Auf der Suche nach der Brücke zwischen Advertiser und Media
Manuel Heydenreich, 10. Juni 2022Erst wurde nochmal zwei Jahre geschoben, aber nun ist es amtlich. Ab 2023 unterstützt auch der weltweit meistgenutzte Browser Chrome keine Third-Party-Cookies mehr (ca. 50 Prozent Marktanteil in Deutschland). Internetriese Google folgt damit anderen Browsern wie Safari und Firefox, die sich bereits von der Tracking-Technologie verabschiedet haben. Mittlerweile dürften sich Advertiser und Publisher von dem Schock erholt haben, den Google mit seiner Ankündigung Anfang 2020 ausgelöst hatte. Haben sie aber auch bereits Alternativen gefunden, um unabhängig von Third-Party-Cookies und Äquivalenten zu werden?
Cookies sind – neben den Mobile App IDs, die schon limitiert wurden – eine zentrale Säule des Online-Marketings und ihr Tracking die gängigste Methode zur Identifizierung von Usern im WWW. Sie ermöglichen personalisierte Erfahrungen. Wie sieht sie also aus, die Zukunft der Cookieless-Online-Werbung, wenn der Einkauf von Daten auf Basis von Third-Party-Cookies wegfällt? Wie können Werbeverbände und Marketer datenschutzkonform ihr Business fortsetzen? Eine neue First-Party-Strategie muss her.
Um die wichtigste Botschaft gleich vorwegzunehmen
Das Ende der Drittanbieter-Cookies bedeutet nicht das Ende der Personalisierung. Aber Online-Marketing-Akteure, die ihren Kunden auch in Zukunft ein attraktives personalisiertes Angebot bieten und langfristige Kundenbindung erreichen wollen, müssen jetzt handeln. Unseren eigenen Umfragen zufolge beträgt die Zahl der Marketer, die bereits eine First-Party-Daten-Strategie haben, nur rund 20 Prozent. Etwa 50 Prozent sind aktuell mit der Entwicklung und Einführung beschäftigt und die übrigen 30 Prozent haben noch nichts. Insgesamt scheinen Publisher besser vorbereitet zu sein auf die Zeit nach den Cookies. Wie bei vielen Digitalthemen wirkte auch hier die Corona-Pandemie geradezu beschleunigend. Da die Menschen gezwungen waren, ihre Zeitschriften- und Zeitungsabos online abzuschließen, konnten die Herausgeber umfangreiche First-Party-Daten sammeln – anders die Advertiser. Sie stehen besonders unter Handlungsdruck, wenn sie hohe Kosten in der Zukunft vermeiden wollen. Sie müssten sich – wie viele andere auch – an die GAFAs wenden. Und die Nachfrage bestimmt bekanntlich den Preis… Ein weiteres Argument, in eine neue First-Party-Strategie zu investieren, ist die Flexibilität in der Zielgruppenansprache, die Advertiser gewinnen. Um die breite Masse zu adressieren, und nicht nur die Altersgruppen der Social-Media-Nutzer, braucht es die Vermarkter (Publisher).
E-Mail-Adresse etabliert sich als neue ID-Lösung
Eine umfassende Lösung für das ganze Ökosystem scheint die Marketing-Welt noch nicht gefunden zu haben. Aktuell deutet aber alles darauf hin, dass die E-Mail-Adresse Cookies als ID-Lösung (Identifier) ablöst, um die eigenen Daten für Marketingaktivitäten zu aktivieren. Zwar könnten grundsätzlich auch andere IDs wie beispielsweise ID5, Liveramp, NetID und die Open-Source-Lösung Unified ID 2.0 genutzt werden, doch bisher hat sich keine richtig durchgesetzt. Die E-Mail-Adresse wäre außerdem die einfachste Lösung.
Es braucht eine datenschutzkonforme Brücke zwischen Advertiser und Media
Um die Daten nutzbar zu machen, braucht es Data-Clean-Rooms. Anbieter dieser Lösungen sammeln in Silos First-Party-Daten für Advertiser und für Publisher. So wird beispielsweise das Lese- beziehungsweise Surfverhalten von Nutzern im Internet erfasst (Inhalte, Geräte etc.). Diese Daten werden mit denen der Publisher verknüpft. Wichtig ist, dass die Datenschutzkonformität zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist, indem weder die Publisher Einblick in die First-Party-Daten der Advertiser haben noch umgekehrt.
Es ist darüber hinaus möglich, statistische Zwillinge auf der Mediaseite finden, um das Ganze für Advertiser und Agenturen skalierbar zu machen. Diese statistischen Zwillinge haben die gleichen Bewegungsprofile wie die Daten der Advertiser. Somit sind Advertiser in der Lage, ihre Retargeting-Kampagnen auch ohne Third-Party-Cookies fortzuführen und die Publisher bleiben attraktiv für große Media-Budgets.
Neuer Identifier ändert Mediaeinkauf
Die neue ID-Lösung verändert auch, wie künftig digitale Werbekampagnen bzw. Media eingekauft werden. Anstatt im Rahmen von Open-Auction und Realtime-Bidding werden künftig Publisher und Advertiser wieder näher zusammenrücken, da eine datengetriebene Vermarktung nur in einer 1:1-Beziehung möglich ist. Wie bereits erwähnt haben Publisher (verstärkt durch die Pandemie) bereits mehr Routine darin entwickelt, Registrierungsstrategien erfolgreich umzusetzen und First-Party-Daten (zum Beispiel Geschlecht und Alter) zu sammeln. Advertiser müssen es ihnen nun gleichtun. Davon betroffen sind auch Unternehmen, die selbst kein B2C-Direktmarketing machen.
Durch das zielgenauere Targeting auf Basis der First-Party-Daten eines Advertisers werden – und das zeigen bereits die ersten Tests – die Klickraten sowie Conversions für die Advertiser-Kampagnen steigen. Damit erhöht sich auch der ROI je Kundenkontakt. Gar keine schlechten Aussichten also.
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