Mittlerweile wird im Durchschnitt mehr als 16 Stunden pro Woche in Deutschland gestreamt, Tendenz steigend. Dies ist auch der Werbeindustrie nicht verborgen geblieben und Connected TV (CTV) ist zu einem der Trend-Themen avanciert. Denn der Sektor ist stark in Bewegung und neben den kostenpflichtigen Abo-Modellen strömen auch immer mehr werbefinanzierte Streaming-Dienste auf den Markt. ADZINE hat bei Branchenexperten auf der Supply-Side nachgefragt, wie diese die aktuellen Entwicklungen des CTV-Marktes in Deutschland wahrnehmen, welche Herausforderungen bestehen und welche Trends noch kommen werden.
Johannes Paysen, Managing Director Central Europe beim Adtech-Player Magnite, sieht große Veränderungen im Bewegbildkonsum und bescheinigt Werbetreibenden gerade deshalb gute Chancen, so auch künftig die richtigen Zielgruppen erreichen zu können: “Vier von fünf europäischen Haushalten haben heute einen Connected TV – dadurch hat sich die Fernseherfahrung des deutschen Publikums einschneidend verändert. Zuschauerinnen und Zuschauer bewegen sich nahtlos zwischen dem traditionellen linearen Fernsehen und CTV-Diensten, wie zum Beispiel Advertising-Video-On-Demand (AVOD). 63 Prozent der Haushalte nutzen eine Kombination beider Angebote. Die gestiegene Akzeptanz von AVOD-Diensten liegt mittlerweile gleichauf mit Subscription-Video-On-Demand (SVOD) – und genau das eröffnet Werbetreibenden neue Wege und eine einzigartige Chance, ihre Zielgruppen über verschiedene Kontaktpunkte zu erreichen.”
Dabei erklärt Paysen weiter, dass das deutsche CTV-Publikum im Vergleich zu anderen europäischen Audiences sehr empfänglich für Werbung in diesem Umfeld sei. Dies, in Kombination mit dem Fakt, dass werbegestütztes Streaming keine Hürde mehr sei, biete für Marken die perfekte Gelegenheit.
Cookielos und günstig mit CTV
Diese Ansicht teilen auch andere Branchenexperten. So zitieren Tanno Krauß, Senior Director Demand Sales DACH, und Stefan Beckmann, Director und Head of SSP Sales DACH & Nordics bei der Comcast-Tochter Freewheel, eine Studie, die zusammen mit dem Marktforscher Happydemics durchgeführt wurde. Dabei zeigt sich, dass sich die Nutzung von AVOD in der Zeit von 2021 auf 2022 verdoppelt hat. “33 Prozent der Deutschen nutzen AVOD laut eigenen Aussagen, 36 Prozent täglich und 52 Prozent wöchentlich. Insbesondere die Gen Z oder Millennials kann man über AVOD sehr elegant in einer Umgebung ohne Cookies erreichen, indem man einfach Content und Context nutzt. Oder plakativ formuliert: Context und Content sind der neue Consent.” Die beiden gehen sogar so weit zu sagen, dass man bestimmte Zielgruppen heute schon mit CTV deutlich preisgünstiger erreichen könne als im klassischen TV. “Gerade in FMCG-Umfeldern oder bei Zielgruppen wie der Gen Z liegt der eCPM netto bis zu zehn Euro unter dem Preis, den man im analogen Fernsehen bezahlt.”
Aktuelle Herausforderungen in CTV
So vielversprechend also die aktuelle Entwicklung im Bereich CTV für Werbetreibende auch klingen mag, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass dieser Kanal noch häufig in den Kinderschuhen steckt und sich ebensolche Kinderkrankheiten finden lassen. “Als relativ junger Kanal muss CTV noch einige Herausforderungen in den Bereichen Standardisierung, Messung, Kaufsignale und Fraud bewältigen. Wir beobachten jedoch, dass digitale native CTV-Plattformen und mittelgroße CTV-Publisher beginnen, diese Punkte anzugehen, und dass sich erste Best Practices herausbilden”, erläutert Ekkehardt Schlottbohm, Regional Vice President Central & Northern Europe beim Adtech-Anbieter Pubmatic.
Auch Tanno Krauß und Stefan Beckmann von Freewheel sehen einige Herausforderungen für werbefinanziertes CTV: “Für die Akzeptanz von AVOD ist eine gute Customer Experience elementar. Es muss ausgeschlossen werden, dass Werbespots buffern oder ein Spot keinen Sound hat.” Das klinge erst einmal einfach. In Wahrheit sei es aber eine technische Höchstleistung, einen Werbeblock mit allen erforderlichen Regeln so zusammenzustellen, dass er in sich geschlossen wirkt und “smooth” abläuft.
Johannes Paysen ergänzt hier: “In dem Maße, wie sich AVOD kontinuierlich weiterentwickelt, sind Media-Owner gefragt, Pacing, Fill und Frequency Caps zu managen, um eine deutlich weichere Ad Experience zu gewährleisten. Angesicht von Werbeunterbrechungen, die oft mehrere Minuten dauern, keine einfache Aufgabe!”. Hier sind ihm zufolge AVOD-Technologie und Ad-Delivery-Methodik gleichermaßen gefordert, diese Nachfrage zu erfüllen.
Blick in die Zukunft: Die Verbreitung von AVOD setzt sich fort
Das Angebot an werbefinanzierten Streaming-Diensten wird in Zukunft zunehmen, denn bei den Verbrauchern steigt die Akzeptanz von Werbung in diesem Umfeld immer weiter. So kommt beispielsweise eine aktuelle Studie des Außenwerbevermarkters Goldbach Germany zu dem Ergebnis, dass zwei von drei Verbrauchern in der DACH-Region Werbung akzeptieren würden, wenn die Streaming-Inhalte dafür kostenlos wären. Dies hängt unter anderem auch damit zusammen, dass mittlerweile zu viele kostenpflichtige Abo-Modelle den Markt dominieren – und den Markt sättigen. Erst kürzlich hat Paramount verkündet, seinen eigenen Streaming-Dienst nach Deutschland zu bringen.
“Wachsende Investitionen in AVOD führen zu größerer geografischer Verbreitung, wobei die Programmierung zunehmend lokaler wird. Dabei gewinnen AVOD-Plattformen international an Beliebtheit und hier eröffnen sich neue Möglichkeiten”, erklärt Paysen. “Zuvor konnten Marken Inventar ausschließlich über Silo-Agenturen auf verschiedenen Märkten kaufen. Heute bündeln sie Audiences aus Deutschland, Großbritannien, Spanien und Frankreich in einem einzigen programmatischen Kauf. Dies prägt entscheidend den Deal-Prozess und schafft einen ganzheitlichen, dynamischen Kontaktpunkt, über den Marken ihre Budgets optimieren können.”
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