: …und was bedeutet das in der Praxis, ausgedrückt in Personen?
Roloff: Mit mindestens 30 Datenpunkten am Tag pro User erreichen wir circa 3 Millionen Unique User im Monat in Deutschland.
Das ist allerdings nicht wirklich die maßgebende Kennzahl. Denn neben der Erreichbarkeit via GPS-Targeting ist die Nutzung des Potenzials vorliegender Daten entscheidend, unter anderem die smarte Kombination der Standortinformation sowie die Zuordnung zu Audience-Segmenten zur Vermeidung von Streuverlusten.
Eine etwas plastischere Darstellung: Es macht einen enormen Unterschied, ob man „nur“ im Moment der Werbemittelabfrage durch den Adserver weiß, wohin das abgefragte Ad in diesem Moment ausgeliefert werden soll, oder ob man eine umfassende Bewegungsanalyse über mehrere Wochen für Targetingmöglichkeiten durchführt und deren Erkenntnisse für beispielsweise Retailer anwendbar macht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen „Wen erreiche ich?“ oder „Wie viele erreiche ich?“ und dem eigentlichen Kommunikationsziel “Wann erreiche ich die maximal mögliche Anzahl potenzieller Kunden meines Konkurrenten für den größtmöglichen Effekt?”.
ADZINE: Prognosemodelle aus Bewegungsdaten, kombiniert mit Targeting-Personas und demographischen Daten, dann die mögliche Verlängerung über OOH und dazu noch per DCO-Engine personalisiert – das klingt in höchstem Maße kompliziert. Wollen Advertiser so etwas überhaupt? Sind die nicht eher froh, wenn es einfach geht?
Roloff: Je persönlicher die Kundinnen- und Kundenansprache, desto erfolgreicher die Kampagne – das ist, wonach Advertiser streben und Kundinnen und Kunden suchen. Die Komplexität herunterzubrechen, liegt bei dem/der jeweiligen Tech-Partner:in. Eine geringere Komplexität folgt auf das Zusammenspiel von Martech-Anbieter:innen und Brands. Dieser Punkt spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Konkret kann man also sagen: Je mehr beide Parteien zusammenarbeiten, desto weniger komplex wird der Drive-to-Store-Ansatz und umso erfolgreicher wird die Kundinnen- und Kundenansprache und am Ende auch die Kampagne. Zum Schluss profitieren alle davon.
ADZINE: Danke für das Interview!
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